Digitale Bildung: Das Lehren und Lernen neu denken und umsetzen
Eigene Interessen und Stärken können jetzt noch besser eingebracht werden
Digitales Lernen ist eine Qualitätssteigerung ersten Ranges - Rollenwandel für Schüler und Lehrkräfte - Wer lernt, arbeitet zusammen
Die digitalen Medien bestimmen die Welt, insbesondere jene der Schülerinnen und Schüler.
Die jetzigen Heranwachsenden sehen anders, kommunizieren anders und lernen anders als die Generationen vor ihnen.
Wenn die Schule das ignoriert, wird sie irgendwann bedeutungslos: Das ist seit langem Konsens in Ländern wie Dänemark, Südkorea oder Finnland, den Spitzenreitern moderner Bildung.
Und was zeigt ein jüngster internationaler Vergleich? Problem-Lösungen im Fokus
Deutschlands Schulen spielen noch nicht in der „ersten Liga“, sie holen aber digital langsam auf. Unterschiede gebe es jedoch noch aufgrund der vielfältigen sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler.
Potentiale müssen besser ausgeschöpft werden und anspruchsvolle Kompetenzbereiche wie „Computational Thinking“, die Lösung von Problemen mithilfe digitaler Technik, sollten nun verstärkt eingeübt werden - resümiert die kürzlich
veröffentlichte Untersuchung „Icils“ ( International Computer and Information Literacy Study).
Die aktuelle Bildungsstudie vergleicht alle fünf Jahre, wie kompetent Achtklässler in verschiedenen Ländern mit digitalen Medien umgehen.
Spürbare Schul-Erfolge und staatliche Förderung
Noch vor fünf Jahren schnitt Deutschland dabei enttäuschend ab.
Bis heute gibt es verschiedene Anstrengungen, die digitale Bildung zu stärken, vor allem durch den Digitalpakt, eine Vereinbarung von Bund und Ländern, die Schulen mit fünf Milliarden Euro zu unterstützen.
Die ersten Gelder fließen jetzt, erste Maßnahmen sind schon bei den Schülerinnen und Schülern angekommen.
Verbesserungen zeigen sich insbesondere bei der Anwendung digitaler Medien im Unterricht. Während 2013 nur ein Drittel der Lehrkräfte sagten, sie arbeiteten mindestens einmal pro Woche mit Computern, sind es heute 60 Prozent. Die häufigste Nutzung ist jedoch das Präsentieren von Informationen (meist an der elektronischen Tafel ) im Frontalunterricht. Andere Sozialformen wären wünschenswerter.
Doch allen Unkenrufe zum Trotz: Unsere Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrkräfte sind bezüglich der aktuellen schulischen Digitalisierung auch bei uns im Landkreis Miltenberg auf dem besten Weg.
Lernmüde Kids werden wieder munter - dank digitaler Medien
Unterrichts-Insider bestätigen: Der Umgang mit digitalen Medien macht Lernenden viel Spaß und vermeintlich lernmüde Kids werden wieder munter.
Der Blick hinter die (unterrichtlichen) Kulissen bestätigt sich: In Sekundenschnelle erledigen die Kids die ersten nötigen Start-Handgriffe am PC, schalten den Computer online und setzen Suchmaschinen in Gang.
Informationen, Bilder und Grafiken warten jetzt im World-Wide-Web zur Auswertung und Veranschaulichung in Textverarbeitungs- und Präsentationen-Programmen.
Wer lernt, arbeitet zusammen: Wertvolle Feedbacks von Lehrer- und Schülerseite
„Ich stelle mein Hobby Eislaufen in der Klasse vor“, berichtet eine 14-jährige Mittelschülerin aus dem nördlichen Miltenberger Landkreis.
Neben dem nötigen Equipment, wichtigen Sicherheitshinweisen und gesundheitlichen Aspekten gehört die Vorstellung empfehlenswerter, attraktiver Kunsteisbahnen in der Region zu ihrer geplanten Powerpoint-Präsentation in der achten Klasse.
