Schwalben der Nacht
Diese nützlichen Insektenfresser werden leider immer noch verkannt.
Sie sind keine Vampire, saugen kein Blut und ernähren sich ausschließlich von Insekten – unsere heimischen Fledermäuse. Zu Unrecht gefürchtet, verfolgt und vertrieben, fristen sie seit jeher ein wahres Schattendasein. Sie leben mitten unter uns und fallen doch höchstens als flüchtige Schatten beim Abendspaziergang auf. Während sie früher aus Aberglauben verfolgt wurden, ist heute vor allem die Zerstörung ihrer Lebensräume für den Rückgang der harmlosen und nützlichen Fledertiere verantwortlich.
Schon der Name lässt Falsches vermuten: Fledermäuse sind keine fliegenden Mäuse. Ihr wissenschaftlicher Name Chiroptera, das heißt Handflieger, beschreibt sie viel treffender. Durch eine Umbildung der vorderen Extremitäten zum Flugorgan, sind sie die einzigen Säugetiere, die aktiv fliegen können.
Die kleinsten Vertreter dieser Art sind mit fünf bis acht Gramm Körpergewicht die Zwergfledermäuse. Das Große Mausohr, das bei uns am häufigsten vorkommt, ist mit 35 Gramm Körpergewicht zugleich auch der größte Kobold der Nacht.
Ein Jahr im Leben eines Mausohres
Jedes Jahr im April treffen die Weibchen der Mausohren zusammen mit vielen anderen Freundinnen in den Sommerquartieren ein. Sie hoffen, dass diese Quartiere noch bestehen, denn Fledermäuse kehren immer wieder an den Ort der eigenen Geburt zurück, um auch hier selbst zu gebären. Diese Quartiere nennt man daher auch Wochenstuben. Sehr beliebt sind dafür Dachböden, in denen sie sich in Gruppen kopfüber an den Dachbalken hängen können. Nachts geht es auf Insektenjagd, denn der fast halbjährige Winterschlaf hat alle Fettreserven aufgezehrt.
Die Männchen leben dagegen als Einzelgänger und verbringen den Tag oft unter Dachziegeln, Mauerspalten oder in Baumhöhlen.
Im Juni kommt dann ein einziges Junges nackt und blind zur Welt. Es wird von der Mutter etwa 6 Wochen lang gesäugt. Mit seinen kleinen Milchzähnchen kann sich das Fledermausbaby an den Zitzen der Mutter festhalten und findet dann unter ihrem Flügel Schutz und Wärme. Wenn die Mutter nachts auf Jagd geht, hängt das kleine Mausohr schon selbstständig an der Dachkonstruktion. Die Mutter kommt mehrfach in der Nacht zurück, um ihr Baby zu säugen.
Bei so viel Fürsorge wachsen die Jungen schnell heran. Schon im August werden sie entwöhnt und müssen nun selbstständig auf Insektenfang gehen. Mausohren jagen in Wäldern nach bodenbewohnenden Laufkäfern und im tiefen Flug über Wiesen nach Schnaken, Heuschrecken und Grillen. Im Laufe des Herbstes müssen sie sich genügend Fettreserven anfressen, damit sie den langen Winterschlaf überstehen.
Im Spätsommer und Herbst verlassen sie die Sommerquartiere und ziehen sich in ihre Winterquartiere, die Hunderte von Kilometern entfernt sein können, zurück. Den Winter überdauern sie meist in Ruinen, Gewölbekellern, Höhlen oder Stollen. In diesen frostsicheren Verstecken fallen die Mausohren in eine tiefe Winterschlaflethargie. In diesem Zustand sind sie absolut hilflos und jedes Aufwachen ist mit großem Energieverlust verbunden. Damit sie diese lange, kalte Zeit überleben, sind sie darauf angewiesen, den Winter ungestört „auf Sparflamme“ zu überdauern, um im nächsten Frühjahr wieder ins Sommerquartier wechseln zu können.
Mit welchen Gefahren haben Fledermäuse zu kämpfen?
Die größte Gefahr für diese Nützlinge geht vom Menschen aus. Durch die Zerstörung des Lebensraumes (immer weniger Wiesen und Hecken) und der unbeabsichtigten Vernichtung von Quartieren durch Sanierung, Dachbodenausbau und Anwendung von Holzschutzmitteln, sind im Vergleich zu 1950 die Bestände deutschlandweit dramatisch eingebrochen. Auch der Ausbau der Windenergie in der Zukunft könnte zur Gefährdung beitragen. Die natürlichen Feinde wie Eulen, Marder und Katzen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Auch der Straßenverkehr fordert regelmäßig seine Opfer.
Fledermäuse brauchen Freunde
Damit auch in Zukunft die „Schwalben der Nacht“ bei uns überleben können, brauchen sie ein ganzes Netzwerk an Unterkünften - von der Wochenstube zur Jungenaufzucht über Zwischenquartiere bei den langen Wanderungen bis zu den Winterquartieren. Überall wird renoviert, saniert und neu gebaut und es wird Wert darauf gelegt, dass keine Spalten, Ritzen oder Hohlräume verbleiben. Aber genau diese Nischen braucht die Fledermaus als Unterkunft.
Damit diese nützlichen Flugakrobaten eine Zukunft haben, müssen bestehende Kolonien geschützt werden, indem vorhandene Quartiermöglichkeiten erhalten und zusätzlich neue „Fledermausunterkünfte“ an Gebäuden geschaffen werden. Hier sind die Eigeninitiative des Bauherrn und der Ideenreichtum der Planer gefordert. Der materielle Aufwand ist dafür meist sehr gering.
Mit der Aktion „Fledermäuse willkommen“ informiert das Bay. Landesamt für Umweltschutz wie den Fledertierchen geholfen werden kann. Gebäudeeigentümer, die Fledermäusen eine Unterkunft zur Verfügung stellen, zeichnet das Landesamt mit einer deutlich sichtbaren Plakette am Gebäude aus.
Hilfe und Beratung rund um die Fledermaus
Die untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Miltenberg betreut seit ca. 20 Jahren die Fledermauspopulation im Landkreis. Durch jährliche Zählungen im Sommer- sowie im Winterquartier liegen viele Daten zur Bestandsentwicklung vor. Trotzdem sind die Naturschutzbehörden auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen, denn zahlreiche Gebäude oder Waldgebiete sind bislang noch nicht auf ihre Eignung als Fledermausquartier oder Lebensraum untersucht worden.
Wenn es im Rolladenkasten raschelt
Fledermäuse dürfen auf der Suche nach einem Quartier nicht wählerisch sein, deshalb kann es vorkommen, dass sie nicht nur auf einem Dachboden, sondern beispielsweise im Rolladenkasten oder ähnlichen Verstecken Einzug gehalten haben. In so einem Fall sollte sofort die Naturschutzbehörde beim Landratsamt Miltenberg verständigt werden, denn alle Fledermäuse sind nach EU-Richtlinien geschützt.
Wer diesen interessanten Jägern der Nacht helfen möchte, wendet sich an:
Ulrich Müller
Fachkraft für Naturschutz
beim Landratsamt Miltenberg
Tel. 09371-501-303
Autor:Liane Schwab aus Miltenberg |
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