Jugendamtshaushalt geprägt von steigenden Ausgaben

Einstimmig hat der Jugendhilfeausschuss am Montag den Haushaltsansatz des Sachgebiets Kinder, Jugend und Familie für das Jahr 2020 zur Kenntnis genommen und dem Kreistag die Zustimmung zum Zahlenwerk empfohlen.

Wie bereits in den Vorjahren braucht es einen hohen siebenstelligen Zuschuss, damit dieser Ansatz ausgeglichen werden kann. In Zahlen: Einnahmen von 3.328.250 Euro stehen Ausgaben von 12.286.200 Euro gegenüber, so dass der Landkreis unter dem Strich 8.957.950 Euro zuschießen muss. Zum Vergleich: Das Jahr 2019 wird laut vorläufigen Zahlen mit einem Zuschussbedarf von 8.220.671 Euro abschließen. Dass es etwas besser lief als geplant, führte Jugendamtsleiter Rüdiger Rätz auf die Ausgaben zurück, die nicht so stark wie prognostiziert gestiegen seien. Im Jahr 2020 wird der Zuschussbedarf somit voraussichtlich um neun Prozent über dem vorläufigen Rechnungsergebnis des Jahres 2019 liegen, laut Rätz.

Dass die Ausgaben weiter steigen, führte der Jugendamtsleiter in erster Linie auf die zunehmende Komplexität von Fällen und die immer schwierigeren Bedarfslagen zurück. So habe man es mit einer deutlichen Steigerung im Bereich der Kindswohlgefährdung zu tun, in deren Folge die Zahl der Inobhutnahmen von Kindern steige. Diese Kinder versuche man in Pflegefamilien unterzubringen, bei Bedarf auch in Heimen. Gerade die Heimunterbringung sei aber um einiges teurer, informierte Rätz.

Dass 2020 höhere Ausgaben anfallen werden, sei zum großen Teil auf steigende Bedarfe für stationäre Unterbringungen sowohl bei den Hilfen zur Erziehung als auch den Eingliederungshilfen zurückzuführen. So rechne man alleine für die stationären Unterbringungen mit Mehraufwand von über 882.000 Euro. Das sei im Übrigen ein bayern- und deutschlandweiter Trend, so Rätz. Weniger Ausgaben erwarte man bei der gemeinsamen Unterbringung von Eltern und Kindern (75.000 Euro), durch die staatliche Übernahme von Elternbeiträgen im Kitabereich von 100 Euro (77.000 Euro), den Übergang der Förderschulkosten für die Jugendsozialarbeit an Schulen vom Jugendhilfe- in den Personalhaushalt sowie durch die gelungene fachliche Steuerung im Bereich der Schulassistenzen (94.000 Euro). Das Jugendamt sei stets bemüht, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu steuern, so Rätz. Landrat Jens Marco Scherf nannte hier beispielsweise Steuermöglichkeiten durch regelmäßige Hilfeplangespräche, den Versuch der Gewinnung von mehr Pflegeeltern, aber auch die Verbesserung der Schnittstelle zwischen ASD, Jugendsozialarbeit und wirtschaftlicher Jugendhilfe. „Wir stehen nicht tatenlos da“, stellte der Landrat fest und hoffte, dass die nun betätigten Hebel hoffentlich in naher Zukunft wirken werden.

Über den Abschluss des Projekts Motherschool berichtete Nilüfer Ulusoy (Verein Frauen für Frauen). Im Landkreis hätten 54 Frauen mit türkischen und arabischen Wurzeln das Projekt absolviert. Da die Organisation „Frauen ohne Grenzen“ dieses Projekt nicht mehr weiterführen will, denke man darüber nach, es in reduzierter Form als „Mütterkreis“ weiterzuführen. Da die Fördermittel des Landkreises im Jahr 2019 nicht komplett gebraucht wurden, flossen 3.354 Euro wieder zurück in den Jugendhilfehaushalt. Neu im Landkreis werde das Pilotprojekt Fatherschool sein, das auf dem Projekt Motherschool basiert, so Ulusoy weiter. Hier gehe es darum, Väter in Modulen wie etwa Kommunikation, Prävention von Radikalisierung sowie Vaterrolle zu unterrichten. Basierend auf Interviews von 15 Vätern unterschiedlicher Nationalitäten, sei ein Handbuch entwickelt worden, auf dem der achtwöchige Unterricht für 15 türkische Väter basiere. Um die durch Motherschool gewonnenen Frauen nicht zu verlieren, habe das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales das Pilotprojekt zu „Mutterkreis und Pilotierung Fatherschools zur Gewaltprävention“ erweitert. Der Landkreis wird sich laut einstimmigem Beschluss des Ausschusses mit 2.173 Euro an den Kosten beteiligen – 1667 Euro für das Jahr 2019 sowie 506 Euro für 2020; eine Förderzusage des Staatsministeriums für 2020 liegt aber noch nicht vor.
Einstimmig sprach sich der Ausschuss für die Beteiligung des Landkreises mit maximal 3.483 Euro am neuen Projekt „Leben in Bayern“ aus, das vom Verein Frauen für Frauen