Noch einige Tipps zum plakativen Layout hat die Banknachbarin parat. Konstruktive Kritik und Feedback sind im Fach „Wirtschaft und Kommunikation“ erlaubt und wertvoll. Davon profitieren bei der späteren Präsentation alle.
Gegenseitige Hilfen bei der Dokumenten- oder Folien-Erstellung werden gerne angenommen. Überall herrscht eine angenehme, entspannte Lern- und Arbeits-Atmosphäre“: man diskutiert, gibt Tipps und unterstützt sich bei formalen oder inhaltlichen Problemen.
Schnell vergeht die Zeit, die kreative Arbeit am PC macht allen Spaß. Mit dem Lehrer- Auftrag „Auf dem USB-Stick und im PC speichern, den Computer herunterfahren und als Hausaufgabe das Referat abschließen“ endet eine kurzweilige Stunde.
Ähnliche PC-Projekte realisieren die Mitschülerinnen und Mitschüler zu anderen Hobbys, Freizeitbeschäftigungen sowie in Deutsch-Integrationsklassen zu ihren Herkunfts- und Lieblingsurlaubs-Ländern.
Gespannt ist jeder auf die individuellen Präsentationen, die bald folgen werden. „Ein breiter Lern-und Kompetenz-Zuwachs ist gewährleistet“, bestätigt schmunzelnd der zuständige Klassenlehrer.
Was will man derzeit mehr? Schulische Umsetzung ohne Hektik
Da mag es von Seiten der Wirtschaft, Politik, Bildungsträger und anderer Bereiche noch Kritik geben, was die Geschwindigkeit, Ausstattung und Anwendung von digitalen Medien angeht.
Doch nicht hektische Betriebsamkeit sei derzeit gefragt, sondern eine behutsame Umsetzung der modernen Nutzung von PC, Laptop, Tablets, Handys & Co. im Unterricht - das äußern viele Pädagogen im Gespräch und bei Fachtagungen bei uns in der Region.
Erfreulich und überdurchschnittlich gut ist derzeit das Interesse und die Aufgeschlossenheit für moderne Medien bei Schülerinnen, Schülern, Lehrerinnen und Lehrern.
Motivierte Lehrkräfte, konzentrierte Schülerinnen und Schüler
Lehrer-Fortbildungen zur digitalen Bildung werden gerne besucht und das diesbezügliche E-Learning hat Hochkonjunktur.
Und: die Kinder und Jugendlichen freuen sich über jede Stunde im PC-Raum in den Fächern Informatik, Wirtschaft und Kommunikation oder in anderen, meist praktischen Fächern, wo der Computer, das Internet, Textverarbeitungsprogramme und Präsentations-, Bild- und Filmmedien zum Einsatz kommen.
Orientierung an Real-Word-Aufgaben und an echten Kompetenzen
Apropos Internet! Damit können Schülerinnen und Schüler ihr Lernen sowie die Schule ihren Unterricht nicht nur optimieren, sondern auch in neuen Dimensionen denken.
Dabei geht es nicht einfach nur um um ein paar digitale Tools und Methoden. Es geht um richtig guten, fortschrittlichen Unterricht.
Das heißt: Arbeiten in Projekten und an Produkten, um eigenständiges und personalisiertes Lernen, um Orientierung an Real-Word-Aufgaben und an echten Kompetenzen - jenseits von Leuchtturm-Schulen oder Pilot-Projekten.
Ein wichtige Frage lautet in diesem Zusammenhang nicht: „Wie können wir digitale Medien einsetzen!“ Vielmehr muss es heißen heißen: „Wie kann Unterricht gestaltet werden, wo individuell und selbstgesteuert gelernt werden kann?“
Analog oder / und digital ? Die Mischung macht’s!
