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„Kopf ab“ - aber das war bei Landleuten kein Todesurteil.

Schön war die Zeit ...
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„Matthias hab’ ich lieb, gibt den Baum den Trieb!“

Letzter Rutentag am 24. Februar.

„Kopf ab“ - aber das war bei Landleuten kein Todesurteil.

Lichtenfels galt und gilt als die bekannte deutsche Korbmacherstadt. Doch nicht nur am Obermain kennt man noch heute Produkte aus heimischen Weiden.

Fragt man manche hiesige Senioren, was sie mit dem 24. Februar verbinden, dann dürften sie für diesen Tag eine richtige Antwort parat haben und sich erinnern an frühere Zeiten.

Schon vor Jahrhunderten zogen die Landleute, insbesondere die Korbmacher, im Februar hinaus, um noch vor dem ersten Saftstrom die Weidenruten zu schneiden.

Denn als letzter „Rutentag“ galt der 24. Februar, brachte doch der heilige Matthias die Baumsäfte zum Fließen.

„Kopf ab!“ - Alle drei Jahre wurde und wird diese Urteil über die Kopfweide gesprochen. Denn dann wird mit Schere, Messer oder Säge Ast für Ast abgeschnitten, bis der Stamm „ratzekahl“ dasteht.

Aber für die Kopfweide sei es nicht so schlimm, wenn sie ihren „Kopf“verliert, bestätigt ein älterer Land- und Forstwirt aus der Region.

Im Gegenteil: das sogenannte „Köpfen“ rettet das Leben der Weiden. Würden ihre Äste und Zweige noch länger und schwerer, könnte sie einem Sturm - wie erst kürzlich in dreifacher Ausgabe - nicht mehr standhalten. Er würde sie abbrechen oder sogar den ganzen Baum umreißen.

„Es ist Naturschutz im wahrsten Sinne des Wortes“, bestätigt ein Fachmann. Die Korbflechter waren in der Tat wohl die ersten Naturschützer. Kopfweiden sind also von Menschenhand frisierte Bäume.

Die gekrümmten Kopfweiden-Gestalten - in zottige Fetzen gehüllt, mit aufgedunsenen Köpfen und wild zu Berge stehenden Haaren, haben einst und heute noch so manchen Wanderer oder abendlichen Heimkehrer einen furchtbaren Schrecken eingejagt. Gruselgeschichten und Sagen berichten davon.

Manche mythische Wesen fertigten angeblich ihre Zauberbesen mit Vorliebe aus den Ruten der Weiden.

Die heimischen, bekannten Kopfweiden sind meist geköpfte Silberweiden ( Salix albe). Unsere bewährten Korbflechter kennen das noch von altersher: Die biegsamen Weide-Ruten wurden gewässert und anschließend zum Flechten verwendet.

Aus dem sehr weichen Holz der Silberweide wurden sogar Holzschuhe, Kricketschläger und Zündhölzer hergestellt. Aus ausgehöhlten Weideholz-Baumstämmen entstanden sogar Backtröge.

Warum standen früher so viele Kopfweiden an Wiesengräben entlang?

Unsere Vorfahren zersägten die Weiden-Äste und schlugen sie als Zaun ein. Bei feuchtem Untergrund schlug der Weidenzaun bald Wurzeln . Bald entstanden aus Pfählen richtige Bäume. „Die Weide liebt das Wasser und einen nassen Fuß“! - heißt eine bewährte Erkenntnis unter Experten.

Heute erlebt die Kopfweide eine Wiedergeburt, sozusagen eine umweltfreundliche Renaissance: im Rahmen der Bach-Renaturierunqen wird die Kopfweide verstärkt wieder an Bachufern gepflanzt und ist ökologisch gesehen in doppelter Hinsicht effektiv.

Mit ihren Wurzeln hält sie die Uferböschung zusammen, im Alter „geköpft“ wird sie zu einem Eldorado für Tiere wie Schmetterlings-Raupen, andere Insekten, Vogelarten, die in den Höhlen brüten, beispielsweise der Gartenrotschwanz oder der Turmfalke.

Selbst Fledermäuse, Iltisse, Steinmarder und Siebenschläfer richten sich hier ein Zuhause ein.

Die Kopfweide ist übrigens zwei Göttinnen geweiht: Demeter, die antike Göttin der Ähren, des Wachstums und der Fruchtbarkeit wohnte im Weidenbaum.

Manchmal taucht auch ihre Tochter Persephone auf, die Göttin des Todes aber auch der Wiedergeburt. Je mehr eine Kopfweide von innen heraus abstirbt, um so mehr Tiere finden ihren Unterschlupf darin. Bei den Kopfweiden wird also deutlich, wie Leben und Tod ineinander übergehen.

Text und Fotos: Roland Schönmüller

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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