Kreisstagssitzung
Kreistag sagt Ja zum Kreishaushalt 2024 mit deutlicher Mehrheit

Der Kreistag ist am Montag, 13. Mai, der Empfehlung des Kreisausschusses gefolgt und hat den Haushalt des Jahres 2024 mehrheitlich beschlossen: Investitionsprogramm, Finanz- und Stellenplan, Haushaltssatzung und eine Kreditaufnahme von 5 Millionen Euro wurden genehmigt. Ein großes Lob von Seiten des Landrats und aller Fraktionen erhielt dabei das Team um Kreiskämmerer Steffen Krämer für die Erstellung des Zahlenwerks.

Vor gut gefüllten Plätzen auf der Zuschauertribüne berichtete Landrat Jens Marco Scherf von zahlreichen Vorhaben, die in seiner zehnjährigen Amtszeit angestoßen und verwirklicht wurden. Die Kreisentwicklung sei gut vorangekommen, verwies er auf zahlreiche Investitionen in die Bildung wie die Zweifachsporthalle an der Main-Limes-Realschule Obernburg und den Beginn der Sanierung der Schulturnhallen des Hermann-Staudinger-Gymnasiums in Erlenbach am Main.

In Sachen Mobilität fördere man das Auf-Achse-Ticket wie auch das 49€-Ticket, ebenso Radwegprojekte und baue auch eigene Radwege, mit der Aufgabenträger-Nahverkehrsgesellschaft Amina investiere man in den ÖPNV. Im sozialen Bereich nannte der Landrat unter anderem die Jugendsozialarbeit an Schulen, das PflegeNetz und das Famulaturprogramm zur Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten. Dem Bereich Nachhaltigkeit ordnete er die Biotopkartierung, die Initiative „Fair und regional“ und das Photovoltaikprogramm des Landkreises zu. Die Digitalisierung schreite ebenfalls voran, erklärte Scherf. Er wies aber darauf hin, dass jede Form effizienzsteigernder Maßnahmen in der Verwaltung zunächst personalintensiv sei, da Prozesse nicht „nebenher“ laufen und dauerhaft kostenintensiv sowie extrem komplex seien, solange Bund und Land auf die Entwicklung zentraler Lösungen verzichten. Corona, die Fluchtkrise II und aktuell die Fluchtkrise III führten zu sehr hohen Belastungen etwa im Jobcenter, der Fluchtberatung, im Sozialamt und Ausländeramt sowie im Jugendamt und im Jobcenter, erklärte er und drückte seinen großen Respekt vor dem Einsatz und dem Durchhaltevermögen aller hauptamtlich und ehrenamtlich engagierten Menschen aus.

Der Stellenplan im Haushalt decke den tatsächlichen Bedarf nicht ab, aber auch hier seien
Sparbemühungen sichtbar. Dazu kämen die unzureichende Besetzung staatlicher Stellen und die Unterdeckung der Finanzierung staatlicher Aufgaben im Umfang von zuletzt 3,5 Millionen Euro. Diese Unterdeckung könne man nicht durch Sparen schließen, da der Kreis „zu wenig Gestaltungsmasse bei gesetzlich vorgegebenen und staatlich übertragenen Aufgaben hat.“ Vorwürfe, der Kreis gehe nur an die freiwilligen Leistungen und nicht an die restlichen 99 Prozent, seien realitätsfremd, so Scherf. In diesem Bereich finde man alle Pflichtaufgaben des Kreises, machte er an Beispielen deutlich. Die Abteilungsleiter seien sehr engagiert, um Einsparpotenziale zu finden und zu realisieren, versicherte der Landrat: „Andernfalls wären die Aufgaben in vielen Bereichen nicht mehr zu stemmen“, so Landrat Scherf unter anderem mit Blick auf die Bewältigung der aktuellen Fluchtkrise.

