Bildergalerie und Essay
Beliebte Frühmessen in Stadt und Land im meditativen Kerzenschein.
Beliebte Frühmessen in Stadt und Land im meditativen Kerzenschein.
Eichenbühl. Früh aufgestanden sind am Nikolaustag, am 06.12. 2024, rund fünfzig Gläubige aus Eichenbühl-Heppdiel und Umgebung zum Besuch der traditionellen Rorate-Messe um sechs Uhr in der Pfarrkirche St. Mauritius.
Ohne künstliches Licht erstrahlten nur Kerzen im vorweihnachtlichen Gotteshaus.
Die imposante Roratemesse hielt Pfarrvikar Krzysztof Winiarz von der Pfarreiengemeinschaft St. Antonius Erftal und Höhen.
Gut vorbereitet hatten freiwillige Helferinnen und Helfer das illuminierte Gotteshaus und das benachbarte vorweihnachtlich dekorierte Gemeinschaftsgebäude St. Mauritius.
Danach gab es ein gemeinsames Frühstück im Pfarrheim.
Diese besonderen Frühmessen werden in der Vorweihnachtszeit in Stadt und Land gerne besucht, weil sie eine außergewöhnliche Stimmung der Besinnung, Meditation und inneren Einkehr zum Ausdruck bringen.
"Tauet, Himmel, den Gerechten, Wolken regnet ihn herab ..."
Dieses Lied wurde schon im Mittelalter gesungen, nur sang man es zu jener Zeit - wie alle Kirchenlieder - noch lateinisch: "Rorate Coeli" hieß es damals.
Nach diesem Lied wurden die sogenannten Engelämter an den vier Sonntagen vor Heiligabend ehemals oft schon um vier Uhr früh gefeiert.
In älteren Erzählungen, zum Beispiel bei Peter Rosegger, wurden diese Rorate-Ämter immer wieder als wunderschön und rührend beschrieben.
In einigen Orten in Franken, Baden und Oberbayern brachten die Kirchgänger dabei Wachsstöcke mit, die während der Messe angezündet wurden und auf der Kirchenbank brannten.
Heute stellt die Kirchenverwaltung Teelichter und Kerzen für die Gläubigen zur Verfügung, die tropfsicher in kleinen durchsichtigen Bechern im Vorraum der Kirche für eine kleine Spende gekauft werden können.
Fazit: Wer es zeitlich möglich machen kann, sollte ein solches Rorate-Amt in der Adventszeit gerne mal besuchen: Der Hell-Dunkel-Kontrast, die altehrwürdigen Lieder sowie die Gemeinschaft schaffen eine besondere Atmosphäre der Vorbereitung und Vorfreude auf Weihnachten.
Hintergrund: In seinem Buch Waldheimat erzählt Peter Rosegger (1834 - 1918) in seinen Erlebnissen als Bergbauernbub in den Fischbachauer Alpen in der Steiermark vor rund 150 Jahren von der Roratemesse:
„Der Vater und die Mutter gingen in die mehrere Stunden entfernte Pfarrkirche zum Rorate. Ich träumte ihnen nach, ich hörte die Kirchenglocken, ich hörte den Ton der Orgel und das Adventlied: Maria, sei gegrüßet, du lichter Morgenstern!
Und ich sah die Lichter am Hochaltare, und die Engelein, die über demselben standen, breiteten ihre goldenen Flügel aus und flogen in der Kirche umher, und einer, der mit der Posaune über dem Predigtstuhl stand, zog hinaus in die Heiden und in die Wälder und blies es durch die ganze Welt, dass die Ankunft des Heilandes nahe sei.
Als ich Jahre später, aber ein Knabe noch, mit meinem Onkel einmal in die Rorate ging, fragte ich ihn unterwegs, was denn das eigentlich heiße: Tauet, Himmel, den Gerechten? Mein Onkel schwieg eine Weile, dann stand er plötzlich still:
»Du fragst so närrisch. Viertausend Jahre haben sie gewartet; alleweil und in allen Enden und Winkeln sind Leut' geboren worden, aber ein Gerechter ist halt nit dabei gewesen. Wo hernehmen, wenn er aus dem Menschenvolk nicht aufsteht?
Aus der Erden hat er ihn herausstampfen wollen, der alte Prophetenmann, dem schon angst ist worden in der Seel‘; aus der Luft hat er ihn wollen herabziehen und in allen Wolken hat er ihn gesucht, und so hat er einmal in einer ruhsamen Nacht, da er auf der Heid' ist gestanden, die Hände ausgestreckt gegen Himmel und hat das Wort gerufen: – Tauet, Himmel, den Gerechten«
Aber ganz klar gewesen ist mir das immer noch nicht, dass der Gerechte mit dem Tau verglichen wird, der im Sonnenschein gleich verdunstet.
»Jetzt, Bub, wenn du's nicht verstehst, anders kann ich dir es nicht ausdeuten.
Lass ich dich da stehen im Wald und geh dir davon und sag: wart, bald komm ich.
Und ich komm aber nicht, und du stehst eine Stund um die andere und frierst und hörst die wilden Tiere heulen - und kennst keinen Weg und ich komm noch immer nicht - nachher wirst verstehen, wie dem Prophetenmann ums Herz ist gewesen.«
Wir sind weiter gegangen und nie habe ich kindlicher die Erwartung des Erlösers empfunden als bei derselbigen Rorate.
In Gottes Namen aufstehen,
gegen Gott gehen,
zu Gott hintreten,
zum himmlischen Vater beten,
dass er uns verleih
lieb Englein drei:
der erste, der uns weist,
der zweite, der uns speist,
der dritt, der uns behüt und bewahrt,
dass uns an Leib und Seel nichts widerfahrt.“
[nach Peter Rosegger, aus: Als ich die Christtagsfreude holen ging]
Resüme:
- Erzählt wird in altertümlicher Sprache von Weihnachten und der Zeit davor im Advent, eben so wie es früher war.
- Es ist ein Beispiel von Peter Rosegger, liebevoll beschrieben und
- ein kurzer Einblick in das einfache Leben sowie
- eine Zeitreise in das Österreich von damals.
Weitere Bilder und Infos folgen.
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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