Gesundheitsregion plus hat Fahrt aufgenommen
Die Gesundheitsregion plus hat im Landkreis Miltenberg im letzten halben Jahr richtig Fahrt aufgenommen – so fasst der Fortschrittsbericht der Gesundheitsregion die zahlreichen Aktivitäten der letzten sechs Monate zusammen.
Im Gesundheitsforum stellte der Leiter der Abteilung Gesundheit und Soziales, Dr. Erwin Dittmeier, am Mittwochabend den Bericht vor, der von der ehemaligen Geschäftsstellenleiterin Judith Seidel verfasst worden war. Dieser Bericht muss halbjährlich dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vorgelegt werden und ist eine Voraussetzung für die Förderung. Darin sind alle Veranstaltungen, Projekte und Aktivitäten aufgeführt, die unter dem Dach der Gesundheitsregion stattgefunden haben – etwa die Gründung des Pflegeverbunds „Pflegenetz Miltenberg“, die Kinomatinee zur Landarztproblematik, der ins Leben gerufene Weiterbildungsverbund für Nachwuchsärzte und vieles mehr. Mit den Worten „Es ist eindrucksvoll, was in dieser Zeit alles geleistet wurde“ stattete Landrat Jens Marco Scherf allen Aktiven der Gesundheitsregion seinen Dank ab. Alles sei nur dank der sehr guten Zusammenarbeit und der aktiven Kooperationspartner möglich gewesen, würdigte der Landrat das Engagement der Akteure.
Ort der praktischen Arbeit sind die drei Arbeitsgruppen der Gesundheitsregion plus. Beate Höltermann, Leiterin der AG Pflege, Palliativ- und Hospizversorgung konzentrierte sich in ihren Ausführungen auf das jüngst gegründete Pflegenetz, in dem sich 21 Pflegeeinrichtungen zusammengeschlossen haben um u.a. gemeinsam Werbung für die Pflegeberufe zu machen sowie Fort- und Weiterbildungen für die Pflegekräfte anzubieten. Das alles passiere, ohne dass eine der 21 Einrichtung ihr individuelles Profil aufgeben müsse, ergänzte Landrat Jens Marco Scherf.
Für die AG Gesundheitsförderung und Prävention stellte Landrat Scherf fest, dass vor allem die Weiterentwicklung des Gesundheitstags durch viele Mitmachelemente sehr gut umgesetzt wurde: „Ein Besuch des Gesundheitstages ist ein Erlebnis für die ganze Familie!“. Dr. Reinfried Galmbacher (AG Gesundheitsversorgung) kündigte den Umzug der Bereitschaftsdienstpraxis am Erlenbacher Krankenhaus an. Diese Praxis werde innerhalb des Krankenhausbereiches umziehen, um die Raumsituation zu verbessern. Sobald man so weit sei, werde man die Öffentlichkeit informieren.
In Dr. Adam Fersch habe man mittlerweile den dringend erwarteten siebten Kinderarzt gewinnen können. Dr. Fersch praktiziere mit einer halben Stelle in Elsenfeld , so Landrat Scherf. Er blickte auf die angespannte Kinderarztsituation im Landkreis Miltenberg zu Lasten der Familien. Adam Fersch, der die von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) freigegebene halbe Stelle besetzt, berichtete von großem Andrang in seiner Praxis. Leider sei es so, dass er bereits Ende Januar die Zahlen für das komplette Quartal erreicht habe. Er würde die Stelle gerne aufstocken – auf eine Dreiviertelstelle oder eine ganze Stelle, die KV könne dies bislang aber nicht genehmigen. Er sei aber mit der KV im Gespräch, um zeitnah eine Lösung zu finden. „Die halbe Stelle reicht definitiv nicht“, bezog Landrat Scherf klar Position. Für die KV bestätigte deren Vertreter Adam Hofstätter die Suche nach Lösungsmöglichkeiten. Leider sei die KV laut den Vorgaben ab einer Versorgungsquote von 110 Prozent gezwungen, keine weiteren Sitze freizugeben – und der Landkreis Miltenberg befinde sich bei 120 Prozent. Die Bedarfsplanung, die auf Zahlen aus den 90-er Jahren basiert, werde laut Informationen von Wolfgang Zöller aber derzeit überarbeitet. Eine ähnliche Situation herrsche leider auch bei der Psychotherapie sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, so deren Vertreterin im Gremium, Kirsten Pijahn..
