Umstrittener Konsum
Cannabis seit 1. April legal - Prävention und verantwortungsvoller Umgang mit dem Rauschmittel sind wichtig

Gewächs mit Konfliktpotenzial: Cannabis – Nutzpflanze, Heilpflanze und Rauschmittel.  | Foto: Pixabay/7raysmarketing
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Es zählte zu den beliebtesten illegalen Drogen bundesweit: Cannabis. Die indischen Hanfpflanze ist eine der ältesten Nutz- und Heilpflanzen und enthält den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Seit dem 1. April 2024 darf nun legal gekifft werden. Die einen freut es, denn: Viereinhalb Millionen Menschen in Deutschland greifen Schätzungen zufolge zumindest manchmal zum Joint. Obwohl bis vor Kurzem Geldstrafen, in schweren Fällen sogar Gefängnis drohten, hielt das viele nicht vom Cannabiskonsum ab. Das ist nur ein Grund für die Legalisierung in Deutschland, denn nach Ansicht der Bundesregierung stieß die bisherige Drogenpolitik zum Cannabis-Konsum an ihre Grenzen.

Neue Drogenpolitik

Das neue Gesetz soll den illegalen Cannabis-Markt eindämmen und helfen die Qualität von Cannabis zu kontrollieren, um so die Weitergabe von verunreinigten Substanzen zu verhindern und damit zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen. Zudem soll das Gesetz mehr für Aufklärung und Prävention tun und den Kinder- und Jugendschutz stärken. Konkret bedeutet das, dass Anbau, Besitz, (öffentlicher) Konsum und Kauf von Cannabisprodukten, wie beispielsweise Marihuana (aus getrockneten Blüten und Blättern der Pflanze) oder Haschisch (aus Cannabisharz) seit Ostermontag unter bestimmten Vorgaben legal sind. Komplett verboten bleiben Anbau, Erwerb und Konsum von Cannabis für Minderjährige. Auch die Weitergabe der Droge an Kinder und Jugendliche ist nach wie vor strafbar.

Cannabis-Konsum mit Einschränkungen

Folgende Regeln gelten für volljährige Fans der Hanfpflanze: Zu Hause sind der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis sowie bis zu drei weiblichen blühenden Pflanzen pro erwachsene Person erlaubt. In der Öffentlichkeit dürfen 25 Gramm mitgeführt werden. Samen der Pflanze dürfen für den privaten Eigenanbau aus EU-Mitgliedsstaaten eingeführt oder online bestellt werden. Nicht gewinnorientierte Cannabis Social Clubs (CSC) dürfen THC-haltige Hanfpflanzen anbauen und in begrenzten Mengen an Vereinsmitglieder abgeben. In Sichtweite (ca.100 m entfernt) von Kitas, Schulen, Sportstätten, Spielplätzen und Jugendeinrichtungen sowie in Fußgängerzonen von 7 bis 20 Uhr und in der Gegenwart von unter 18-Jährigen ist Kiffen nicht erlaubt. Welche Regelung für den Rauschmittelkonsum im Straßenverkehr künftig gelten soll, ist noch nicht festgelegt. Deshalb gilt wie bisher, ein absolutes Fahrverbot unter Einfluss von Cannabis. Davon ausgenommen ist das vom Arzt als Arzneimittel verschriebene medizinische Cannabis.

Bayern will Konsum in der Öffentlichkeit so weit wie möglich begrenzen

Im Freistaat soll Kiffen zudem auf Volksfesten, in Biergärten und auf Außengeländen von Gaststätten verboten werden. Des Weiteren ist geplant, auch Kommunen die Möglichkeit zu geben, das Rauchen und Dampfen von Cannabis an öffentlichen Orten, an denen sich viele Menschen aufhalten, zu verbieten.

Die Meinungen über das Gesetz gehen weit auseinander. Während die einen die Legalisierung für den richtigen Weg halten, gibt es auch kritische Stimmen.

Heilpraktiker Andreas Lee Reichel Dittes  | Foto: Privat
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Heilpraktiker Andreas Lee Reichel Dittes aus Miltenberg:

Jede Pflanze hat ihre Wirkung und ihre Berechtigung in der Natur. Als Heilpflanze halte ich Cannabis für sinnvoll und wichtig. Die Legalisierung halte ich allerdings für bedenklich. Dem Drogenmissbrauch wird so Tür und Tor geöffnet.

