Bildergalerie und Essay
Schulstart 2021 / 22: Lücken schließen, Abstand halten, lüften
U-Boot-Eltern sein, statt helikoptern!
Landkreis Miltenberg. Die Sommerferien sind bald passé.
In zwei Wochen, am Dienstag, dem 14. September 2021,
beginnt das neue Schuljahr in Bayern.
- Was wünschen sich Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und andere Personen wie Busfahrer, Verkehrsteilnehmer, Passanten usw. vom Schulstart 2021 /21?
- Was muss in der Schule und auf dem Weg dahin angesichts der noch bestehenden Pandemie anders werden?
- Sind im Rückblick auf die bisherige Lockdown-Praxis im vergangenen Schuljahr Verbesserungen in Sicht?
- Welche Erfahrungen können nutzbringend jetzt zum Vorteil aller Betroffenen angewandt werden?
Die bessere Schule
Sind wir mal, ehrlich! Corona hat in den letzten Monaten nicht wenige Schwächen unseres bundesdeutschen Bildungssystems offengelegt, angefangen bei den mangelnden Erfahrungen im Umgang mit der Krise über tatsächliche Defizite in der Kommunikation hin zur einseitigen Betonung der Hauptfächer zu Lasten musisch-sportlicher Angebote.
Doch Kinder und Jugendliche, Lehrkräfte und Eltern können sich jetzt nach den Sommerferien im neuen Schuljahr 2021/22 auf vielfältige Verbesserungen sowie auf die Chance für einen Neuanfang freuen.
Soforthilfe - Vorschläge, was sich in der Schule ändern sollte:
Offen bleiben
Positiv ist schon mal, dass die relativ hohen Impfquoten und die gegenwärtig noch niedrigen Infektionszahlen eine Schulschließung ausklammern. Im Präsenzunterricht wird weiterhin zweimal pro Woche getestet.
Der sogenannte, für alle Kids verbindliche Lolli-Test einschließlich überörtlicher Auswertung ist neu und verspricht, wohl ein Erfolg zu werden.
Geblieben sind die herkömmlichen Hygiene-Maßnahmen, die die Schülerinnen und Schüler im Allgemeinen schon verinnerlicht haben.
Weiterhin müssen in Unterrichtsräumen Atemschutz-Masken getragen werden und für eine gute Durchlüftung der Räume ist ebenso zu sorgen.
Tadellos klappte in den letzten Schulwochen 2020 /21 der Selbsttest. Souverän meisterten die Kids die für alle verbindliche Prozedur und freuten sich über die – die Gesundheit bestätigten – erfreulichen Corona-Test-Ergebnisse nach einer halben Stunde.
Hinschauen
Wünschenswert ist dagegen eine Verbesserung der Kommunikation untereinander: vor allem zwischen Schülern und Lehrkräften. „Da hat sich aber die Beziehungsarbeit schon beträchtlich verbessert!“,
berichtet ein Mittelschullehrer aus dem Landkreis Miltenberg.
Austausch erfolgte per Schul-Cloud oder im Wechselunterricht. Hausaufgaben wurden verteilt, bearbeitet, verschickt, korrigiert und ein Feedback gegeben.
Auch der Vereinsamung der Kinder und Jugendlichen und ihrer individuellen Isolation konnte entgegengewirkt werden. Die Kontakte zwischen Schülern und Lehrer per Schul-Cloud, Telefon, E-Mail und anderer sozialer Medien sollte man in Zukunft nicht abreißen lassen: die bisherige Pandemie-Beziehungspflege war ein Plus-Punkt und Glücksfall in den Corona-Schulwochen.
So erfuhren Lehrerinnen und Lehrer sehr intensiv von den Sorgen und Ängsten ihrer Schülerinnen und Schüler und konnten Hilfen anbieten. Das Kummerkasten-Prinzip funktionierte. Lehrer, Vertrauenslehrer, Schulsozialarbeiterinnen und Schul-Psychologen waren immer wieder gefragt.
Dennoch müssten diesbezügliche Fortbildungen der Lehrer hierzu noch intensiviert werden.
Zeit lassen
„Im neuen Schuljahr muss Zeit sein, für mehr Übungen und Wiederholungen, um Versäumtes oder oberflächlich Behandeltes nachzuholen oder zu vertiefen“, betont eine Grundschullehrerin aus dem Raum Miltenberg. Das sollte ohne Aufholstress und Leistungsdruck erfolgen.
Statt Noten und Prüfungen seien künftig auch wieder kontemplative und kreative Zeit-Einheiten wichtig: zum Chillen und Entspannen, zum Sich-selbst-finden und durch vielerlei gestalterische Angebote wie Musikhören, Phantasiereisen, Mandala-Malen, Töpfern und Collagieren.
Hierfür wäre Platz im Vor- und Nachmittagsbereich, während der ersten vier Wochen oder als Unterrichtsprinzip während des gesamten neuen Schuljahres, bestätigt ein Klassenlehrer aus einer fünften Jahrgangsstufe.
