Seniorennetzwerk beschäftigt sich mit Schattenseiten im Alter
Mit den Beeinträchtigungen im Alter haben sich 45 Haupt- und Ehrenamtliche aus der Seniorenarbeit im Landkreis Miltenberg beim Treffen des Seniorennetzwerks beschäftigt. Dabei wurde klar: Es gibt Hilfsangebote, die aber genutzt werden müssen.
Wie man Menschen helfen kann, die aufgrund psychischer oder körperlicher Beeinträchtigungen nicht mehr am sozialen Leben teilhaben können, zeigten Dr. Hubert Hortig und Barbara Schenck-Hofmann (Gesundheitsamt). Ihr Klientel sind oft Menschen, die in Ausnahmesituationen leben oder die akut für sich und andere eine Gefahr darstellen. Das multiprofessionelle Team des Gesundheitsamtes reagiere sehr schnell auf Meldungen, biete Hilfen an und suche gemeinsam mit Betroffenen nach Lösungen. Eine Einweisung in die Psychiatrie könne kurzfristig helfen, wichtiger sind dem Team aber langfristige Unterstützungen – etwa durch den Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) der AWO oder die Suchtberatung. Diese sind auch für Ältere die richtigen Ansprechpersonen.
Einrichtungsleiter Stephan Schreitz skizzierte die Arbeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes in Miltenberg. Von Beratungsgesprächen für Betroffene und Angehörige, Betreutes Wohnen in der eigenen Wohnung oder in einer Wohngruppe über Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige bis hin zu Freizeitangeboten reichen die Angebote. Auch Ältere profitieren von der Unterstützung durch den SpDi. Allerdings sei bei Hilfeangeboten wie dem Betreuten Wohnen das Vorliegen einer fachärztlich festgestellten psychischen Erkrankung Voraussetzung.
Ob Sucht im Alter ein Thema sei, wurde Birgit Kügler (Suchtberatung der Caritas) gefragt. Ja, sagte sie und nannte Zahlen: 30 Prozent der Männer und 18,5 Prozent der Frauen ab 65 Jahren überschreiten laut Kügler den Grenzwert zu risikoreichem Alkoholkonsum.
Bei 19,3 Prozent der Männer und 3,8 Prozent der Frauen entwickele sich nach Einzug in ein Pflegeheim sogar eine Alkoholabhängigkeit. Gründe für den Missbrauch von Alkohol und Suchtmitteln wie Beruhigungs- und Schmerzmittel könnten gravierende Veränderungen im Leben und der Verlust von sozialen Kontakten sein. Auch der Körper reagiere im Alter anders auf Alkohol und Medikamente. Daher riet die Expertin, Menschen wertschätzend anzusprechen, wenn Angehörigen etwa erhöhter Alkoholkonsum oder ungewöhnliches Verhalten auffällt. Beratung und Begleitung biete die Suchtberatungsstelle nicht nur Betroffenen und Angehörigen, sondern auch begleitenden und betreuenden Personen an. „Nicht nur Sehen, sondern auch Ansprechen und Hilfe holen fallen leichter, wenn man weiß, an wen man sich wenden kann“, sagte eine Teilnehmerin sichtlich bewegt.
Zu Beginn des Treffens hatte Christina Jung (Fachstelle Altenhilfeplanung am Landratsamt) darauf hingewiesen, dass das Seniorenpolitische Gesamtkonzept für den Landkreis mit dem Untertitel „Älter werden mit und ohne Behinderung“ inklusive der Pflegebedarfsplanung nach dem Kreistagsbeschluss veröffentlicht wird – frühestens Ende Juli 2019.
Sie informierte auch über zwei weitere Angebote. So können Interessierte das neue Angebot einer kostenfreien Wohnberatung einmal im Monat im Mehrgenerationenhaus der Johanniter in Miltenberg nutzen. An die Ergänzende Unabhängige Teilhabe-Beratung (EUTB) in Trägerschaft der AWO können sich alle Menschen aus dem Landkreis wenden, die von einer Behinderung bedroht oder betroffen sind. Diana Laumeister ist seit 1. März 2019 Ansprechpartnerin für Betroffene und deren Angehörige und bietet eine kostenfreie, neutrale Beratung als Ergänzung zu bereits bestehenden Angeboten an.
Konrad Schmitt (Beratungsstelle für Senioren und pflegende Angehörige) und Karola Hausner (Seniorenbeauftragte in Erlenbach) berichteten über die Schwerpunkte ihrer Arbeit. Schmitt stellte das Schwerpunktthema für 2019, „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“, vor und wünschte sich mehr Unterstützung für pflegende Angehörige durch die Betriebe. Karola Hausner hat mit dem Seniorenbeirat die Initiative „Erlenbacher grüßen sich!“ ins Leben gerufen. Denn: Wer sich grüßt, sieht sein Gegenüber und wird gesehen. Damit möchten sie der sozialen Isolation gerade älterer Menschen entgegentreten.
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