Tierwohl
Vorfälle um regionale Schlachtbetriebe verunsichern Verbraucher – News Verlag informiert - Forum für das Handwerk

Die Vorfälle in zwei regionalen Schlachtbetrieben verunsichern die Verbraucher, Tierschützer stellen alle Metzger unter Generalverdacht. Können wir noch mit gutem Gewissen Fleisch essen? Wie steht es mit dem Tierwohl beim „Metzger um die Ecke“? Um Antworten zu erhalten, hat der News Verlag am vergangenen Mittwoch, 9. August 2023, Metzgerinnen und Metzger sowie Landrat Jens Marco Scherf zu einem „Forum für das Handwerk“ eingeladen. Moderator der Gesprächsrunde war Bernd Hoffmann, Verkaufsleiter des News Verlags.

Metzger stehen unter Generalverdacht

Es ging durch alle Medien: Erst die Schließung des Schlachthofes Aschaffenburg, dann die Vorfälle in einem Schlachtbetrieb in ­Hobbach. Dort sollen kranke und nicht verzehrfähige Tiere geschlachtet worden sein.
Auf der Webseite der „SOKO Tierschutz e. V.“ die dem Landratsamt das belastende Material zuspielte, heißt es u.a. „Der so beliebte ,Metzger von nebenan‘ ist der letzte Rückzugsort für das illegale Geschäft mit kranken Kühen.“ Wie gehen die Handwerksmetzgereien damit um? Der Landkreis Miltenberg gehört mit 20 selbstschlachtenden Betrieben zu den Top Ten in Bayern. Überhaupt ist in Süddeutschland die Zahl der kleinen Betriebe, hauptsächlich Metzgereien, aber auch landwirtschaftliche Direktvermarkter oder Anbieter von Wildprodukten, im Vergleich zum Norden der Republik hoch. Landrat Jens Marco Scherf steht hinter den Betrieben: „Es ist eine Kernbotschaft, dass es die kleinen Handwerksbetriebe sind, in denen Inhaber Verantwortung leben.

. „Wir haben uns zu einem spannenden Thema zusammengefunden, das uns alle bewegt“, stellte Verkaufsleiter Bernd Hoffmann fest. Ihn interessierte als Erstes der Umgang mit der aktuellen Situation. Schließlich sei das eigene Handwerk betroffen.
  • . „Wir haben uns zu einem spannenden Thema zusammengefunden, das uns alle bewegt“, stellte Verkaufsleiter Bernd Hoffmann fest. Ihn interessierte als Erstes der Umgang mit der aktuellen Situation. Schließlich sei das eigene Handwerk betroffen.
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André Rüttiger begrüßte am Mittwoch im Namen der Geschäftsleitung des News Verlags die Gäste und freute sich über die rege Teilnahme trotz recht kurzfristiger Einladungen. Warum ein Forum für das Handwerk? „Es gibt eine hohe Qualität im Landkreis, es wird vieles richtig gemacht, und darüber muss man sprechen.“ Redaktionsleiterin Sabine Rindsfüsser betonte, dass der News Verlag das Handwerk unterstütze, indem man mit den Metzgern rede und die Menschen informiere. „Wir haben uns zu einem spannenden Thema zusammengefunden, das uns alle bewegt“, stellte Verkaufsleiter Bernd Hoffmann fest. Ihn interessierte als Erstes der Umgang mit der aktuellen Situation. Schließlich sei das eigene Handwerk betroffen. Alle Teilnehmenden stellten klar, dass die Vorfälle in Hobbach sie sehr schockiert hätten, sie betroffen machten und sie diese einhellig verurteilen. Das Ausmaß der kriminellen Energie sei unfassbar. Alle befürworteten die Schließung der Betriebe.