Dem Anspruch des Sparens habe sich der Kreis gestellt – etwa mit umfangreichen Sparmaßnahmen des Ausschusses für Energie, Bau und Verkehr, vielen Sitzungen unter Beteiligung des Gemeindetags sowie einem umfassenden Antrag aus den Reihen des Kreistags, der im Kreisausschuss umgesetzt wurde und zu Einsparungen von über 2 Millionen Euro sowie Entlastungen von einer knappen halben Million führte. Auch die Arbeitsgruppe zur Stellenplanentwicklung habe wertvolle Arbeit geleistet und etwa im Jugendamt zu Umorganisationen geführt. Scherf kritisierte unter anderem förderrechtliche Hürden und ausufernde Bürokratie, mit denen man konfrontiert sei und sowohl das Arbeiten als auch Einsparungen schwermachten.

Die Aussicht auf die Entwicklung der Finanzplanung der kommenden Jahre sei aktuell erschreckend, stellte Scherf fest und verwies darauf, dass 50 Prozent der staatlichen Sozialkosten durch die Landkreise und kreisfreien Städte getragen werden. Rücklagen habe der Kreis keine, denn in Übereinstimmung mit dem Gemeindetag seien diese aufgelöst worden. Die kommunale Finanzausstattung werde sich nur grundlegend verbessern, wenn Bund und Land aktiv würden, so Scherf. So müssten die Kreise aufgrund fehlender eigener Steuereinnahmen den signifikant steigenden, ungedeckten Bedarf über die Kreisumlage erheben. Die Ausweitung des Haushaltsvolumens 2024 resultiere ausschließlich aus gesetzlichen und tariflichen Leistungsverpflichtungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, verwies Scherf auf Sozial- und Jugendhilfe, Kosten der Unterkunft, Tarifsteigerungen beim Personal sowie Schülerbeförderung und Gastschulbeiträge – alle praktisch nicht beeinflussbar.

Die vorgeschlagene Ausweitung um zehn Stellen sei zum einen auf gesetzliche Anforderungen, übertragene Aufgaben sowie erhebliche Fallsteigerungen etwa bei den unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten zurückzuführen. Das von ihm vorgegebene Ziel einer „schwarzen Null“ in der hausinternen Stellenplanungen sei so von der Realität überholt worden, sagte Scherf und stellte fest, „dass wir mit der Netto-Mehrung um zehn Vollzeitäquivalente nur das Minimum in Sachen Arbeitsfähigkeit sicherstellen.“ Dabei reagiere man weder adäquat auf die Höchstbelastungen und dramatischen Fallsteigerungen durch die Fluchtkrise im Jobcenter, Sozial-, Jugend und Ausländeramt noch auf die zusätzlichen Anforderungen aus den komplexen Anforderungen der Digitalisierung.

Gemeinsam mit dem Gemeindetag, den Fraktionsspitzen und der Kämmerei habe man alles getan, um zu sparen und sei auf 2,67 Millionen Euro gekommen. Dies solle kein einmaliger Effekt sein, denn man dürfe nicht auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und der kommunalen Finanzausstattung setzen. Weiterhin solle man alles tun, um die Generalsanierung der Berufsschule umzusetzen, appellierte Scherf. Dass der Landkreis seit Jahren eine der niedrigsten Kreisumlage je Einwohner aller Landkreise Bayerns und Unterfrankens erhebt, zeige, dass der Kreis seinen Haushalt nach sparsamen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit Blick auf die Finanzsituation der Gemeinden führe. Gemeinden und Bezirk hätten überproportional an der gestiegenen Umlagekraft partizipiert, der Landkreis habe gleichzeitig zum Wohle der Gemeinden die liquiden Mittel unter das notwendige Niveau zurückgefahren. „Kommunenfreundlicher kann ein Landkreis objektiv betrachtet nicht handeln“, steht für Scherf fest.

