Wenn Strohmärtel und Belsenickel vor der Tür stehen

Theatervorstellung in Bürgstadt zur Weihnachtszeit in den 1920er Jahren. Das Bild stammt aus dem Nachlass von Schneidermeister Ferdinand Reichert (*1900 +1975), der in den 1920er Jahren viele Fotos in Bürgstadt auf Glasplatten anfertigte. Zur Verfügung gestellt von Thomas Hofmann aus Bürgstadt.
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  • Theatervorstellung in Bürgstadt zur Weihnachtszeit in den 1920er Jahren. Das Bild stammt aus dem Nachlass von Schneidermeister Ferdinand Reichert (*1900 +1975), der in den 1920er Jahren viele Fotos in Bürgstadt auf Glasplatten anfertigte. Zur Verfügung gestellt von Thomas Hofmann aus Bürgstadt.
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Alte und fast vergessene Adventsbräuche in der Miltenberger Gegend

Es ist nicht zu übersehen: Weihnachten rückt näher. Die Straßen und Geschäfte werden immer voller, es ist überall geschmückt und Plätzchen, Lebkuchen und Stollen gibt es schon ab September zu kaufen. Die Weihnachtsdekoration wird spätestens im November angebracht und von der ruhigen, besinnlichen und geheimnisvollen Vorweihnachtszeit spürt heute kaum noch jemand etwas. Es ist eine hektische Zeit und mancher wünscht sich vielleicht ein wenig Romantik und Stille in diesen Wochen zurück. Der NEWS-Verlag wird in den Vorweihnachtswochen alte Bräuche und Rituale aus der Miltenberger Gegend vorstellen, vielleicht haben Sie Lust und lassen das alte Brauchtum – zumindest teilweise - bei sich wieder aufleben.

So bereitete man sich früher auf Weihnachten vor

Früher gab es viele verschiedene Fastenzeiten und auch die Vorweihnachtszeit gehörte dazu. Die Weihnachtszeit währte auch länger als heute, nämlich von St. Martin (11.November) bis Maria Lichtmeß‘ (2. Februar). Die Bräuche unserer Vorfahren waren sehr vielfältig und variierten oft von Ortschaft zu Ortschaft.

St. Martin - 11. November

Für die Bauern ging die Erntezeit und für alle ein mühevolles Arbeitsjahr zu Ende, deshalb gab es an St. Martin einen Festschmaus. Es wurde nochmal mit Gänsebraten und Wein geschlemmt, denn bald begann die Fastenzeit. Überall wurde am Abend gezecht und geschmaust. Bei Tanz und Spiel wurde gefeiert und auch die Armen gingen nicht leer aus. Der Martinstag war einst auch Lostag d. h. Mägde und Knechte wechselten ihre Dienststelle oder blieben wieder ein Jahr bei ihrem alten Herrn. Vielfach übergab der Gemeindehirte seinem Bauern nach einem letzten festlichen Umtrieb das Vieh mit einem Wacholderzweig – der Martinsgerte. Was ist davon geblieben? Kindergärten und Vereine ließen den Brauch wieder aufleben. Unter Führung des hl. Martin, der als Bischof auf hohem Roß vorausreitet, folgen ihm Kinder mit Lampions und ziehen singend durch die Gemeinde.

St. Kathrein – 25. November

Am 25. November, dem Tag der Hl. Kathrein war Schluss mit feiern. „Kathrein schließt Geigen und Besen ein“ lautet ein altes Sprichwort. In dieser „geschlossenen Zeit“ geziemte es sich nicht zu tanzen und zu heiraten. Auch keine anderen „Lustbarkeiten“ durften stattfinden und es sollte alles leiser werden. Die Menschen haben sich abends reihum in den Häusern getroffen. Die Frauen haben gestrickt und gesponnen und die Männer ihre Rechen ausgebessert. Dazu wurden meist (gruselige) Geschichten erzählt oder fromme Lieder gesungen. „Wer bis jetzt kein Schätzchen gefunden hatte, wird nun lange Zeit allein bleiben müssen“ hieß es in dieser Zeit.