„Was sagen Ihre Kunden?“

Wenig bis keine Nachfragen gebe es aus den Reihen der Kunden, so der Tenor, zumindest nicht an der Theke. Natürlich sei es ein Thema, aber es werde nur selten direkt angesprochen.
Josef Eck (Metzgerei Heigel & Eck, Großheubach) gab an, dass man große Resonanz auf einen aufklärenden Videobeitrag auf Instagram erhalten habe, der 40.000-mal aufgerufen wurde. Die Reaktionen der Stammkunden seien positiv. Sie würden die klare Positionierung des Unternehmens schätzen und wüssten, dass die Metzgerei auf das Tierwohl achte und strenge Kriterien habe. „Sie kommen weiterhin beruhigt als Kunden zu uns.“ Alexander Schüßler (Metzgerei Schüßler, Erlenbach) konstatierte: „Wir machen uns viel mehr Gedanken um das Thema als die Kunden.“ Rudolf Stenger (Stenger’s Wildkammer, Großwallstadt) erklärte, dass er das in freier Natur erlegte Wild vom Jäger erhalte und somit keine Schlachtung anfalle. Das Wichtigste sei, die Leute aufzuklären. Seiner Meinung nach gebe es wenige schwarze Schafe, die meisten machten ihr Handwerk gut.

Sind strengere Vorschriften notwendig?

Landrat Scherf betonte, wie wichtig es sei, kleine Strukturen zu erhalten, da dort Verantwortung gelebt werde. Das dürfe nicht durch Verschärfungen kaputt gemacht werden. Er sei regelrecht erschrocken über die Aussagen aus dem Umfeld der SOKO Tierschutz e. V.. Dort fordere man jetzt richtig strenge Maßnahmen, die kleinere Betriebe nicht leisten könnten. Man müsse aufpassen, so Scherf, dass die Stoßrichtung nicht dahin gehe, alles Kleine kaputt zu machen. „Nach jedem Skandal wird etwas draufgesetzt, das schließlich durch die Hintertür das Kleinhandwerkliche zerstört. Was da passiert ist, hat in keiner Weise etwas mit den Handwerksbetrieben einer Innung zu tun.“

Christof Eck erklärte, dass für ihn das Tierwohl bereits beim Landwirt mit dem Öffnen der Klappe des Viehtransporters beginne. Auch das Verhältnis des Landwirts zum Tier sei wichtig.
  • Christof Eck erklärte, dass für ihn das Tierwohl bereits beim Landwirt mit dem Öffnen der Klappe des Viehtransporters beginne. Auch das Verhältnis des Landwirts zum Tier sei wichtig.
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Christof Eck (Metzgerei Heigel & Eck, Großheubach) betonte, dass Missstände natürlich aufgedeckt werden müssen, Friedrich Mülln (SOKO Tierschutz e. V.) würde jedoch genau die Personen mit seinen Äußerungen angehen, die sagen „Ich will beim Metzger einkaufen, ich will regionales Fleisch, das nicht um die halbe Welt geht.“ Alexander Schüßler war empört über Müllns Aussage „Auch der kleinste Metzger ist die größte Drecksau“.

Alexander Schüßler (Metzgerei Schüßler, Erlenbach) konstatierte: „Wir machen uns viel mehr Gedanken um das Thema als die Kunden.“
  • Alexander Schüßler (Metzgerei Schüßler, Erlenbach) konstatierte: „Wir machen uns viel mehr Gedanken um das Thema als die Kunden.“
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„Tierwohl und Qualität des Endprodukts stehen in engem Zusammenhang.“

Christof Eck bekräftigte, dass man als Arbeiter großen Wert auf den respektvollen Umgang mit den Tieren legen müsse. „Die Schwester des Tierschutzes ist die Fleischqualität. In den letzten drei Minuten des Tieres kann man mehr kaputt machen als der Landwirt in 7 Monaten.“ Damit stieß er auf breite Zustimmung. Klaus-Peter Gerhart (Wild auf Wild?, Kleinwallstadt) warf ein, auch für ihn stehe und falle die Fleischqualität damit, wie es dem Tier unmittelbar vor der Tötung ergehe.

