Staatsministerin unterstützt Bemühungen um mehr Schienengüterverkehr
In Spitzengespräch auch Qualitätsprobleme der Westfrankenbahn angesprochen
Um den Straßenverkehr zu entlasten und die Umwelt zu schonen, sollen künftig mehr Güter als bisher auf der Schiene transportiert werden – darin sind sich Firmen im Landkreis Miltenberg, Wirtschaftsverbände und Politik einig. Kerstin Schreyer, Staatsministerin im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, hat nun laut Landrat Jens Marco Scherf die Pläne für eine Machbarkeitsstudie begrüßt, die die Potenziale zur Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene ausloten soll. Auch stellte Schreyer finanzielle Unterstützung in Aussicht, so das Ergebnis eines Gesprächs in München, an dem neben Scherf der Landtagsabgeordnete Berthold Rüth und Bürgermeister Peter Schmitt sowie Kreisbaumeister Andreas Wosnik teilnahmen.
Scherf hatte im Juli 2020 erstmals IHK Aschaffenburg, Unternehmen des Landkreises und betroffene Bürgermeister zu einer Fachkonferenz in das Landratsamt gebeten, um Perspektiven des Güterverkehrs zu diskutieren. Einig waren sich alle Teilnehmer, dass für den stark industriell geprägten Landkreis Miltenberg als Teil der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main die Schienenachsen Aschaffenburg – Obernburg/Elsenfeld – Miltenberg und weiter nach Stadtprozelten/Wertheim sowie nach Amorbach/Seckach nicht nur für den Personenverkehr, sondern auch für den Güterverkehr hohe Bedeutung haben. Das belegen aktive, rege genutzte Güteranschlüsse in Obernburg-Elsenfeld (Industriestandort ICO mit eigenem Logistikzentrum mit Bahnanschluss), Kleinheubach (eigener Güteranschluss der Firma Josera) sowie Miltenberg
(Güterverkehr der Hygienepapierfabrik Fripa, Holztransport). Darüber hinaus bestehen stillgelegte, aber dringend wieder benötige Gütergleisanschlüsse wie in Amorbach, wo die Firma OWA rund 12.000 Container jährlich zum Güterbahnhof Frankfurt-West transportiert, um dort Güterzüge zu den Seehäfen an der Nordsee zu bilden. Auch in Faulbach wäre die Reaktivierung eines 28 Hektar großen Industriegebiets unter Einbindung eines eigenen Gleisanschlusses möglich.
Allerdings stößt der bestehende und künftig erstrebenswerte Güterverkehr auf beschränkte infrastrukturelle Möglichkeiten der eingleisigen Bahnstrecken mit begrenzten Begegnungsmöglichkeiten für Züge. Aufgrund gravierender Mängel bei der Fahrplanstabilität erlebten die Menschen, die die Westfrankenbahn nutzen, diese Mängel täglich, weiß Landrat Scherf aus eigener Anschauung und den Rückmeldungen vieler Bürger*innen. Daher haben Landkreis, IHK Aschaffenburg, Unternehmen und Gemeinden ein sehr großes Interesse an der Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie. Diese soll verlässlich und strukturiert die Potenziale für Schienengüterverkehre erfassen und darauf aufbauend die notwendigen (Bau-)Maßnahmen zur Ertüchtigung der Schieneninfrastruktur identifizieren – etwa Überholgleise, Kreuzungspunkte, Verteilpunkte, gegebenenfalls zweigleisiger Ausbau.
Die Pläne für eine in einer weiteren Fachkonferenz im Oktober 2020 konkretisierte Machbarkeitsstudie haben der Landtagsabgeordnete Berthold Rüth, Bürgermeister Peter Schmitt (Vertreter der Gemeinden) und Landrat Jens Marco Scherf vergangene Woche in München der Staatsministerin vorgestellt. Kerstin Schreyer begrüßte demnach die Pläne im Landkreis Miltenberg und stellte eine 50-prozentige Förderung durch den Freistaat nach Beantragung in Aussicht. Ferner wies sie darauf hin, dass der Freistaat für Anfang 2021 eine landesweite Studie zur Optimierung des Güterverkehrs im Freistaat in Auftrag geben werde. Beim Spitzengespräch in München wurde einvernehmlich verabredet, dass sich der Landkreis Miltenberg in die bayernweite Untersuchung integrieren wird. Auftakt wird im Anschluss an einen Workshop auf unterfränkischer Ebene die Auswertung der ersten unterfränkischen Ergebnisse sein, welche dann in einer Machbarkeitsstudie für die Bahnstrecken im Landkreis Miltenberg konkret untersucht werden müssen. Landrat Jens Marco Scherf weist darauf hin, dass es dabei um die Verlagerung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene geht, nicht um zusätzlichen Güterverkehr durch den Landkreis hindurch.
Der Landrat wies in München zudem auf die derzeit gravierenden Mängel bei der Fahrplanstabilität der Westfrankenbahn hin. Das Staatsministerium verwies auf zahlreiche Investitionen in die Beschleunigung der Bahnstrecke: Nach der Doppelspur zwischen
Aschaffenburg Süd und dem Abzweig Nilkheim sowie den Umbauten der Bahnhöfe Kleinheubach und Klingenberg sind derzeit laut Staatsministerium in Planung:
- Erhöhung der Einfahrtgeschwindigkeit zum Hauptbahnhof Aschaffenburg von 40 auf 60 Kilometer pro Stunde.
- Geschwindigkeitsanhebung Aschaffenburg Süd von 80 auf 110 Kilometer pro Stunde.
- Geschwindigkeitsanhebung bei Kleinwallstadt von 100 auf 110 oder 120 Kilometer pro Stunde.
- Erhöhung der Einfahrtgeschwindigkeit Obernburg-Elsenfeld von 40 auf 80/120 Kilometer pro Stunde.
- Geschwindigkeitsanhebung Wörth am Main von 90 auf 100 Kilometer pro Stunde.
- Erhöhung Zufahrt Miltenberg im Bereich Abzweig Brücke/alter Bahnhof von 60 auf 80 Kilometer pro Stunde.
Landrat Jens Marco Scherf schlug dem Staatsministerium als kurzfristige fahrplanstabilisierende Maßnahme die Bestellung eines zusätzlichen Triebwagens der Baureihe VT 642 vor. So könne verhindert werden, dass Verspätungen vom Morgen sich wie in einem Domino-Effekt den ganzen Tag über fortsetzen. Die Staatsministerin begrüßte diese Idee und sicherte eine wohlwollende Prüfung zu.
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