Für 2024 plane man mit einem Jahresergebnis von 622.600 Euro, einer „schwarzen Null“. In der mittelfristigen Finanzplanung 2025 bis 2027 werde jeweils mit einem negativen
Ergebnis geplant. „Der Landkreis ist nach derzeitigem Stand ab 2025 nicht in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen“, wurde der Landrat deutlich. Mit dem Hebesatz von 43 Prozent sei es knapp möglich, einen gesetzmäßigen, ausgeglichenen Haushalt zu beschließen. Der Kreishaushalt 2024 bringe unter schwersten Rahmenbedingungen Gutes voran wie etwa die Photovoltaikanlage und die klimagerechte Entgasung der Deponie Guggenberg, die Sanierung von Kreisstraßen sowie Bau und Sanierung von Radwegen, die Digitalisierung der Schulen, die Stärkung des überörtlichen Brand- und Katastrophenschutz, den nachhaltigen Bau der Zweifachturnhalle Obernburg, das Voranbringen der Sanierung der über 50 Jahre alten Schulturnhallen am HSG und die Planung der Generalsanierung mit Neubau der Berufsschule.

Für die CSU-Fraktion kritisierte Armin Bohnhoff, dass die Kommunen 8,4 Millionen Euro mehr Kreisumlage bezahlen müssen und daher sparen oder sich verschulden müssten. Der weitere Anstieg der Kreisumlage werde diese Situation weiter verschärfen. Man müsse daher nicht nur an die freiwilligen Leistungen herangehen, sondern auch an die weiteren Aufwendungen. Dazu müssten Abteilungsleiter aufzeigen, wo eine Summe von 4,2 Millionen Euro eingespart werden kann. Auch die Aufgabenkritik sei laut der CSU nicht ausreichend erfolgt. Schon 2020 hätte man sich, wie von der CSU damals gefordert, auf die Einnahmenseite und eine Aufgabenkritik fokussieren müssen. Die Zehn-Jahres-Bilanz des Landrats habe seiner Meinung nach viel Schatten. Man müsse das Landratsamt wie ein Unternehmen führen, so der Fraktionsvorsitzende. Kritisch sehe die CSU zudem den geänderten Abfuhrrhythmus der Restmülltonnen. Bohnhoff forderte weiter die „Abschaffung von Kümmerern“, die besser in den Fachgebieten anzusiedeln seien, eine konsequente Aufgabenkritik und die Attraktivierung des Landkreises. Hierzu kündigte er Anträge der CSU an, so zur ärztlichen Versorgung. Es gelte insgesamt, das Ausgabenproblem in den Griff zu bekommen.

Für die Freien Wähler konnte Thomas Zöller die gestiegenen Kosten für Personal aufgrund gestiegener übertragener staatlicher Aufgaben nachvollziehen, was sich vor allem im Jugendamt und im Sozialbereich niederschlage. Mehrere eingebrachte Sparvorschläge in Höhe von über 2 Millionen Euro seien umgesetzt worden, stellte er fest, „da kann man nicht meckern.“ Wichtig war es Zöller, weiter zu investieren, vor allem in die der Berufsschule. „Das sind wir dem Handwerk und den Schülerinnen und Schülern schuldig“, so Zöller. „Wo bleibt das Konnexitätsprinzip?“, fragte er und forderte Bund und Land auf, für übertragene Aufgaben auch zu bezahlen.

Petra Münzel (Bündnis 90/Die Grünen) hob die „äußerst gemeindefreundliche Finanzpolitik“ des Landkreises seit 2014 hervor. Der finanzielle Spielraum des Kreises auch deshalb nun äußerst gering, verwies sie auf einen intensiven Diskussionsprozess, in dem man fast 2,7 Millionen Euro Sparpotenzial ermittelt habe – auch wenn die Grünen manchen Dingen nur schwer zugestimmt hätten. Digitalisierung sei notwendig, so Münzel, aber sie teile die Hoffnung nicht, dass sich damit Personal und/oder Geld sparen lassen. Ihre Fraktion sage Ja zu den Investitionen in die Berufsschule, aber auch zur Jugendsozialarbeit an Schulen sowie zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

Für Karlheinz Paulus (SPD) wird der Haushaltsspielraum immer geringer, auch weil viele Pflichtaufgaben „von oben“ verordnet werden, ohne dass sie bezahlt werden. Die Digitalisierung sei eine Mammutaufgabe, stellte er fest und forderte den Freistaat auf, digitale Projekte zentral in München anzusiedeln und nicht jeden Landkreis alleine werkeln zu lassen. Auch die SPD stehe hinter der Generalsanierung der Berufsschule, auch wenn dies „eine harte Zeit“ werde.

