Viele Impulse aus der Gemeindebesichtigung in Amorbach mitgenommen
Amorbach. Zahlreiche Angaben über die Konsolidierungsbemühungen der Stadt Amorbach, Details zum Konzept für das neue Stadthotel und kompakte Erläuterungen zu den Betrieben OWA und AFRISO in Bezug auf den Standort und besondere Anliegen erfuhr Landrat Jens Marco Scherf bei seinem Informationsbesuch am Dienstagnachmittag, 19. Juli 2017 in Amorbach. Mit Bürgermeister Peter Schmitt an der Seite, der die Delegation führte, war ein sechsstündiges Programm zu bewältigen, das mit einer Bürgerfragestunde abgeschlossen wurde.
Neben den Abteilungsleitern der Amorbacher Stadtverwaltung mit Geschäftsleiter Gerhard Köhler, Stadtkämmerer Markus Bechert, Marcus Wörner vom städtischen Bauamt und Allianzmanagerin Linda Plappert-Metz nahmen auch Vertreter der Stadtratsfraktionen teil. Vom Landratsamt waren Lothar Leiblein von der Abteilung Kommunalwesen, Matthias Krah, Jurist und Abteilungsleiter Abteilung 5, Bauwesen, Stefan Pache, Jurist und Abteilungsleiter Abteilung 4, Umweltschutz sowie Kreisbaumeister Andreas Wosnik mit dabei.
Hoher Investitionsstau
Peter Schmitt erläuterte die schwierige finanzielle Situation seiner Kommune mit einem „gigantischen Investitionsstau“ von 20 Millionen Euro. Um eine mittelfristige Leistungsfähigkeit zu erhalten, wird nach Angaben von Kämmerer Markus Bechert seit 2013 eine Stabilisierungshilfe vom Freistaat geleistet. Zudem habe die Kommune eine Bedarfszuweisung von 60 000 Euro erhalten. Die Schulden seien seit 2013 von 12 Millionen auf 9 Millionen reduziert worden. Die Streichung von freiwilligen Leistungen, Schließung des Hallenbads, Anhebung der Realsteuer-Hebesätze und eine Straffung der Verwaltungsstruktur nach dem vorliegenden Personalgutachten mit Entlassungen als Konsequenz seien notwendig gewesen.
Potenzial in der Generierung von Mehreinnahmen sieht Schmitt in dem vom Fürstenhaus zu Leiningen in Angriff genommenem Hotelprojekt und durch eine Attraktivitätssteigerung als Wohn- und Arbeitsort für Familien. Eine stringente Umsetzung der Energiewende mit Einsparungen, Ausschöpfung regenerativer Energiegewinnung sei ein Baustein, um Energiekosten einzusparen. Landrat Scherf riet, ideologiefrei an das Thema heranzugehen. Er regte an, ähnlich wie in Miltenberg mit Fripa, auch in Amorbach eine Kooperation dem Faserplattenhersteller OWA anzustreben, um eine Nahwärmeversorgung für öffentliche Einrichtungen zu erreichen.
OWA will Gütertransport per Bahn
Seit Jahren liegt der Gleisanschluss beim Faserplattenwerk OWA zur Beförderung von Gütern auf der Schiene ungenutzt auf dem Firmengelände. Wie die Geschäftsleitung beim Gespräch betonte, würden 20 000 Tonnen pro Jahr für den Güterverkehr anfallen, wenn der Gleisanschluss reaktiviert werden könnte. Wegen des von der Berufsgenossenschaft geforderten Gefährdungsplanes stehe es nun an, entweder die Gleise zu entfernen oder den Sicherheitsbestimmungen anzupassen. Ob der Gütertransport wieder angekurbelt wird, liegt im Ermessen der Deutschen Bahn, wie Landrat Scherf erklärte. Buchen werde als Güterstützpunkt geschlossen, weshalb Chancen bestünden, den Standort Miltenberg zu stärken. „Wir müssen gemeinsam mit vereinten Kräften daran arbeiten“, so der Landkreischef. Fragen, wie die Genehmigung für den Bau einer neuen Schmelzpfanne, die Entsorgung von alten Deckenplatten mit hohem organischen Anteil wie auch den angestrebten Schienentransport will er ausführlich mit der Geschäftsleitung besprechen. „Da setzen wir uns mal zusammen“.
Expandierendes Familienunternehmen AFRISO
Auf Expansionskurs befindet sich das Familienunternehmen AFRISO, das sich seit 25 Jahren am Standort Amorbach befindet und derzeit hier rund 100 Mitarbeiter beschäftigt. Mit Hauptsitz in Güglingen bei Heilbronn zählt das mittelständische Unternehmen insgesamt mehr als 1.100 Mitarbeiter an den verschiedenen Produktionsstätten und Niederlassungen. Günther Blasinger, der bis 2009 in der Geschäftsleitung tätig war, berichtete, dass der Standort Dietzenbach zu Gunsten Amorbachs aufgegeben wurde. In Amorbach selbst und im Umfeld finde das Unternehmen gute und qualifizierte Arbeitskräfte. Es habe sich herausgestellt, dass es günstiger ist, hier neu zu bauen als in der Region Offenbach teure Mieten zu zahlen. Die Vielfalt der Produkte von Mess- und Regeltechnik, über Haus- und Gebäudetechnik bis hin zur Prozess- und Verfahrenstechnik mit insgesamt 50.000 Artikeln machen Afriso zu einem Allrounder mit Manufakturcharakter, der laut Blasinger „frecher und schneller“ als andere ist, sich nicht nur am Markt behauptet, sondern sich auch noch mit überschaubarem Risiko erweitert.
Ein Stadthotel mit multifunktionalem Charakter
Eine eindrucksvolle Präsentation erhielt die Delegation im Fürstenhaus zu Leiningen, wo Claudia Böhm vom Planteam B aus Michelstadt die visualisierten Details zu der Stadthotel-Planung vorstellte. Hotel Post und Badischer Hof sollen im multifunktionalen Charakter zusammengeführt werden. Sowohl Hotelgästen als auch Seminar- und Tagungsanbietern soll es ausreichend Raum bieten. Als Investor tritt das Fürstenhaus zu Leiningen auf. Seine Durchlaucht Andreas Fürst zu Leiningen erläuterte eingangs, dass zunächst nur der Bau das Hotel Post als Haupthaus angegangen werden soll und dann im zweiten Bauabschnitt der Badische Hof. Ziel ist laut Böhm, die vorhandene Architektur, dort, wo es möglich ist, zu erhalten und mit neuen Gebäuden - modern und frisch - zu flankieren.
„Wenn das Fürstenhaus nicht eingestiegen wäre, wären wir heute noch nicht so weit“, unterstrich Peter Schmitt. Da der Zeitplan eng sei, erhoffe er sich von der Baubehörde des Landkreises eine Beratung, bevor der Stadtrat Anfang August eine Entscheidung fällen wird. Der Landrat sicherte einen runden Tisch in der verbleibenden Zeitschiene zu.
Zum Abschluss der Besichtigungs- und Informationstour kamen die Bürger zu Wort. Es handelte sich überwiegend und Fragen der Bauleitplanung und um das Thema „Illegale Ablagerungen“.
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