St. Andreas - 30. November

Diese Nacht ist die letzte Nacht im alten Kirchenjahr. Es ist eine geheimnisvolle Nacht – voller Unruhe und seltsamer Dinge.
Aus dem Buch „Fränkische Bräuche zur Weihnachtszeit“ von Reinhold Worschech ist folgendes zu entnehmen.
In einigen Ortschaften um Miltenberg übten auf dem Nachhauseweg die Mädchen in der Andreasnacht das „Zaunmessen“. Dabei streckten sie ihre Arme weit aus und nahmen mit dieser Spannweite die Länge eines Zaunes ab. So viele Latten am Schluss übrigblieben, so viele Jahre dauere es noch, bis der erwünschte Freier käme. Heutzutage befragt man auf andere Weise die Zukunft. Da ist auch der Brauch längst vergessen, dass man dann bei einem Blick durchs schmale Dachfenster seinen Schatz erblickt, wenn man einen Salzhering verspeist und dabei rückwärts die Bodenstiege hinaufsteigt. In der Miltenberger Gegend gehörte der Salzhering zu den neunerlei Speisen, die am Andreasabend auf dem Tisch stehen sollten. Als probates Mittel gegen Viehseuchen und andere Krankheiten sind dann die abgenagten Heringsköpfe angeblich an die Stallwände gespießt worden.

Nun beginnt die Adventszeit

St. Barbara - 4. Dezember

An diesem Tag schnitt man in früherer Zeit gerne kleine Bäume oder Zweige von Steinobst. Bevorzugt Zwetschgen-, Kirschen- oder Weichselzweige. Sie wurden in der warmen Stube in Kannen mit Wasser gestellt. Wenn sie dann am Hl. Abend ausgetrieben hatten und blühten, wurden sie wie ein Christbaum mit allerlei Zuckerwaren geschmückt. Nach alter Überlieferung würde man am besten die Kornelkirsche zum rechtzeitigen Blühen bringen.

Nikolaustag - 6. Dezember

Der heutige Nikolaus oder Weihnachtsmann jagt den Kindern keine Schrecken mehr ein. Der frühere Nikolaus jedoch war eher ein rauer Geselle und hatte wenig mit dem hl. Bischof zu tun. Schon die unzähligen Namen, oft von Ort zu Ort verschieden, lassen allein von der Bezeichnung her eher an vermummte, furchterregende Gestalten erinnern, als an den gütigen Heiligen: Strohmärtel, Pelzmärtel, Butzenmärtel, Belsenickel, Rollermärtel oder Rußmärtel. Mit Ketten umwickelt, einen großen Reisigbesen in der Hand war der Nikolaus der früheren Zeit eher ein Schreckgespenst für die Kinder. Meist setzte es erst einmal Hiebe, bevor kleine Gaben wie Nüssen, Äpfel oder Zuckerwerk verteilt wurden und die Kinder sahen diesem Tag mit gemischten Gefühlen entgegen.

Mariä Empfängnis - 8. Dezember

Früher ging man an diesem Fest in den katholischen Gemeinden zur Messe und betete zu Maria. Von diesem Tag an machten die Kinder Kreuzchen auf ein Blatt für jede gute Tat. Denn für jede gutgemeinte Bemühung würde ein Federchen für das Christkind in die Wiege gelegt, damit es recht weich liege.

St. Luciatag - 13. Dezember

Lucia tritt als Licht- und Gabenbringerin auf, aber auch als Schreckgestalt, die sogenannte Lutzelfrau. Der 13. Dezember war für manche Paten der Zeitpunkt, den „Douderweck“ zu überbringen. Die „Lucimähler“, festlich-üppige Essgelage, gibt es längst nicht mehr. Das Brauchgeschehen hat sich an diesem Tag völlig verflacht.

Thomastag - 21. Dezember

Die Thomasnacht ist die längste Nacht des Jahres. Der Thomastag ist wieder ein so genannter Lostag. Träume in der Thomasnacht sollen wahr werden. Wie an Silvester wurde in den Spinngemeinschaften oder im engen Familienkreis Blei gegossen, um Zukünftiges vorauszusehen oder zu deuten. Beim Schlafen solle man den Bettzipfel fest in die Hand nehmen, nur so würde man den Zukünftigen oder die Braut im Traume sehen. Auf den Christmärkten war der Thomastag einer der wichtigsten Haupteinkaufstage.
Die weiteren Bräuche bis Maria Lichtmeß‘ können Sie im nächsten Beitrag nachlesen.

Quelle: „Fränkische Bräuche zur Weihnachtszeit“ von Reinhard Worschech

Theatervorstellung in Bürgstadt zur Weihnachtszeit in den 1920er Jahren. Das Bild stammt aus dem Nachlass von Schneidermeister Ferdinand Reichert (*1900 +1975), der in den 1920er Jahren viele Fotos in Bürgstadt auf Glasplatten anfertigte. Zur Verfügung gestellt von Thomas Hofmann aus Bürgstadt.
Alte Model, mit denen früher Plätzchen gebacken wurden. Plätzchen und Gebildbrote gehörten damals immer zu Weihnachten.
Autor:

Liane Schwab aus Miltenberg

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