„Wenn ich vom Landwirt bis zur Schlachtung die ganze Kette verfolge, ist das Tierwohl.“

Christof Eck erklärte, dass für ihn das Tierwohl bereits beim Landwirt mit dem Öffnen der Klappe des Viehtransporters beginne. Auch das Verhältnis des Landwirts zum Tier sei wichtig. Käme das Tier freiwillig, laufe vieles richtig. Beim Transport sowie beim Abladen müsse man vorsichtig agieren. Er achte darauf, dass er beim Weiderind mindestens zwei Tiere abhole, besser seien noch drei bis vier, sodass sie auch beim Abladen im Herdenverband seien.
Alexander Schüßler betonte, man müsse ruhig auf das Tier zugehen, denn jedes Tier reagiere anders.
Josef Eck schilderte seinen Umgang mit Schweinen vor der Schlachtung. „Die Schweine verbringen bereits die Nacht im Stall (des Betriebes in Großheubach, Anm. der Red.) und werden früh am Morgen geweckt, berieselt, weil sie es gerne nass haben, und nochmals rund 45 Minuten in Ruhe gelassen. Die Beleuchtung im Schlachtbereich hat nur 100 Lux, um die Tiere nicht zu blenden. Stallwände und Boden sind grün, weil das beruhigend wirken soll.“ Er sage zu seinen Kunden, man müsse wissen, um Fleisch zu essen, muss ein Tier geschlachtet werden.“

Markus Kuhn (Metzgerei Markus Kuhn, Sulzbach) schlachtet selber, lässt aber auch schlachten. Spezialisten, die es gut können, seien wichtig, so seine Meinung. „Auch auf dauernde Personalwechsel soll verzichtet werden.“ Das sei im Schlachthof ein Teil des Problems. Wenn er selbst schlachte, sei das noch mal eine andere Qualität. Sein Tierschutz sei, das Tier gut zu behandeln und es schonend zu Ende zu bringen.
Josef Eck ergänzte, dass es auch einen Unterschied mache, dass man im Metzgerbetrieb eine kleinere Anzahl an Tieren in 60 Minuten schlachte als in einem regulären Schlachtbetrieb. Im Metzgerbetrieb seien drei bis dreieinhalb Minuten pro Tier, im regulären Schlachtbetrieb dreißig Sekunden pro Tier üblich. Das sage auch etwas darüber aus, ob der Umgang mit dem Tier schonend abliefe.

Josef Neuberger (Metzgerei Josef Neuberger, Bürgstadt), Obermeister der Metzgerinnung Miltenberg/Obernburg, wies auf die notwendige Fachkenntnis hin. „Als Metzger braucht man einen Sachkundenachweis zum Schlachten.“
  • Josef Neuberger (Metzgerei Josef Neuberger, Bürgstadt), Obermeister der Metzgerinnung Miltenberg/Obernburg, wies auf die notwendige Fachkenntnis hin. „Als Metzger braucht man einen Sachkundenachweis zum Schlachten.“
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Josef Neuberger (Metzgerei Josef Neuberger, Bürgstadt), Obermeister der Metzgerinnung Miltenberg/Obernburg, wies auf die notwendige Fachkenntnis hin. „Als Metzger braucht man einen Sachkundenachweis zum Schlachten.“ Christof Eck räumte ein, dass ein regionaler Schlachthof ja zunächst nichts Verwerfliches sei, denn er ermögliche kurze Wege. „Er muss halt so betrieben werden, dass es passt.“ Sein Vorschlag: die Stückzahl der Schlachtungen reduzieren. Er gab zu bedenken, dass sich durch diese Qualitätsoptimierung der Preis für den Verbraucher erhöhe.

