Bildergalerie und Essay.
Kennen Sie s'Michele?
Leut' - auf geht’s zur Mess!“
Das Michelle - Reminiszenz an Miltenbergs Geschichte und Messetradition
Eigentlich hätte er beim Messe-Einzug einen anderen und vorderen Platz verdient - sozusagen als „Spitzen-Reiter“.
Beim feierlichen Festzug vom Schwarzviertel durch die Altstadt zum Festzelt - mit heuer 31 Gruppen - ist er stets dabei und zwar mittendrin, diesmal nach der Kutsche der Patenkompanie Hardheim und vor dem „Modernen Spielmanns- und Fanfarenzug Retzbach“ .
Wenn Passanten ihn sehen und zujubeln, geraten sie dabei sicherlich auch ins Schmunzeln. Vielleicht werden auch Erinnerungen an frühere Zeiten wach. Warum?
Es ist „s’ Michele“ - das Michelle, ein junger Reiter ( oder vielleicht auch verkleidet - eine junge Reiterin, denn Michelle ist ja bekanntlich ebenso ein weiblicher Vorname).
Im Mittelalter würde man Michelle
- der jungen Ritterschaft zuordnen -
- von schlanker Statur,
- würdevoll gekleidet
- in festlicher, rot-weiß-schwarzer Montur,
- mit federumsäumtem Hut und
- kurzen Kniebundhosen.
Selbstbewusst führt Michelle mit der rechten Hand die Zügel und zeigt seinem Pferd, wo’s lang geht.
In der linken, ausgestreckten Hand präsentiert Michelle stolz die ockergelb-blecherne Fanfare, die im darauf angehängten Tuch ein bekanntes Wappen zeigt:
- über Kreuz zwei Mainzer Räder und zwei große M-Buchstaben.
Es sind Hinweise auf Miltenberg, das hiesige Stadtwappen, an die einstige Geschichte und an einen runden Geburtstag (1987), wo wohl Michelle zum 750-jähriges Stadtjubiläum erstmals in Erscheinung und an die Öffentlichkeit trat.
S’ Michele“ - das Michelle:
- hier gab es vor 33 Jahren zunächst den Namen (gefunden und prämiert bei einem Schülerwettbewerb),
- dann das prägnante Erkennungslogo (plakativ gestaltet vom einheimischen Künstler Ossi Hülbig),
- später leibhaftig in Szene gesetzt als Figur 1:1 beim alljährlichen festlichen Einzug zur Miltenberger Michelsmesse.
Übrigens: „Michel“ oder „Michael“ hat mit dem „deutschen Michel“ überhaupt nichts zu tun.
Konkret nimmt unser Michele als personifizierte Gestalt
- Bezug zum Termin der Messe im allmählich beginnenden Herbst,
- außerdem zum Schutzpatron des nahen Klosters Engelberg bei Großheubach (wo von Verantwortlichen alljährlich auch eine große Opfer-Kerze zum guten Gelingen der elftägigen Feier angezündet wird) und
- schließlich zum Heiligen Erzengel Michael, der einige Wochen später, am 29. September, seinen Namenstag feiert.
Historisch verweist der Name „Michelsmesse“ in Miltenberg
- auf das naheliegende 20. Jahrhundert,
- wo das Volksfest als Bezeichnung „Michaelismesse Miltenberg“ Ende der 1920er Jahre auftaucht,
- aber selbstverständlich auch auf frühere Fest-Termine,
- insbesondere auf den einstigen, hiesigen Michaelismarkt zwischen Sommer und Herbst in unserer fränkischen Stadt am Untermain hindeutet.
Fazit: Ohne Zweifel gehört Michelle zur Stadt Miltenberg, zu seiner Michaelis-Messe und zu seinem festlichen Einzug mit Musikkapellen, Ehrengästen, Vereinsabordnungen und Gruppen.
Last but not least - mal ehrlich: Wer hätte es sich als Kind nicht schon einmal gewünscht, selbst als S’Michele durch die Stadt zu reiten und als heimischer Herold per Fanfare zu verkünden: „Leut - auf geht’s zur Mess!“
Text und Fotos: Roland Schönmüller
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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