Weglassen
„Weiterhin sollte man in der Schule noch mehr Zeit haben für Dinge, die wirklich wichtig sind und die die Schüler als wertvoll, schüler- und zukunftsorientiert einschätzen sowie das Selbstbewusstsein fördern!“, resümiert eine Neuntklässlerin im katholischen Religionsunterricht.
„Hierfür sind eine Entrümpelung des Lehrplans und das Setzen von Schwerpunkten in fächerübergreifenden Projekten unumgänglich“, bestätigt ein Fachlehrer.
Mutig bleiben
Zur Verbesserung der Motivation und Konzentration sollte der Stundenplan und der Tagesablauf umgekrempelt werden: statt ausschließlich Frontalunterricht müssten künftig auch andere Unterrichtsformen eingesetzt werden: Tätigkeiten am PC und Smartphone, Projektarbeit, das Erstellen von Power-Point-Präsentationen oder Videos per Handy oder Tablet.
Dass durch selbstständige Projekt-Arbeiten in kommunikativen Kleingruppen nachhaltige Lernerfolge gelingen können, bestätigen Heranwachsende, Lehrkräfte und Eltern.
Etwas bewegen
Dennoch ist die Corona-Krise eine Bewegungskrise. Wie groß war die Freude, als im Freien an der frischen Luft die Atemschutzmasken endlich wieder abgenommen werden durften.
Die Begeisterung an Bewegung, Spiel und Sport konnte man vielen Kids in ihren maskenfreien Gesichtern ablesen. „Es lebe der Sportunterricht – momentan nur im Freien“ – dieses Motto dürfte auch im neuen Schuljahr gelten und damit „Bühne frei“ für abwechslungsreiche Parcours-Übungen im Schulhof oder auf dem Sportplatz.
Etwas unternehmen
Wie wär’s zum Schulstart mit einer Klassenfahrt: mit einem Wandertag, einem Ausflug zum Hochseilgarten oder mit einer Paddeltour – nach der Devise: “Hauptsache raus, Hauptsache gemeinsam!“ Solche Events und damit gemachte Erfahrungen gab es schon früher, an ihnen sollte man - unter Beachtung der aktuellen Hygiene-Maßnahmen festhalten und sie fortsetzen.
„Derartige Erlebnisse bleiben nachhaltig in Erinnerung, fördern die Kommunikation untereinander und das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Klasse - gerade jetzt in Corona-Zeiten“, betont eine stellvertretende Schulleiterin.
Zuhören
Apropos Start! Wünschenswert wäre auch ein Fragebogen am Schuljahresanfang als Feedback und Blick in die Zukunft:
„Wie würdet ihr als Schüler das kommende Schuljahr gestalten?“
Oder: „Wo besteht Wiederholungsbedarf“? „
Wo und womit kann man neue Kraft schöpfen?“
Forschung zulassen
Dabei sollten Lehrkräfte künftige Lernstand-Tests und Datenerhebungen nicht als Last ansehen, sondern als Chance, um mehr über schlechten und guten Unterricht herauszufinden.
Sagen, was los ist
Schließlich wäre es wünschenswert, bei der Debatte um eine potentielle Öffnung und Schließung der Schulen von politischer Seite verständliche und ehrliche Argumente einzubringen.
Interviews:
Ein Schulleiter aus dem nördlichen Landkreis: Lücken schließen, Abstand halten, lüften.
„An die eindeutigen Vorgaben des Kultusministeriums müssen sich alle halten. Der Unterricht findet im Klassenverband statt.
Viele unserer Lehrkräfte haben mit großer Kreativität und enormem zeitlichem Engagement Aufgaben erstellt, verteilt, korrigiert und den Schülern eine Rückmeldung gegeben.
Ich habe viel Kreativität und großes Engagement erlebt.“
Malte Loevenich, Bürgstadt: Mit ABC-Schützen den Schulweg rechtzeitig einüben.
„Leider hat durch Corona die Verkehrserziehung in den Kindergärten und Schulen nicht normal stattfinden können, um so wichtiger ist es mit den Kindern den Schulweg entsprechend vorzubereiten.
Mein Tipp an die Eltern: >>Üben Sie den Schulweg mehrmals mit den Kindern, aber trauen sie ihnen nach dem Üben die Strecke auch alleine zu. Verzichten Sie - wenn möglich - auf das Eltern-Taxi.
Falls Sie auf die Fahrt mit dem Auto nicht verzichten können, lassen Sie die Kinder an einer geeigneten Stelle in einiger Entfernung zum Schulgebäude aussteigen. So vermeiden Sie, dass Kinder durch zu hohes Verkehrs-Aufkommen an der Schule gefährdet werden.
Sollten sie Probleme auf dem Schulweg feststellen, können Sie sich gerne an die Kreisverkehrswacht Miltenberg oder an die Verkehrserzieher der Jugendverkehrsschule der Polizeiinspektion Miltenberg wenden. <<“
Sabrina Poppe, Eichenbühl: Kitas und Schulen öffnen!