Günther Oettinger (Neue Mitte) bezeichnete die aktuelle Haushaltslage als „Spiegelbild der politischen und finanziellen Lage in Deutschland.“ Dennoch lege auch seine Fraktion großen Wert auf die Generalsanierung der Berufsschule. An den hohen Kosten für Jugend- und Sozialhilfe könne man nichts ändern, denn das seien übertragene Leistungen. Man müsse nun zusammenstehen, damit man den Landkreis „sicher durch die Untiefen“ steuern könne.

Für die FDP kritisierte Markus Krebs, dass die von Staat und Bund delegierten Aufgaben im Ansatz nicht ankämen, da sie nicht komplett finanziert werden. Er bat die Landtagsmitglieder, dies in München auf die Agenda zu bringen. Eine Verwaltung sei kein Privatunternehmen, verwies er auf begrenzte Möglichkeiten der Reaktion, schließlich könne man nicht einfach Aufgabenbereiche abstoßen. Positiv kam bei ihm an, dass der Kreis versuche, zu sparen und jede mögliche Förderquelle anzuzapfen, um den Haushalt zu entlasten. Er forderte den Kreistag auf, zusammenzustehen, denn die Bürger erwarteten Taten.

Regina Frey (ÖDP) sprach von einem „sehr gut gemachten Haushalt“. Sie zeigte sich von der ständigen Diskussion um die Höhe der Kreisumlage genervt und könnte sich vorstellen, diesen Satz konstant zu halten – falls sich nicht Aufgaben verschieben. In finanzieller Hinsicht litten alle kommunalen Ebenen gleichermaßen, stellte sie fest und erklärte, dass ihre Fraktion auch mit einer Umlage von 44 Prozent hätte leben können. „Wir müssen an die Substanz und den Stellenplan“, forderte sie und würde sich über die Klärung der Fragen freuen, ob nicht jede Aufgabe benötigt wird oder Aufgaben gebündelt
werden können.

Vor dem Beschluss zum Haushalt stellte der Landrat einen mehrere Punkte umfassenden Beschluss des Gemeindetags vor, der interessante Punkte enthalte. Darin wird unter anderem festgestellt, dass die Erhöhung der Kreisumlage im Jahre 2024 unter anderem aufgrund der Tariferhöhungen und der gestiegenen Energiekosten nachvollziehbar ist. Weiter heißt es, dass weitere Steigerungen der Kreisumlage durch Einsparmaßnahmen und effizienzsteigernde Maßnahmen zu vermeiden sind. Die Landkreisverwaltung müsse in allen Abteilungen sensibilisiert werden, nach weiteren Einsparpotenzialen zu suchen. Kritisch gesehen wird die Entwicklung der Personalkosten, besonders durch die Ausweisung von neuen Stellen. Kostensteigerungen durch Tariferhöhungen seien unstrittig, hinterfragt werde aber die Anzahl der jährlich neu ausgewiesenen Stellen. Deshalb fordere man die Festlegung einer jährlichen Höchstgrenze von Stellenmehrungen auf maximal fünf Vollzeitäquivalente. Sollte diese Grenze überschritten werden, sei jede neue Stelle durch eine Stelleneinsparung an anderer Stelle zu saldieren. Scherf schlug vor, die wichtigsten der genannten Punkte als Arbeitsgrundlage für die Aufstellung des
Haushalts 2025 zu verwenden. Das wurde vom Kreistag mit großer Mehrheit so beschlossen. Ein Antrag der CSU, diese Punkte als bindende Vorgabe zu beschließen, wurde aber mehrheitlich abgelehnt. Ob und wie die Punkte Einfluss in den Haushalt finden, muss der Kreistag im Rahmen der Haushaltsverabschiedung im kommenden Jahr entscheiden.

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