Vereine in Corona-Zeiten
Corona bremst Vereine aus

Es wäre ein wunderschönes Bild gewesen! Die Schäffler beim traditionellen Schäfflertanz in Stadtprozelten (hier ein Bild aus dem Jahr 2013), der dieses Jahr leider ausfallen musste.  | Foto: privat
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  • Es wäre ein wunderschönes Bild gewesen! Die Schäffler beim traditionellen Schäfflertanz in Stadtprozelten (hier ein Bild aus dem Jahr 2013), der dieses Jahr leider ausfallen musste.
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Keine Veranstaltungen bis 31. August 2020 – Corona-Virus bringt kulturelle Vielfalt zum Erliegen – Vereine leiden besonders darunter

Lesen Sie nachfolgend den Artikel über die Vereine in Corona-Zeiten im südlichen Landkreis Miltenberg. Den Teil über die Vereine im nördlichen Landkreis können Sie hier lesen.

Das Corona-Virus mischt sich in diesem Jahr überall ein! Es bestimmt, wie und wann wir arbeiten gehen, wann unsere Kinder die Schule oder die Kita besuchen dürfen und wo wir einkaufen können. Es bestimmt sogar, ob wir Familie und Freunde treffen dürfen oder nicht und ist der Grund dafür, dass unsere kulturelle Vielfalt mit Festen und Märkten komplett zum Erliegen gekommen ist. Alle Veranstaltungen sind aufgrund des Virus bis zunächst 31. August abgesagt, Verlängerung nicht ausgeschlossen! Das betrifft einerseits zahlenmäßig eher kleinere Veranstaltungen wie Generalversammlungen von Musik-, Sport- oder Gesangvereinen, macht aber nicht einmal vor der großen Michaelismesse Halt, dem größten Volksfest am Untermain. Traurige Gewissheit seit letzter Woche: keine Michelsmess 2020 in Miltenberg!

Gebeutelte Vereine

Wer durch den Ausfall sämtlicher Veranstaltungen besonders gebeutelt ist, sind die Vereine in unserer Region, die mit Jubiläums- oder Traditionsfesten ganz entscheidend dazu beitragen, dass unser Landkreis mit Leben gefüllt wird. Auch Städte und Gemeinden sind betroffen, die traditionelle Veranstaltungen absagen mussten.

Schäfflertanz Stadtprozelten

Oberschäffler Wolfgang Grimm aus Stadtprozelten. | Foto: privat

Eine der betroffenen Gemeinden ist Stadtprozelten. Dort findet nur alle sieben Jahre der berühmte Schäfflertanz statt. Dieses Jahr wäre es bereits am 17. Mai so weit gewesen. „Die Absage des Schäfflertanzes in diesem Jahr ist uns sehr, sehr schwer gefallen, weil der Tanz ja nur alle sieben Jahre stattfindet“, gesteht Oberschäffler Wolfgang Grimm von der Schäfflertanzgruppe Stadtprozelten. „Wir sind momentan mindestens 72 Schäffler – 9 Gruppen mit je 8 Männern, dazu kommen noch Ersatzleute sowie die kleineren Jungs, die Wagenzieher und die Musikkapelle. Da sind an die 100 Tänzer und Musikanten in weiß-blauer Tracht. Das ist schon etwas Schönes für das Auge. Die Schäffler sind ein loser Zusammenschluss, kein Verein. Alle Männer von Stadtprozelten können dabei mitmachen. Wir starten alle sieben Jahre rechtzeitig einen Aufruf, so dass sich jeder, der gerne mitmachen möchte, bei uns melden kann.“

25 Jahre OGV Kirchzell mit Gaarde-Gugg-Daach

Gerhard Schäfer, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Kirchzell. | Foto: privat
  • Gerhard Schäfer, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Kirchzell.
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Wie jedes Jahr ein umfangreiches Jahresprogramm vorbereitet hatte der Obst- und Gartenbauverein Kirchzell. Dieses Jahr stand der 25-jährige Gründungstag im Fokus, der am 28. Juni zusammen mit dem „Gaarde-Gugg-Daach“, dem Tag der offenen Gartentür, geplant war und jetzt geplatzt ist. „Wir konnten am 31. Januar gerade noch unseren 25-jährigen Gründungstag begehen“, sagt Gerhard Schäfer, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Kirchzell, zur Absage. „Eigentlich war es die Wiedergründung, denn den OGV gab es davor schon von 1903 bis 1954. Danach sind alle Veranstaltungen ausgefallen – unsere Frühjahraktion mit Kindern und Eltern im Schulgarten, der Baumschnittkurs für Jedermann, die Jahreshauptversammlung des Kreisverbandes, die aufgrund unseres Jubiläums dieses in Kirchzell stattgefunden hätte, der 5. Pflanzenflohmarkt und unser Ausflug nach Veitshöchheim auf die Landesgartenversuchsanstalt. Ich bin schon traurig, dass im Prinzip unser ganzes Jahr ausfällt.“