organisiert wird. Hier geht es um praktische Hilfen für das Leben in Bayern. An zehn Abenden bis Ende Mai 2020 sollen Themen wie Erziehung, Bildung und Gesundheit gelehrt werden; neun Interessierte aus arabischen Ländern haben sich bereits gemeldet.
Laut Beschluss des Ausschusses wird auch der Elterntalk in den nächsten fünf Jahren finanziell unterstützt. Mit jährlich bis zu 10.055 Euro wird dieses niedrigschwellige, lebensweltorientierte, medienpädagogische und suchtpräventive Elternbildungsangebot der Aktion Jugendschutz vom 1. Januar 2020 an unterstützt. Dabei treffen sich unter Regie des Vereins Frauen für Frauen Eltern im privaten Rahmen und tauschen sich unter Mitwirkung eines Moderators oder einer Moderatorin über wichtige Erziehungsthemen rund um Medien, Konsum und Suchtvorbeugung aus.
Nach dem altersbedingten Ausscheiden der Fachkraft für Suchtprävention, Thomas Steger, ist die Fachstelle für Suchtprävention seit 1. April 2019 mit Birgit Gardner besetzt worden. Gardner, die seit 19 Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe tätig ist und für das Landratsamt in der Jugendsozialarbeit an Schulen arbeitete, stellte sich im Ausschuss vor. Sie verwies auf mehrere bereits umgesetzte Projekte unter anderem zur Mediensucht, der Medienkompetenz und der allgemeinen Suchtprävention. 2020 plant sie mehrere neue Suchtpräventionsprojekte und Multiplikatorenschulungen. Zudem möchte sie den Bekanntheitsgrad der Fachstelle erhöhen – etwa auf Bildungsmessen, auf Schulleitertagungen, an Elternabenden, mit Broschüren und im Internet.
Laut Gardner sollte der Landkreis ein neues Saftmobil anschaffen. Das derzeitige Saftmobil sei 25 Jahre alt und entspreche nicht mehr den gesetzlichen hygienischen Anforderungen, Auf- und Abbau seien zudem sehr zeit- und personalintensiv. Sie schlug vor, ein neues Saftmobil in Form eines Foodtruck-Anhängers anzuschaffen. Alles Notwendige für einen Verkaufsstand sei vorhanden, größere Auf- und Abbauarbeiten entfielen und der Betrieb lasse sich mit geringerem Personalaufwand bewältigen. Dieses Saftmobil könne innerhalb von zehn Minuten in Betrieb genommen werden, so Gardner. Ziel sei es, frühen und meist risikohaften Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen zu vermindern sowie die Kompetenzen im Umgang mit Alkohol zu fördern. Der Landkreis organisiere den Verleih, Planung, Gesamtverantwortung und die Erstellung von Infomaterial obliege der Fachstelle für Suchtprävention. Der Ausschuss beschloss einstimmig die Bereitstellung von rund 10.000 Euro für die Anschaffung, allerdings soll nach geeigneten Sponsoren gesucht werden, die das Mobil teilweise oder voll finanzieren, ohne dass die präventive Kernbotschaft überlagert wird.

Einstimmig sagte das Gremium Ja zur Anpassung der monatlichen Pauschalbeträge zur Vollzeitpflege vom 1. Januar 2020 an gemäß den Empfehlungen der kommunalen Spitzenverbände in Bayern.
Mehrere Nachbenennungen von Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses sollen dem Kreistag vorgelegt werden. So soll Stéphanie Vieli den Sitz von Reinhild Reuter einnehmen, der Obernburger Polizeichef Bernhard Wenzel durch seinen Miltenberger Kollegen Andreas Lux ersetzt werden. Sollte der Kreistag der Benennung von Stéphanie Vieli zustimmen, wird sie laut einstimmigem Beschluss des Jugendhilfeausschusses Mitglied in diesem Gremium.

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