Beitrag 17 zur Serie "Kirchenjubiläen Miltenberg"
„Versöhnte Verschiedenheit“- Ökumene aus katholischer Sicht.
Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein taten sich die christlichen Konfessionen schwer mit der Ökumene. Man setzte eher auf Abgrenzung und Profilierung als auf gemeinsame Zusammenarbeit. Zwar gab es auch früher schon Beispiele einer guten und pragmatischen Zusammenarbeit, zum Beispiel beim Bau der evangelischen Kirche in Miltenberg 1897. Aber das war eher die Ausnahme. Die Erfahrungen von Nationalsozialismus, Kommunismus, von Krieg und Vertreibung stärkten den Blick für das Gemeinsame. Zudem wurde durch die Flüchtlingsströme aus dem Osten die konfessionelle Landkarte neu aufgemischt. Zuvor geschlossen katholische oder evangelische Landstriche hatten plötzlich einen starken Bevölkerungsanteil der anderen Konfession. In vielen Orten stellten Kirchengemeinden großherzig ihre Gotteshäuser auch Mitgliedern der anderen Glaubensrichtung zur Verfügung. Andernorts „fremdelte“ man noch lange mit den „Anderen“. 1954 bekamen die katholische Stadtpfarrkirche und die evangelische Kirche in Miltenberg zeitgleich ihre neuen Glocken, die klanglich aufeinander abgestimmt waren. Für die unmittelbare Nachkriegszeit war das schon beachtlich.
In der katholischen Kirche setzte mit dem 2. Vatikanischen Konzil auch ganz offiziell ein Umdenken ein. Von nun an war der Focus auf die Zusammenarbeit mit anderen Konfessionen gerichtet, freilich bei Wahrung des besonderen Selbstverständnisses der katholischen Kirche. Das Konzept einer „Rückkehr“ der anderen Konfessionen in den Schoß der römischen Mutterkirche verlor zunehmend an Bedeutung. Stattdessen ist heute das Bild der „versöhnten Verschiedenheit“ vorherrschend. Wir achten einander mit unseren Traditionen, respektieren Unterschiede in der Lehre und arbeiten zum Wohl der Menschen auf vielen Feldern zusammen. Das alles im Bewusstsein, dass das gemeinsame Band der Taufe stärker ist als alles Trennende. Die gemeinsamen Herausforderungen durch Säkularisierung, Mitgliederschwund und Personalmangel verstärken gerade in Deutschland die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Das gemeinsame Läuten der Glocken der Johannes- und der Jakobuskirche in Miltenberg ist ein schönes Zeichen für diese „versöhnte Verschiedenheit“, ebenso auch die ökumenischen Gottesdienste im Verlauf des Kirchenjahres, das ökumenische Gemeindefest und die Unterstützung sozialer Aktionen wie dem „Martinsladen“ und der Nachbarschaftshilfe. Seit einigen Jahren ist erfreulicherweise auch die evangelisch-freikirchliche Gemeinde in Miltenberg mit im „ökumenischen Boot“ unserer örtlichen „Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen“ (ACK).
Text: Pfarrer Jan Kölbel
Autor:Cornelius Faust aus Miltenberg |
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