Kurz wurde die von der Odenwald-Allianz angestrebte zweite Bereitschaftspraxis in Miltenberg diskutiert. Die Entscheidung der KV, eigentlich für Februar angekündigt, werde in Kürze erwartet, so Adam Hofstätter. Grund für die Verzögerung sei die Nachreichung und Prüfung weiterer Umlagen, sagte er. Landrat Jens Marco Scherf sprach von einem schwierigen Spannungsfeld zwischen den legitimen Wünschen der Bevölkerung und dem Bestreben, ausreichend Ärztenachwuchs für den Generationenwechsel in den Landkreis zu bekommen. Im Gremium wurde Skepsis laut, ob der Betrieb einer zweiten Bereitschaftspraxis mit den derzeit zur Verfügung stehenden Ärzten realisierbar ist.
In diesem Zusammenhang berichtete Dr. Reinfried Galmbacher von weiteren Ärzten, die ihre Praxen bereits aufgegeben haben bzw. aus Praxen ausgeschieden sind oder jetzt aufgeben bzw. ausscheiden: Im Bereich Miltenberg handele es sich um drei Ärzte mit insgesamt 1500 Patienten, im Bereich Klingenberg/Erlenbach/Wörth seien es vier Ärzte. Landrat Jens Marco Scherf stellte dazu fest, dass man an einem „Begleitpaket“ arbeiten müsse, um jungen Ärzten im Rahmen von überörtlichen Gemeinschaftspraxen ein „Andocken“ zu ermöglichen. Der im September gegründete Weiterbildungsverbund sei ein erster, sehr wichtiger Baustein, lobte Landrat Scherf das gemeinsam von niedergelassenen Ärzten und dem Krankenhaus gestartete Projekt für junge Mediziner. Alle Bürgermeister seien bereit, mit den Ärzten über die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu reden, signalisierte Landrat Scherf die Unterstützung der Politik an die aktiven Ärzte im Landkreis Miltenberg..
Angesprochen wurde zudem die Notarztsituation im Landkreis, denn dem Landrat waren in der Sitzung des Katastrophenbeirats Probleme bei der Besetzung der Dienste gemeldet worden. Zu aufgetretenen Doppelbesetzungen bzw. Nichtbesetzungen sagte der Geschäftsführer des Rettungszweckverbands, Dr. Meinhard Gruber, dass es sich dabei um ein Kommunikationsproblem gehandelt habe, das mittlerweile gelöst sei. Zu Aussagen, dass das Krankenhaus Erlenbach nicht immer Notärzte bereitstelle, nahm der Ärztliche Direktor Siegfried Beller Stellung. Man sei zurzeit in Verhandlungen mit zwei jungen Ärzten. Zudem habe sich herausgestellt, dass junge Ärzte eher bereit seien für Notarztdienste als ältere. Aber, so Beller, die Ausbildung zum Notarzt brauche auch Zeit.
Landrat Jens Marco Scherf dankte Judith Seidel, der ausgeschiedenen Geschäftsstellenleiterin der Gesundheitsregion plus, für ihren großen Einsatz und ihr Engagement beim Aufbau und der Entwicklung der Gesundheitsregion plus. Seidels Nachfolgerin wird Lena Ullrich, die in Darmstadt Pflege und Gesundheitsförderung studierte und anschließend einen Master-Abschluss in Public Health erreichte. Während des Studiums arbeitete sie zudem in der Pflege. Nachdem Ullrich zum 1. April ihre Arbeit aufnimmt, soll die vom Kreistag genehmigte Stelle einer Präventionsfachkraft nach Ullrichs Einarbeitung besetzt werden.
Einstimmig sagte das Gremium Ja zur Umsetzung des Pflegeverbunds „PflegeNetz Landkreis Miltenberg“ und des „Pflegetalk“ als Fort- und Weiterbildung für die Pflegekräfte.
Ebenso einstimmig fiel die Zustimmung zum Vorschlag aus, dass die Arbeitsgruppe Pflege, Palliativ- und Hospizversorgung vorerst pausiert, da deren Akteure im Hintergrund zur Zeit sehr viel Arbeit leisten – unter anderem bei der Umsetzung der vorgenannten Projekte sowie bei der Fort- und Weiterentwicklung des Palliativ-Hospiz-Arbeitskreises.
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