„Meine Tiere – mein Fleisch“ – kleine Betriebe leben Verantwortung

Die Zusammenarbeit und das Vertrauensverhältnis zwischen den Landwirten und den Schlachtbetrieben spielt auch für das Tierwohl eine große Rolle. Oft bestehen schon jahrelange Geschäftsbeziehungen zwischen den Familien, die von Generation zu Generation gepflegt werden. Man kennt sich und weiß genau, wie mit den Tieren umgegangen wird. Josef Neuberger bringt es auf den Punkt „Ich bin froh, dass ich meinen Bauern habe.“

Landrat Scherf betonte, wie wichtig es sei, kleine Strukturen zu erhalten, da dort Verantwortung gelebt werde.
  • Landrat Scherf betonte, wie wichtig es sei, kleine Strukturen zu erhalten, da dort Verantwortung gelebt werde.
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Landrat Scherf stellte die wichtige Rolle der kleinen, selbst schlachtenden Betriebe sowie der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in unserer Region heraus. Es gebe im Landkreis 20 selbstschlachtende Betriebe Diese seien ein „Schatz, den wir gar nicht sehen“. Gehe er zum Metzger, dann sehe er sich einem Menschen gegenüber, der zu dieser Verantwortung stehe. Es sei unbedingt notwendig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Vielen Teilen der Bevölkerung sei nicht klar, dass man in der Region eine kleinbäuerliche Landwirtschaft vorfinde, die nichts mit industrieller Tierhaltung zu tun habe.

Darum schlachten die Betriebe selbst

Der Großteil der Forumsteilnehmer gab an, selbst zu schlachten. Markus Kuhn erläuterte, dass die Qualität aus eigener Schlachtung überzeugt. „Darum halte ich auch daran fest.“ Josef Eck erklärte, dass die Eigenschlachtung durch die maschinelle Ausrüstung, den Platzbedarf sowie das qualifizierte Personal kostenintensiv sei. „Wir schlachten nur mit ausgebildeten Fachleuten mit Meisterbrief.“ Auch Auszubildende wären dabei, das gehöre dazu. Die Produkte seien anspruchsvoll in der Herstellung und man merke sofort, wenn das zu Verarbeitende keine ordentliche Fleischqualität habe. Er fand, man solle auch dem Verbraucher Tipps geben, wie er gute Qualität erkennt. Er nannte Qualitätsmerkmale: Fleisch schrumpfe beim Braten nicht in der Größe, Aufschnitt könne länger im privaten Kühlschrank aufbewahrt werden, ohne schmierig zu werden. Es gebe weitere Anhaltspunkte, an denen der Verbraucher sich rückversichern könne.

Josef Eck schilderte seinen Umgang mit Schweinen vor der Schlachtung.

Einladung an Kunden –Bei Schlachtung dabei sein

Ein unerwartetes Angebot kam von Alexander Schüßler: Bei ihm können Kunden auch bei der Schlachtung dabei sein, er habe nichts zu verbergen. Auch Josef Eck erzählte, dass viele junge Leute und überraschenderweise gerade junge Frauen bereits bei einer Schlachtung dabei gewesen seien und danach sagten: „Hätte ich mir das nicht anschauen können, wäre es eine Qual für das Tier gewesen, wäre ich sofort Vegetarierin geworden.“ Eck schlug vor, dass sich auch andere Betriebe ein Stück weit öffnen und z. B. Führungen anbieten könnten, um durch schonende Schlachtung zu überzeugen.

Auf was kann sich der Verbraucher verlassen?

Bernd Hoffmann sagt abschließend, man habe eine breite Palette kennengelernt. Seitens der Handwerksmetzgereien sei ein starkes Bekenntnis für das Tierwohl und die damit verbundene Fleischqualität zu erkennen. Das Vertrauen zwischen Landwirt, Schlachtbetrieb, Fleischverarbeiter und Kunde spiele dabei eine wesentliche Rolle. Eigene Schlachtung, gutes Fleisch, Tierwohl – das mache sich natürlich auch im Preis bemerkbar. Es sei wichtig, dass die Betriebe den Umgang mit den Tieren, die Schlachtvorgänge und auch die Qualität ihrer Produkte immer wieder dem Kunden bewusst machten. Der Appell an die Politik sei ebenfalls klar: Genau hinschauen und keine übereilte Verschärfung der Auflagen durchsetzen. sari

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