Radverkehrskonzept auf der Zielgeraden

Das Radverkehrskonzept im Landkreis Miltenberg ist auf die Zielgerade eingebogen. Bevor der Kreistag im Mai über die Umsetzung entscheidet, wurden am Mittwoch in einem Workshop im Landratsamt die Themen Fahrradparken, Bike + Ride sowie Infrastruktur für Pedelecs/E-Bikes behandelt.
Nach einführenden Worten von Landrat Jens Marco Scherf befasst sich Andrea Fromberg (Planungsbüro VIA) vor rund 20 Gästen mit quantitativen und qualitativen Anforderungen an das Fahrradparken. Es brauche gute Abstellanlagen, steht für sie fest. So könnten beispielsweise in Geschäftsstraßen und Wohngebieten Auto- in Fahrradstellplätze umgewandelt werden, an Schulen und öffentlichen Einrichtungen könne man mehr Stellplätze anbieten und diese aufwerten – etwa mit einer Überdachung und einem besseren Blick auf die Stellplätze. Um das Konzept Bike + Ride zu unterstützen, gebe es mehrere Abstellanlagentypen für Fahrräder, zeigte sie anhand mehrerer Bilder. Diese müssten dort gebaut werden, wo Radfahrer auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Um das Potenzial im Fahrradparken zu aktivieren, brauche es zentrale Anlagen, die überwacht werden und möglichst auch Service bieten wie etwa Radvermietung, Reparatur und touristische Informationen.
Denis Kollai, Sprecher der Geschäftsleitung der Westfrankenbahn, informierte über die „Bike+Ride-Offensive“, mit der Bundesumweltministerium und Deutsche Bahn den Ausbau von Radabstellanlagen an Bahnhöfen voranbringen wollen. Ziel sei es, bis zu 100.000 zusätzliche Bike+Ride-Plätze deutschlandweit bis Ende 2022 zu installieren, so Kollai.

Die Kommunen vor Ort sollen bei der Einrichtung von Fahrradabstellplätzen logistisch und mit finanzieller Förderung aus der Nationalen Klimaschutzinitiative unterstützt werden. Auch im Bereich der Westfrankenbahn werde sich etwas tun, kündigte Kollai an.

In ihrem Vortrag über „Anforderungen an Infrastruktur für Pedelecs und E-Bikes“ erklärte Andrea Fromberg zunächst den Unterschied dieser beiden Bezeichnungen. So stehe Pedelec für ein Rad, das nur beim Treten von einem Motor unterstützt wird; ein E-Bike dagegen biete Motorunterstützung unabhängig vom Fahren. Der Markt für elektrisch angetriebene Fahrräder sei in den vergangenen Jahren explodiert, verwies sie auf 480.000 verkaufte Räder im Jahr 2017. Ein erhöhtes Risiko hätten deren Fahrer aber nicht, sagte sie. Allerdings falle auf, dass an relativ vielen Unfällen Senioren beteiligt seien. Viele Risiken beim Pedelecfahren gelten auch für das normale Radfahren – etwa das Fahren im Kreisverkehr, die Gefahr von Fußgängern auf Radwegen, hohe Geschwindigkeiten oder abbiegende Lastwagen. Mittlerweile gebe es Pedelec-Kurse, in denen auf das geänderte Fahrverhalten dieser Räder eingegangen wird: etwa auf den abrupten Start und das Halten des Gleichgewichts beim Anhalten und Absteigen. „Mit Risikobewusstsein fahren“, gab sie den Fahrerinnen und Fahrern an die Hand.
Zur Infrastruktur sagte sie, dass man sich auf dem vielbefahrenen Mainradweg den Radvorrangroutenstandard wünscht. Ob es für Alltagsradler eine flächendeckende Ladeinfrastruktur braucht, müsse man diskutieren. Wer das Rad nur auf dem Weg zur Arbeit fährt, könne sein Rad bequem über Nacht zuhause aufladen. Für den Tourismus aber sei eine flächendeckende Ladeinfrastruktur wünschenswert. Auch ein Akkutausch an Automaten im Pfandsystem sei eine Möglichkeit. Von großer Wichtigkeit sei es, das E-Bike-Fahren in der Öffentlichkeit zu präsentieren und dafür zu werben.

Lena Rosenberger, Managerin der Allianz SpessartKraft, erläuterte das mehrfach preisgekrönte Konzept „Wald erFahren“ mit 53 flächendeckenden Ladestationen in 25 Gemeinden. An den Stationen, die sich an Orten mit hoher Aufenthaltsqualität befinden, könne man mit einem Universalkabel verschiedene Akkus laden. Über ein LEADER-Projekt arbeite man in Regie der Sinngrundallianz an der Erweiterung des Projekts. Alle Kommunen im Bereich des Tourismusverbands Spessart-Mainland könnten sich beteiligen, erklärte sie und beantwortete mehrere Detailfragen. Kreisbaumeister Andreas Wosnik ergänzte, dass man bei der Bewertung der E-Mobilität nicht alleine den Blick auf die Zahl der Ladevorgänge werfen sollte. Vielmehr sei es wichtig, diese neue Form der Mobilität mit Ladestationen sichtbar zu machen. Der Landkreis Miltenberg tue dies unter anderem mit der Installation von drei Ladepunkten an Schulen.
Wie aber geht es weiter? Laut Kreisbaumeister soll der Wegedetektiv auf der Internetseite des Landkreises verstetigt werden, auch müssen Förderrichtlinien für Maßnahmen im landkreisweiten Radverkehr ausgearbeitet werden. Ein Budget muss eingerichtet werden, auch sollen die Ergebnisse des Radverkehrskonzepts in das Mobilitätskonzept Bayerischer Untermain eingebracht werden. Wosnik erwartet den Abschlussbericht zum Radverkehrskonzept Ende März, ehe sich der Ausschuss für Bau und Verkehr (2. Mai) und der Kreistag (28. Mai) damit befassen. Der offizielle Abschluss soll im Sommer gefeiert werden. Sollte der Kreistag dem Projekt zustimmen, könnten erste Projekte im Herbst 2019 gefördert werden. Der Kreistag müsse zudem unter anderem entscheiden, ob sich künftig im Landratsamt ein Radverkehrsbeauftragter um den Radverkehr kümmern soll.

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