Festwochenende der SG Eintracht Kleinheubach

Peter Fiebelkorn, erster Vorsitzender der SG Eintracht Kleinheubach. | Foto: privat

Und auch die SG Eintracht Kleinheubach ist ein Opfer der Corona-Pandemie. Ein Festwochenende mit gleich dreifachem Grund zum Feiern war vom 10. bis 12. Juli dieses Jahres geplant und fällt nun aus. „Wir wollten 90 Jahre Fußball und 45 Jahre Tischtennis feiern“, erklärt erster Vorsitzender Peter Fiebelkorn. „Dazu wäre noch ein kleines Jubiläum gekommen: 15 Jahre Förderfreunde. Die Absage ist uns richtig schwer gefallen, weil wir uns schon ein tolles und umfangreiches Programm überlegt und einige Rahmenpunkte auch schon vorbereitet haben. Eigentlich hat der Verein ja schon die 100 Jahre voll: Unter dem Namen ´Sportfreunde Kleinheubach´ wurde schon einige Jahre vorher gekickt. Die Gründung des jetzigen Vereins erfolgte aber erst 1930. Wir sind mit etwa 450 Mitgliedern der größte Verein in Kleinheubach. Unsere Tischtennisabteilung wird seit der Gründung vor 45 Jahren sehr erfolgreich von Dieter Rauch geführt, einem wichtigen Mann im Verein, der Mitglied der Vereinsvorstandschaft und mittlerweile auch Ehrenvorstand bei uns im Verein ist. In der letzten Telefonkonferenz der Vorstandschaft haben wir jetzt beschlossen, in die Offensive zu gehen und den Termin abzusagen mit dem Hinweis, dass es eine Verschiebung ins nächste Jahr geben wird.“

Traurigkeit bei den Veranstaltern

„Wir waren schon alle im Schäfflerfieber“, führt Oberschäffler Wolfgang Grimm aus Stadtprozelten aus. „Jeder hat darauf hingefiebert. Alles war organisiert. Das Festzelt, die Brauerei usw., die Bewirtung, die Helferinnen und die Helfer – alles war schon in trockenen Tüchern. Wir haben den ganzen Winter über geplant und alles festgemacht. Seit Januar haben wir jeden Samstag und Sonntag entweder in der Stadthalle oder im Feuerwehrhaus geprobt. Wir hatten die Trachten für die neuen Schäffler besorgt, auch Hüte hatten wir bereits gekauft. So ein Hut kostet über 100 Euro. Jetzt wissen wir nicht, ob die Männer, die die Kleidung bekommen haben, beim nächsten Mal noch mit dabei sind. Wir waren so kurz davor, jetzt ist alles ausgefallen. Das ist schon traurig.“

Die Folgen der Absagen

Dass so eine Absage auch Konsequenzen hat, ist ganz klar.

„Finanziell sind wir nicht schlecht aufgestellt“, erläutert Gerhard Schäfer vom OGV Kirchzell. „Wir wirtschaften gut und haben in der Vergangenheit viel gemacht, daher bricht uns die Absage nicht das Genick. Aber emotional ist es schon traurig. Wir haben viele Gründungsmitglieder, die noch leben, und hätten daher in diesem Jahr entsprechend viele Ehrungen gehabt. Bei unserer Generalversammlung, die am 25. Januar noch stattfand, haben wir unsere 38 Bronze-Mitglieder geehrt. Für die Ehrungen für die verbliebenen 73 Mitglieder, die Silber und das Goldene Ehrenzeichen erhalten werden, sollte es einen großen Rahmen an unserem Fest mit Landrat, Bürgermeister Stefan Schwab, Bezirksvorsitzendem Günther Oettinger und Dr. Otto Hünnerkopf geben. Das muss nun leider ausfallen. Wir haben in letzter Zeit viele Aktionen in unserer Gemeinde macht, beispielsweise den Rathauseingang mit dem Gemeindewappen neu gestaltet. Auch mit den Schulkindern machen wir viel. Momentan ist der Schulgarten aber leider in einem Ruhezustand und auch die Natur-AG mit den Schulkindern ruht.“

