Bildergalerie und Essay
Romantische Sehnsuchtsorte: Außergewöhnliches Konzert auf die "stillen Tage" zu.
„Wie still. wie weit.“ - Herausragende musikalische Darbietungen begeisterte Publikum
Preisgekröntes „Ensemble Sonamento“ war zu Gast in der Wertheimer Stiftskirche .
Wertheim. Fast hundert Besucherinnen und Besucher hatten sich am vergangenen Samstagabend, 19.10.2024, in der altehrwürdigen, geschichtsträchtigen, klangvollen Stiftskirche eingefunden, um einem außergewöhnlichen Konzert beizuwohnen, das nach neunzig Minuten Vortrag sicherlich auch noch später nachhaltige Wirkung bei manchem Gast gezeigt haben könnte.
Präsent waren vierzehn Akteure des Männerchors Ensemble Sonamento Limburg, Preisträger des Hessischen und Deutschen Chorwettbewerbs unter der Leitung von Jakob Deckers und Fabian Fante.
Eingeladen hatte dazu als Veranstalter die Evangelische Kirchengemeinde Wertheim. Der neue Bezirkskantor Carsten Klomp sprach eine kurze Einführung und betonte vor allem den wunderbaren musikalischen Fokus der einstigen Domsingknaben, die sich als Gruppe im Jahr 2017 gründeten und inzwischen zu einem ideen- und erfolgreichen, weit bekannten Männer-Kammerchor avancierte.
Stille und Weite.
Das Motto „wie still. wie weit“ setzte schon bei manchem Gast so manche Assoziation frei und machte neugierig. Kann ein Konzert „Stille“ ausdrücken? Was ist mit „Weite“ gemeint?
Wer durch die Wertheimer Innenstadt an diesem späten Oktobernachmittag schlenderte, erlebte überall noch Betriebsamkeit: laute, gut gelaunte Besuchergruppen tranken ihr letztes Glas Bier oder Wein vor Ladenschluss vor Cafés & Co.
Allmählich schlich auch herbstliche Kühle durch die dunklen Winkel und die geheimnisvoll anmutenden Nebengassen.
Familien zog es heimwärts, vielleicht etwas unterkühlt und frierend. Kids erprobten mit schallendem Gelächter Echo und Nachhall.
Einige Restaurants füllten sich nach und nach. Außenmobiliare, Stühle und Tische der Läden und Geschäfte blieben aber nun unbesetzt.
Stille dominierte dagegen kurz vor 18 Uhr in der geräumigen Wertheimer Stiftskirche. Gespannt wartete das Publikum auf die Musiker: allesamt junge Männer, einstige Sängerknaben, heute im Beruf und Studium stehend, weit verstreut wohnend und lebend in deutschen Landen.
In den letzten Jahren hatten sie wieder gemeinsame Proben und Auftritte, nicht nur in der Region Limburg, im Westerwald, auch darüber hinaus, beispielsweise in Frankfurt, Aachen, oder Stuttgart. Auf einer Kurz-Tournee sind sie derzeit in Thüngersheim in Franken und waren eben erst im nordbadischen Wertheim.
Fast geräuschlos wirkt der Einzug der vierzehn, adrett im Anzug gekleideten Männer vom Langhaus zum Chor. Obst und Früchte, Ährenbündel und Gemüse davor erinnern an das vergangene Erntedankfest
Die aktuelle Osterkerze und andere natürliche Lichtquellen brennen und schaffen eine besonders feierliche, meditative Atmosphäre.
Die melancholisch wirkenden Grabdenkmäler und Epitaphien im vorderen Teil der Stiftskirche sind nicht nur mahnende „Lesebücher“ der Lokalgeschichte, sondern verweisen auch auf eine andere Stille, auf die kommenden „stillen Tage“ Ende Oktober und im November.
Ein farbenprächtiges Rosen-Bouquet am Taufstein nimmt passenden Bezug zum 15 Gesangsstücke umfassenden Konzertprogramm, das die Zuhörerinnen und Zuhörer in eine romantisch, ruhige, rückwärtsgewandte Zeit folgen lässt.
Gesungene Lyrik im Mittelpunkt.
Die Gedichte und Texte romantischer Dichter inspirierten immer wieder nicht wenige Komponistinnen und Komponisten des 19. Jahrhunderts als Ausgangspunkt für eine Fülle von Vertonungen, von romantischen Kunstliedern bis hin zu Chorsätzen, die heute zum Grundrepertoire vieler (Männer-) Chöre gehören.
Dabei werden bekannte und fast schon vergessene, vielfältige Klangwelten deutlich und hochromantische Sehnsuchtsorte und Motive wie Wald, Wiesen, Täler oder die Nacht aufgegriffen.
Poetisch klingen beispielsweise die exzellent, dezent und verhalten vom Ensemble vorgetragenen Gesangsstücke: „Waldeinsamkeit“, „Die zerfallene Mühle“, „Bergesschau“, „Waldbächlein“, „Waldesnacht“, „Nun sage ich gute, süße Nacht“ oder „Ruhe auch du!“
„Gedichte aus der Schulzeit fallen einem dazu ein, Eichendorff und andere Romantiker kommen in den Sinn!“, meinte nach dem Konzert eine Besucherin, Anfang siebzig.
„Richtig! Aber gehörte Gedichte, gesanglich wunderbar wiedergegeben, sind mir lieber, als auswendig- zu- lernende Verse und Strophen“ nickt schmunzelnd ihr gleichaltriger Ehemann.
Auch einige weibliche Jugendliche waren im wiederholt applaudierenden Publikum. Trotz konkurrierender Veranstaltungen in der Region hatten sie sich für das Chor-Konzert entschieden: „Ich spiele selbst ein Instrument und mag vor allem romantische Musik des 19. Jahrhunderts. Da kam mir der heutige Termin sehr gelegen“, resümierte eine 25 - jährige Wertheimerin. Ihr gleichaltriges Gegenüber strahlt: „Zur Erinnerung habe ich sogar einige Passagen per Smartphone gefilmt!“
Fazit: Das Erfolgsrezept des Ensembles Sonamento liegt nicht nur in der langjährigen Verbundenheit und der gemeinsamen musikalischen Ausbildung und im Zusammenhalt, sondern auch und in den aktuellen Auftritten mit anspruchsvoller, klassischer, weltlicher wie geistlicher Chorliteratur unter Einbeziehung moderner Stücke in seinem Repertoire.
Hinweis: Ende September 2024 veröffentlichte der junge Chor seine erste CD „wie still.wie weit.“ – mit Männerchor-Werken der Romantik, die ihm Rahmen des 700-jährigen Stadtjubiläums der Stadt Hadamar veröffentlicht wurde und als CD, als auch bei allen gängigen Streaming-Plattformen erhältlich ist.
Roland Schönmüller
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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