Mehrere Anregungen für Bahnfahrpläne ab 2019 im Landkreis Miltenberg
Mehrere Themen rund um den Verkehr nahmen einen Großteil der Sitzung des Kreisausschusses am Montag im Landratsamt Miltenberg ein. Der Fahrgastbeirat der Westfrankenbahn brachte mehrere Anregungen ein, Westfrankenbahnsprecher Denis Kollai sprach über die aktuelle Situation seines Unternehmens.
Ernst Bäppler, Andreas Giegerich und Matthias Bess, Mitglieder des Fahrgastbeirats, stellten sich und das Gremium vor, das im April 2016 von der Westfrankenbahn gegründet wurde. Der Beirat, der komplett ehrenamtlich agiert, soll die Bahn unterstützen, den Betriebsablauf und den Service für die Fahrgäste zu verbessern. Sechsmal pro Jahr treffen sich die Mitglieder, die allesamt langjährige Bahnkunden sind. Sie wissen, wovon sie reden – und das machten sie beim Blick auf den Fahrplan deutlich, mit dem die Westfrankenbahn die Ausschreibung für die Fahrleistungen ab Dezember 2019 auf der Maintal- und Madonnenlandbahn gewonnen hatte.
Akribisch hatten die Beiräte diesen Fahrplan unter die Lupe genommen und positive wie negative Beispiele hervorgehoben. Mit Wohlwollen nahmen sie auf der Maintalbahn mehrere zusätzliche Regionalexpresszüge zur Kenntnis, zum anderen fielen ihnen geänderte Abfahrtszeiten für wichtige Anschlusszüge auf: So soll der 16.28-Uhr-Regionalexpress ab Aschaffenburg künftig sechs Minuten früher abfahren, wodurch Bahnkunden im ICE aus Frankfurt den Anschluss verpassen. Seltsamerweise habe der genannte Regionalexpress in Miltenberg aber einen Aufenthalt von 20 Minuten, wodurch der Anschluss nach Wert-
heim entwertet wird. Kritisch merkten sie unter anderem auch an, dass es auf der Madonnenlandbahn an den Wochenenden keine durchgehenden Züge mehr gibt. So müsse ein Bahnfahrer, der samstags und sonntags von Miltenberg nach Seckach fährt, in Walldürn stets 30 Minuten warten. Auch Verschlechterungen im nachmittäglichen und abendlichen Berufsverkehr kritisierten Bäppler und Kollegen: Wer mit dem Regionalex-press aus Aschaffenburg kommt, muss in Miltenberg 23 Minuten auf den Zug nach Walldürn warten.
Unter anderem fordert der Fahrgastbeirat einen Stundentakt auch an Samstagen und Sonntag bei den Regionalbahnen, die an jedem Bahnhof halten. Dies wäre machbar, so Bäppler, die Bayerische Eisenbahngesellschaft müsste die acht notwenigen Fahrten nur bestellen. Ärgerlich sei auch, wenn Fahrgäste aus verspäteten Pendlerzügen aus Richtung Frankfurt und Würzburg ihren Anschluss nach Miltenberg nicht mehr bekommen, da die Westfrankenbahn, um keine Strafe zahlen zu müssen, pünktlich in Aschaffenburg abfahren muss. Verbesserungen seien bereits jetzt möglich, verwies Bäppler auf ein Beispiel aus Hessen, bei dem dies aufgrund politischen Drucks gelungen sei.
Die Anregungen werden nun von Landrat Jens Marco Scherf zusammengetragen und ergänzt und vom Kreistag an die Bayerische Eisenbahngesellschaft übermittelt. Durch politischen Druck erhoffen sich die Kreisrätinnen und Kreisräte sowie Scherf Korrekturen von Fehlentwicklungen.
