Wie feierten unsere Vorfahren Silvester und Neujahr ?
Brezeln für die Paschen-Sieger am Silvesterabend und die Neujahrswünscher am ersten Januar
Bei unsren Altvorderen war der Jahreswechsel früher kein besonderer Anlass zu großen Feiern.
In den 1930er Jahren, in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, war der Ausdruck „Silvester“ für den letzte Tag des Jahres fast unbekannt, erinnert sich ein Lehrer aus Franken an seine Kindheit.
Viele Männer trafen sich in ländlichen Gebieten in einer Gastwirtschaft zum sogenannten Paschen.
Bei diesem Ausscheidungsspiel war nach mehreren Würfelrunden eine Brezel der Hauptgewinn, mit Butter gebacken vom Bäcker, rösch und zart.
Glückspilze gingen sogar mit drei bis sechs Brezen nach Hause.
Früher verbrachten die meisten Familien den letzten Abend des Jahres zu Hause. Eine Ausnahme bildeten junge Männer und Knechte, die in den dörflichen Wirtshäusern Bier, Schnaps, Punsch, seltener Wein, tranken. Nach dem 12-Uhr- Glockenschlag gab es für die Gäste Gratis-Runden.
Brach schließlich der Neujahrsmorgen an, wünschten die Kinder ihren Familienmitgliedern und Verwandten sowie den Kirchgängern ein „gesundes Neues Jahr“, „ein gut’s Neu’s Jahr!“ oder ein glückselig’s Neu’s Jahr“.
Dafür gab es für die Kleinen ein Präsent. Insbesondere die Patenonkel und - tanten („Douden") freuten sich über den Besuch und schenkten ihren Patenkindern eine große Neujahrsbrezel.
Spätestens zum Mittagessen am ersten Januar waren die Neujahrswünscher wieder daheim: Dann gab es die traditionellen Bratwürste oder Lakefleisch mit Kraut und Kartoffelsalat bzw. Erbsenbrei, damit im neuen Jahr das Geld nicht ausgehe und keine Krankheiten eingeschleppt würden.
In machen fränkischen und nordbadischen Orten flochten die Burschen Brezen aus Stroh und hängten sie anschließend an gut sichtbare Häuser-Stellen.
Hier wohnten die Mädchen, die man ärgern wollte. Andere streuten Streu oder Späne von der Wohnung eines jungen Mannes zum Haus des Mädchens, mit dem ein Verhältnis wieder gelöst worden war.
Heute finden in den Silvesterabendstunden nach dem kirchlichen Jahresschluss-Gottesdienst private, familiäre und öffentliche Feiern statt.
Das Abschießen von Böllern und Feuerwerk zum Jahreswechsel gab es früher im ländlichen Raum so gut wie gar nicht.
Aber immerhin: unsere Vorfahren verabschiedeten sich seltener besinnlich, eher feucht- fröhlich in gemütlicher Runde vom alten Jahr und wagten auch einen Blick in die Zukunft mit Blei- und Wachsgießen, Zukunftslesen aus Apfelschalen,
mit symbolträchtigem Schuhwerfen und erkenntnisreichem Kartenlegen.
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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