Bildergalerie und Essay
Geheimnisvolles und Brauchtum in den Heiligen Zwölf Nächten.
Regenorakel, Rauhnächte, Radaubrüder.
Sagenumwobene Zeit „zwischen den Jahren“. Die Nächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigsfest am 6. Januar nannten unsere Vorfahren fast schon ein wenig ehrfurchtsvoll die „Heiligen Zwölf Nächte“ oder „die Rauhnächte".
In dieser Zeitspanne „zwischen den Jahren“ und etwas darüber hinaus waren bei den Frauen und Mädchen das Waschen, Nähen und Spinnen verboten, um nicht den Zorn der „Wilden Jagd“, von Frau Holle oder anderer Dämonen, die in dieser Zeit ihr Unwesen treiben sollten, hervorzurufen.
Haus und Hof wurden mit geweihten Kräutern „geräuchert“ oder mit Weihwasser besprengt. Auch war es eine wichtige Zeit für Liebes- und Wetterorakel. So erfuhr man durch trocken gebliebene und feucht gewordene Nuss- oder Zwiebelschalen, in welchen künftigen Monaten es regnen würde.
Außerdem suchte man unruhige Hausgeister für eine gute Ernte zu gewinnen und heimische „Radaubrüder“ mit aufgestellten Leckereien zu besänftigen.
Was sind die Rauhnächte?
Der Name „Rauhnächte" kommt von rauh, was früher soviel wie „wild, haarig, mit Fell bekleidet“ bedeutete. Oder die Bezeichnung leitete sich von „Rauch“ ab, im Sinne von „was zu räuchern gehört“.
Die erste Deutung steht im Zusammenhang mit den dämonischen Gestalten, die - dem germanischen Brauchtum nach - in den sogenannten Rauhnächten gesehen wurden.
Die zweite Interpretation verweist auf den alten christlichen Brauch, das Böse mit Weihrauch und Weihwasser zu vertreiben.
Bereits 1534 schrieb Sebastian Franck in seinem Weltbuch: „Die zwölf naech zwischen Weihenacht vnnd Heyligen drey Künig tag ist kein hauß das nit all tag weiroch rauch in yr herberg mache / für alle teüfel gespenst und zauberey.“
Die Rauhnächte sind bekanntlich die längsten Nächte des Jahres. Einst erzeugten diese meist auch noch stürmischen Winternächte bei vielen Menschen Unruhe, Unbehagen und Ängste.
Wotan und die wilde Jagd wüten am Firmament. In den germanischen Sagen fährt in den Zwölften die Wilde Jagd durch die Lüfte: es ist ein gespenstisches Heer von Toten, dem der Wilde Jäger, wohl Wotan, vorausreitet.
Dieses dämonische Heer versuchten unsere Altvorderen freundlich zu stimmen, indem sie den mythischen Gestalten ein Mahl im Hause zubereiteten.
Haus und Hof hatten sauber zu sein, alle Arbeiten sollten getan sein und aufgeräumt sein, wenn eine der Hauptfiguren dieser Rauhnächte in die Wohnung kam.
Weibliche Wesen zu Gast in den weihnachtlichen Stuben.
Freya, die Gattin Wotans, oder Frau Perchta, auch Berta oder Frau Holle wurden erwartet. Weihnachten oder Dreikönig galten als besondere Perchten-Besuchstage.
Wer Frau Holle Gutes tat, der hatte viel Lohn zu erwarten. Ein Bauer, der ihr einmal in den Zwölften begegnete und ihr den Wagen zur Weiterfahrt richtete - so erzählt eine Sage -, dem haben sich alle Holzspäne in Dukaten verwandelt.
Lärmumzüge gibt es in den Rauhnächten noch heute - nicht in der Luft, sondern per pedes von maskierten Perchten-Burschen im süddeutschen Raum.
Im Corona-Jahr 2021 pausierten diese Radaubrüder vielerorts wie andere lärmende Brauchtums-Akteure landauf, landab.
Zum Jahreswechsel 2022 /2023 wird es sicherlich wieder Silvester-Partys, laute Böller und fulminante Feuerwerke geben - vielleicht mancherorts in etwas abgespeckter Form.
Besinnung und Prävention sind in der gegenwärtigen, noch anhaltenden Krisenzeit wohl eher angesagt.
Frieden im Inneren und der Wunsch, dass bald wieder Frieden auf Erden einkehren möge, dürften mehr im Vordergrund stehen angesichts von Corona, Ukraine-Krieg, Inflation und Energie-Engpässen.
Text und Fotos: Roland Schönmüller
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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