„Als Erzieherin mit zwei schulpflichtigen Kindern (Matilda sechs & Anton acht Jahre alt) wünsche ich mir sehr, dass die Kitas und Schulen offen bleiben - ohne den Schutz der Kinder zu vernachlässigen.
Luftfilter, mehr Busse, damit die Kinder sich besser verteilen können und weiterhin zwei bis drei Tests pro Woche sind das Mindeste.
Dass es darüber hinaus nach anderthalb Pandemie-Jahren kaum Ideen gibt, ist sehr schade. Zum Schutz der Kinder bis zwölf Jahren sollte auch jeder Erwachsene das Impfangebot nutzen.
Allen Kindern und besonders den Erstklässlern wünsche ich einen tollen Schulstart!“
Regina Graßmann, Bürgstadt: Weniger Lerndruck, mehr Verständnis im neuen Schuljahr
„Wir als Familie (mein Mann Pierre und ich) mit zwei schulpflichtigen Kindern (Fenja neun, Raik sieben Jahre alt) wünschen uns, dass die Schulen endlich ein Luftreinigungssystem installieren.
Somit wäre es möglich, in Zukunft dauerhaft beschulen zu können - ohne wieder auf Home-Schooling umstellen zu müssen.
Die Lehrer sollten weiterhin motiviert bleiben und viel Verständnis für die seelischen Belange der Schüler entwickeln.
Auch wünschen sich viele Schülerinnen und Schüler weniger Lerndruck und einen gerechteren Notenschlüssel!“
Yvonne Difloe , Miltenberg: Ausgeräumte Bedenken bei Schüler-Selbsttests
„Vom Schulstart wünschen wir uns einfach, dass alles so klappt, wie es sich meine Tochter Mia vorstellt. Dazu gehören schönes Wetter und dass alle nach dem ersten Schultag glücklich und zufrieden nach Hause kommen.
Mia geht zu Fuß in die Schule und hat einen kurzen Schulweg, den sie gemeinsam mit ihrer Freundin läuft.
Ich bin der Ansicht, dass die Grundschule Miltenberg alles richtig macht, was die Pandemie- und Hygiene-Maßnahmen angeht.
Am Anfang hatte ich Bedenken, was die Selbsttests angeht. Aber jetzt finde ich sie gut.
Die Lehrerinnen machen einen guten Job und haben es in dieser Zeit auch nicht leicht. “
Mit Elan das neue Schuljahr beginnen - einige Tipps:
- Kann man richtig Lust auf das neue Schuljahr haben? Eigentlich schon, betonen die Fachleute. Wie heißt es so schön: Neues (Schul-)Jahr, neues Glück.
- Zunächst gilt es die restlichen Ferienwochen und -tage noch schlau zu nutzen, dass es für die Kids nicht langweilig wird – durch kreative Beschäftigungen und Spiele, die die geistige und motorische Entwicklung fördern, durch Mithelfen beim Kochen und Backen, durch Einkaufen mit den Eltern, auch durch Museums-, Zoo- und Städtebesuche, die sich als spannenden Lernorten präsentieren können.
- Dann gilt es sich langsam auf den Start ins neue Schuljahr einzustimmen. Richtig in den Ferienalltag eingebunden, schürt das die Vorfreude und erleichtert einen geglückten Schulstart. Hierzu gehört das muntermachende Training eines frühen Aufstehens mit einem gemeinsamen Frühstück, vielleicht vorher mit Frühsport, etwa einer Radtour zum Bäcker.
- Frischer Wind kommt vielleicht auf, wenn gemeinsam neue Schulmaterialien besorgt werden und der Schreibtisch entrümpelt wird.
- Möglicherweise kann man in den Ferien ein Treffen mit Schulfreunden arrangieren. Sie erleichtern den Start und machen Lust auf Schule.
- Kleine Grundlagen-Übungen lassen sich jetzt ohne Stress und Notendruck in den Ferienalltag einbauen: schon eine Viertelstunde Vokabel- und Mathelernen mit Kartei-Karten kann zu erfreulichen Ergebnissen führen.
- Wichtig wären für einen erfolgreichen (Schul-) Neustart noch den Kopf frei zu bekommen für gute Vorsätze, für die Befreiung von Blockaden und Ängsten sowie sich über seine Stärken, Talente, Begabungen, Vorlieben und Lieblingsfächer klar zu werden.
- All das fördert das Selbstvertrauen und hilft Schülerinnen und Schülern, mit Problemen- gerade jetzt in Zeiten von Corana - souveräner umzugehen.
- Für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, dass sich ihre Eltern für sie interessieren, indem sie nach den schönsten, aber auch nach den unangenehmsten Erlebnissen des Schul-Alltags fragen oder sich bei künftigen Problemen mit den Lehrern in Verbindung setzen.
- "U-Boot-Eltern sein, statt helikoptern" - heißt hier die erfolgreiche Devise.
Weitere Bilder und informationen folgen!
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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