Zusätzlicher Vollzugs- und Kontrollaufwand

Maximilian Basser, Polizeihauptkommissar, Polizeipräsidium Unterfranken:

Die Bayerische Polizei sieht die Freigabe von Cannabis zum Eigenkonsum kritisch. Die in der Gesetzesbegründung behauptete Entlastung der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden ist zumindest fraglich. Vielmehr ist im Gegenteil von einem erheblichen zusätzlichen Vollzugs- und Kontrollaufwand auszugehen, der auch die Polizei in Unterfranken betreffen wird. Cannabis-Konsum ist gesundheitsgefährdend. Besonders junge Menschen sind gefährdet, da sich das menschliche Gehirn bis zum 23. Lebensjahr entwickelt. Ein dauerhafter Verlust von Konzentrations-, Lern- und Leistungsfähigkeit ist zu befürchten. Durch den Konsum bestehen unterschiedlich ausgeprägte Risiken für körperliche Erkrankungen. Eine Freigabe entfaltet eine fatale Signalwirkung. Es kann der Eindruck entstehen, die Droge sei gar nicht so gefährlich, da sie legal zu erwerben ist. Eine sinkende Hemmschwelle, Cannabis zu konsumieren, ist aus gleichen Gründen anzunehmen.

Jugendschutz durch Prävention

Um Jugendliche effektiv vor den Risiken des Cannabiskonsums zu schützen, ist die Stärkung präventiver Maßnahmen essenziell. Programme wie beispielsweise “FreD“ bieten bewährte Ansätze, die in der aktuellen Situation weiterhin gefördert und unterstützt werden müssen, so die Empfehlung der Caritas Suchthilfe.

Birgit Kügler, Dipl.-Sozialpädagogin und Irmi Meißner-Hartmann, Dipl.-Sozialpädagogin, Leiterinnen Psychosoziale Beratungsstelle des Caritasverbandes für den Landkreis Miltenberg:

Cannabis ist bereits vor der Teillegalisierung in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auch bei uns in der Beratungsstelle ist Cannabis nach Alkohol und Nikotin, die am häufigsten konsumierte Substanz.

Irmi Meißner-Hartmann, Dipl. Sozialpädagogin und eine der beiden Leiterinnen der Psychosozialen Beratungsstelle des Caritasverbandes für den Landkreis Miltenberg:" Die beste Prävention vor Alkohol- und Drogenkonsum ist zum einen eine liebevolle vertrauensvolle Bindung der Kinder und Jugendlichen zu ihren Eltern. Zum anderen ist entscheidend, was die Eltern im Umgang mit Sucht- und Genussmitteln vorleben." | Foto: Privat
  • Irmi Meißner-Hartmann, Dipl. Sozialpädagogin und eine der beiden Leiterinnen der Psychosozialen Beratungsstelle des Caritasverbandes für den Landkreis Miltenberg:" Die beste Prävention vor Alkohol- und Drogenkonsum ist zum einen eine liebevolle vertrauensvolle Bindung der Kinder und Jugendlichen zu ihren Eltern. Zum anderen ist entscheidend, was die Eltern im Umgang mit Sucht- und Genussmitteln vorleben."
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Irmi Meißner-Hartmann:

Prävention beginnt im Elternhaus. Die beste Prävention vor Alkohol- und Drogenkonsum ist zum einen eine liebevolle, vertrauensvolle Bindung der Kinder und Jugendlichen zu ihren Eltern. Zum anderen ist entscheidend, was die Eltern im Umgang mit Sucht- und Genussmitteln vorleben. Seit 2021 führe ich in Kooperation mit Birgit Englert, Fachstelle für Suchtprävention des Landratsamtes Miltenberg das präventive Projekt FreD durch. FreD steht für Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten. Dieses Gruppenprojekt richtet sich an Jugendliche und Heranwachsende zwischen 14 und 21 Jahren, die im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis auffällig geworden sind. Das Ziel von FreD ist, junge Menschen zu motivieren, sich mit ihrem Konsum auseinanderzusetzen und einer möglichen Abhängigkeitserkrankung vorzubeugen. Aus den Rückmeldungen der jungen Menschen wissen wir, dass der Großteil den Kurs weiterempfehlen würde. Wir konnten die Teilnehmer in ihrer Lebenssituation abholen und unsere Impulse zur Veränderung und vorgeschlagene Hilfestellungen wurden als positiv angesehen. Dieses bewährte Programm wollen wir natürlich weiterführen und hoffen auf weitere Förderung. Bei Interesse, am Kurs teilzunehmen, können sich Jugendliche, junge Erwachsene und deren Eltern an mich wenden. Der nächste FreD-Kurs wird am 27.Juni 2024 starten.