Erfolgreich sind analoge und digitale Kombinationen, somit Teile desselben Wertes.
Festzustellen ist bei der digitalen Bildung auch ein Rollenwandel für Lehrer und Schüler. Lehrer sind nach wie vor unverzichtbar, aber nicht mehr in erster Linie als Wissensvermittler, sondern auch als Lerncoach und Berater im Einsatz.
Die Lehrkraft unterstützt die Schüler dabei, ihren eigenen Lernprozesse erfolgreich zu gestalten.
Digitale Themen- und Medienvielfalt
Die Arbeit mit dem Internet ermöglicht für viele Pädagogen nicht nur eine Individualisierung bei den Themen, sondern auch bei den Medienformen, über die Schüler sich Wissen aneignen.
„Früher habe ich - erzählt ein Lehrer aus dem südlichen Miltenberger Landkreis - das Material selbst besorgt. Ich habe beispielsweise Prospekte von der Tourismuszentrale oder aus dem Reisebüro geholt.
Jetzt können sich meine Siebtklässler selbst ihren Eingangskanal für Informationen auswählen. Sie entscheiden, ob sie sich die Texte durchlesen, Bilder anschauen, Videos ansehen oder einen Podcast hören. Viele Schüler bevorzugen visuelle Darstellungsformen.“
Das sei ein natürlicher Weg, auch für
zu Hause, wenn sie Informationen suchen. Das fördere ihre Motivation enorm!
Eigene Interessen und Stärken einbringen
Individualisierung bedeutet für die interviewten Pädagogen, dass jede Schülerin, jeder Schüler die Eigenverantwortung für die Gestaltung des Lernprozesses übernimmt und damit die eigenen Interessen und Stärken einbringen kann.
Durch die neuen Medien entstünden schöpferische, lernanregende Möglichkeiten. Mit PC, Tablets und der digitalen Umgebung gestalte sich der Arbeitsfluss sehr leicht.
Befähigung zum lebenslangen Lernen
Neben dem projekt- bzw. produktorientiertem Lernen nutzen Lehrerinnen und Lehrer jetzt auch verschiedene Formen des webbasierten Übens.
Die Schüler arbeiten sehr gerne mit Quiz- und Lern-Apps. Sie können dadurch im eigenen Tempo arbeiten und bekommen sofort ein Feedback.
Dabei erfahren die Schüler dabei auch, dass sie für das Lernen nicht immer einen Lehrer brauchen. Das befähigt sie zum lebenslangen Lernen. Sie nehmen ihren Lernprozess selbst in die Hand.
Fazit: Dank digitaler Medien kann Lernen individualisiert und kooperativ gestaltet werden. Digitales Lernen ist eine Qualitätssteigerung ersten Ranges. Im modernen Unterricht entsteht etwas, was einen Nutzen hat. Dieser Nutzen kann ein persönlicher Sinn sein, einer Gruppe von Menschen helfen oder sogar der Gesellschaft.
rsc
Das Lehren und Lernen neu denken:
Judith Gerlach, bayerische Digitalministerin: "Unser erster Schritt sind 50.000 digitale Klassenzimmer. Dafür sind Hardware und Software wichtig. Dazu kommt aber nicht nur, dass die Lehrkräfte die digitalen Kompetenzen erhalten, mit den Geräten umgehen zu können.
Wir müssen auch das Lehren und Lernen neu denken: wie Lehrer mit den Schülern zusammenarbeiten, nicht frontal, sondern interdisziplinär und in neuen Formaten, um die Schüler für technische Berufe und MINT-Fächer – also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – zu begeistern.
Denn das sind Berufssparten, die wir in Zukunft immer mehr brauchen. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit dem Netz und den sozialen Medien muss in den Lehrplänen verankert werden. Kinder haben damit immer früher zu tun und müssen vorbereitet werden."
Weitere Bilder und Informationen folgen!
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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