„Finanziell sehe ich den Ausfall als nicht kritisch oder bedenklich an, weil wir das Fest als Non-Profit-Veranstaltung geplant haben“, führt Peter Fiebelkorn von der SG Eintracht Kleinheubach aus. „Es steht kein Gewinnerzielungskonzept dahinter. Es geht uns mit dem Jubiläumsfest darum, etwas zu bieten und uns zu präsentieren. Wer uns kennt, der weiß, dass wir unseren Freunden und Gönnern etwas bieten möchten und gerne feiern. Wir sind der größte Verein in Kleinheubach und zeigen gerne, was wir tun und dass der Verein lebt und gute Strukturen hat. Aber natürlich haben wir auch Sorgen. Momentan ist unsere größte Sorge diejenige nach der Herkunft unserer Gelder. Wir haben auf der einen Seite Mitgliedseinnahmen und Bandenwerbeeinnahmen mit langjährigen Partnern, bei denen wir uns gerade jetzt herzlich bedanken möchten. Was uns allerdings derzeit wegbricht, sind die Pachteinnahmen für unser Sportheim. Das Pächterehepaar, dem seit März die Einnahmen fehlen, kämpft um seine Existenz. Die nunmehr bestehende 10-jährige Partnerschaft und die gewachsene familiäre Beziehung sind für uns wichtige Gründe, den Pächtern zu helfen. Daher haben wir von uns aus angeboten, die Pacht für einen längeren Zeitraum auszusetzen. Unsere Kosten laufen aber wie in einem Unternehmen weiter. Da sind Versicherung, Steuern, der ein oder andere Angestellte wie Trainer oder Platzwart. Das läuft alles ungekürzt weiter. Wir hoffen jedenfalls, dass wir bald wieder in den Regelbetrieb kommen und der Sportbetrieb wieder aufgenommen werden kann.

„Finanziell ist die Absage für uns nicht so bedeutsam, weil wir ja kein Verein sind“, ist Oberschäffler Wolfgang Grimm erleichtert. „Der Festzeltverleih und die Brauerei waren überdies so kulant und haben keine Abstandszahlungen verlangt. Ebenso die Musikkapellen, die bereits engagiert waren. Wir werden die Firmen eben beim nächsten Mal wieder ansprechen und hoffen, dass viele Zuschauer kommen.“

Wie kann es weitergehen?

Die drei Betroffenen haben sich, wie die vielen anderen Vereine oder Institutionen, die dieses Jahr ebenfalls etwas Besonderes zu feiern gehabt hätten, Alternativen ausgedacht.

„Die Verschiebung unseres Festes ins nächste Jahr fängt die Traurigkeit darüber, dass es dieses Jahr ausfallen muss, aber auf“, legt SG-Eintracht-Kleinheubach-Vorsitzender Peter Fiebelkorn dar. „Ich denke, die Vorfreude ist dann umso größer. Wir haben ja noch mehr Planungsvorlaufzeit. Was sich wohl nicht vermeiden lässt – so gut man auch plant, sind Terminkollisionen mit anderen Vereinen, denn nächstes Jahr sind wieder andere Vereine mit runden Jubiläen an der Reihe. Hinzu kommt, dass im Augenblick jeder Verein seinen Termin absagt oder eben auch verschiebt.“

„Wir freuen uns jetzt schon auf den Schäfflertanz im nächsten Jahr, denn wir haben bereits einen neuen Termin festgelegt“, blickt Oberschäffler Wolfgang Grimm nach vorne. „Das Fest geht im nächsten Jahr über zwei Tage. Am 9. Mai 2021 findet der traditionelle Schäfflertanz statt. Bereits am Tag zuvor gibt es Tanzmusik im Festzelt am Steinbruch. Generell sehe ich für die Zukunft der Gruppe keine Probleme. Die Schäffler sind eigentlich Büttner bzw. Fassmacher und haben in der Pestzeit den Menschen durch ihren Tanz wieder Mut gemacht. Entstanden ist der Tanz im Mittelalter in München. Von dort hat ihn ein Schlossergeselle im Jahr 1887 nach Stadtprozelten gebracht. Durch den Tanz kamen die Menschen wieder aus ihren Häusern. Da sind Durchaus Parallelen zu Corona zu sehen, wo allmählich die Beschränkungen wieder gelockert werden. Der Schäfflertanz ist der Tanz nach der Pestzeit. Die Menschen haben sich über die Musik gefreut und darüber, dass sie noch am Leben sind. Wir freuen uns dann beim Schäfflertanz im nächsten Jahr hoffentlich über den Sieg über Corona.“

„Unser Fest haben wir ebenfalls schon ins nächste Jahr verlegt“, meint Gerhard Schäfer vom OGV Kirchzell abschließend. „ Wir feiern dann eben 25 plus 1 und zwar am 27. Juni 2021, wieder mit dem Tag der offenen Gartentür. Das soll einfach ein schöner Tag werden. Ob allerdings die Ehrengäste, darunter Günther Oettinger, der Kreisvorsitzende des Kreisverbands Garten Miltenberg, Otto Hünnerkopf, der stellvertretende Landesvorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins, und Landrat Jens Marco Scherf, die für dieses Jahr bereits zugesagt hatten, auch im nächsten Jahr kommen können, ist ungewiss. Wir werden aber, jetzt eben mit den gültigen Hygiene- und Abstandsregeln, unseren Friedhofspflanzenpflegekurs – der übrigens einmalig in Deutschland ist – wie geplant am 30. Mai zum nunmehr 3. Mal durchführen.“

Autor:

Andrea Kaller-Fichtmüller aus Miltenberg

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