Safer Use – Konsumregeln für mehr Sicherheit

Birgit Kügler, Dipl. Sozialpädagogin und eine der beiden Leiterinnen der Psychosozialen Beratungsstelle des Caritasverbandes für den Landkreis Miltenberg:" Es gibt keinen risikofreien, sicheren Konsum von Cannabis! Der einzige Weg, Risiken zu vermeiden, ist Cannabis erst gar nicht zu konsumieren." | Foto: Privat
  • Birgit Kügler, Dipl. Sozialpädagogin und eine der beiden Leiterinnen der Psychosozialen Beratungsstelle des Caritasverbandes für den Landkreis Miltenberg:" Es gibt keinen risikofreien, sicheren Konsum von Cannabis! Der einzige Weg, Risiken zu vermeiden, ist Cannabis erst gar nicht zu konsumieren."
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Birgit Kügler: 

Vorweg - es gibt keinen risikofreien, sicheren Konsum von Cannabis! Der einzige Weg, Risiken zu vermeiden, ist Cannabis erst gar nicht zu konsumieren. Wenn sich jemand dennoch dazu entscheidet, können Konsumregeln für Erwachsene helfen, das Risiko zu verringern:

  • Möglichst spät einsteigen: Je später der erste Cannabiskonsum im jungen Erwachsenenalter erfolgt, desto geringer sind die Risiken für die Gesundheit.
  • Rauchen vermeiden! Jede Konsumform (Rauchen, Essen, Verdampfen) birgt unterschiedliche Risiken. Das Verdampfen oder Vaporisieren von Cannabis gilt derzeit als die risikoärmste Konsumform. Tiefe Inhalation vermeiden.
  • Nur gelegentlich konsumieren, ansonsten besteht die Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung.
  • Auf stabile mentale Verfassung achten: Vorsicht beim Konsum während psychischen Tiefs. Cannabis kann vorhandene Empfindungen verstärken.
  • Reduktion oder Konsumpause bei beeinträchtigter geistiger Leistungsfähigkeit: regelmäßiges Kiffen kann die Hirnleistungen oder die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen. Wenn Konsumierende den Eindruck haben, dass ihre geistige Leistungsfähigkeit abgenommen hat, sollten sie eine Reduktion des Konsums oder eine Konsumpause in Erwägung ziehen.
  • Vorsicht bei Mischkonsum: Der Mischkonsum mit anderen psychoaktiven Substanzen kann die Wirkung oder die gesundheitlichen Risiken verstärken. Das Mischen von Cannabis mit Tabak erhöht beispielsweise das Risiko für Abhängigkeit und belastet die Atemwege stärker. Bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol oder bestimmten Medikamenten können ebenfalls unerwünschte Wechselwirkungen auftreten.
  • Manche Menschen haben ein erhöhtes gesundheitliches Risiko, wenn sie Cannabis konsumieren. Dies gilt für Menschen, die bereits eine Abhängigkeit entwickelt haben (Suchtverlagerung). Auch Menschen mit Herz- Kreislaufproblemen, Asthma oder einer psychischen Erkrankung (z.B. Depression), sollten beim Konsum vorsichtig sein. Ebenso Menschen, die an einer Psychose (z.B. Schizophrenie) erkrankt sind oder Angehörige ersten Grades haben, die schon an einer Psychose erkrankt waren, zählen zur Risikogruppe. Es besteht die Gefahr, eine Psychose zu entwickeln bzw., dass diese sich verstärkt.

Wann sollte man nicht konsumieren:

  • Kein Cannabis am Steuer und am Arbeitsplatz (Bedienen von Maschinen). Wahrnehmung und Reaktionszeit verändern sich durch den Konsum.
  • Abstinenz für Schwangere, Stillende und Personen mit Kinderwunsch. Es gibt Hinweise aus der Forschung, dass sich Cannabis negativ auf die Fruchtbarkeit von Männern und Frauen auswirkt. In der Schwangerschaft und in der Stillzeit gefährdet Cannabis die Entwicklung des Kindes.“

Kontakt Suchtberatung Psychosoziale Beratungsstelle: 09371/978940
https://www.suchtberatung.caritas-mil.de/

Adressen und Links
Suchtprävention im Landkreis Miltenberg:
https://suchtpraevention.landkreis-miltenberg.de/information/adressen-und-links/

Autor:

Marlene Deß aus Miltenberg

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