Eine Kopie dieses Schreibens soll auch Westfrankenbahnchef Denis Kollai bekommen, der dem Gremium über aktuelle Entwicklungen seines Unternehmens berichtete. Er sei froh, dass man die Ausschreibung gewonnen habe, bekannte Kollai und stellte einige Änderungen vor. So werde es wochentags zusätzliche Regionalexpressverbindungen geben; außerdem würden einzelne Züge in Baden-Württemberg verlängert. Er stellte die Fahrzeugflotte vor und kündigte Wlan im Zug an, Steckdosen zum Aufladen von Handys und Laptops, Fahrgastinformationen im Zug in Echtzeit sowie Videoüberwachung für mehr Sicherheit. Jeder Zug werde künftig Schiebetritte haben, so dass ein barrierefreier Zugang möglich sei. Bis 2020 seien alle Stationen im Landkreis barrierefrei, glaubt er. Auch in Miltenberg gibt es dank eines kommunalen Investitionsprogramms Planungen, kündigte er an. Sollte alles klappen, werde man möglicherweise schon 2018 den ersten Aufzug am Bahnhof bauen. Insgesamt drei solcher Aufzüge werde es geben, sagte Kollai, die Bahnsteige in der Kreisstadt würden zudem komplett erneuert. Eine erfreuliche Mitteilung überbrachte er vom Bahnhof Erlenbach, dem bisherigen „Vandalismus-Hotspot“. Dort stelle man kostenloses Wlan zur Verfügung sowie Lademöglichkeiten für Handys und E-Bikes, sagte er, seitdem gebe kaum noch Vandalismus. „Alle großen Stationen werden das bekommen“, steht für ihn fest.
Man habe auch dem Freistaat ein Konzept vorgestellt, wie man den 642-er Triebwagen auch per abschnittsweiser Oberleitung elektrisch fahren lassen könnte. Auf diese Weise wäre es möglich, langfristig CO2-neutral zu fahren und es gäbe die technische Grundlage für einen umsteigefreien Übergang Richtung Hanau/Frankfurt, meinte Kollai. Auf eine Anfrage aus dem Gremium antwortete der Westfrankenbahnchef, dass man an der Zuverlässigkeit der Klimaanlagen in den Zügen arbeite. Scherf gab Kollai mit auf den Weg, dass es im Sinne einer besseren Taktverdichtung und für die Güterzugkapazitäten zudem nötig sei, am langen eingleisigen Abschnitt zwischen Kleinwallstadt und Aschaffenburg-Nilkheim etwas zu tun.
Laut Karl-Heinz Betz, Nahverkehrsbeauftragter der Region, sei es ratsam, den Nahverkehrsplan der Region noch zu korrigieren. Anlass hierfür sei die neue Erlösaufteilung innerhalb der Verkehrsgemeinschaft Untermain. Die Ergebnisse lägen vermutlich im Herbst 2017 vor, so dass es durchaus zu Änderungen in den Buslinienbündeln kommen könnte. Deshalb habe man die Beschlussfassung über den eigentlich bereits abgestimmten neuen Nahverkehrsplan im Kreistag zunächst ausgesetzt. Darüber hinaus sei zu überlegen, ob man nicht ein „Buslinienexpressnetz“ umsetzen könnte. Dieses sieht lange, umsteigefreie Buslinien vor – etwa in Richtung Nord – Süd von Miltenberg in Richtung Aschaffenburg, wobei ein Teilstück zwischen Niedernberg und Aschaffenburg über die B469 gefahren werden könnte. Auch eine Verbindung von Miltenberg über den Spessart nach Faulbach und Wertheim sei denkbar, so Betz. Das würde auch nachgefragte Anschlussoptionen aus dem Spessart in Richtung Marktheidenfeld ermöglichen, sagte er. Eventuelle Änderungen des Nahverkehrsplans müssten nochmals der Arbeitsgruppe der Fraktionen in der ARGE ÖPNV vorgelegt werden, damit diese in den Nahverkehrsplanentwurf eingearbeitet und den zuständigen Gremien zur Beschlussfassung vorgelegt werden können. Vermutlich sei dies im Herbst 2017 der Fall.
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