Landrat Jens Marco Scherf besucht Kleinwallstadt
Vor Ort hat sich Landrat Jens Marco Scherf, begleitet von den Landratsamtsjuristen Gerald Rosel, Oliver Feil und Stefan Pache, am Donnerstag, 26. Oktober 2017, in Kleinwallstadt über die Gemeinde, ihre Projekte und Probleme sowie Unternehmen informiert.
„Die Besuche in den Gemeinden sind mir wichtig, da ich Herausforderungen und Projekte vor Ort ganz anders wahrnehme“, sagte Scherf bei der Begrüßungsrunde mit Bürgermeister Thomas Köhler und Mitarbeitern der Verwaltung in der Zehntscheune. Bürgermeister Thomas Köhler stellte seine Gemeinde und ihre Einrichtungen wie Zehntscheune, Rohe-Grund- und Mittelschule, Kindergarten, Plattenbergbad und Wallstadthalle vor. Die zwei Gewerbegebiete seien mittlerweile fast voll belegt, sagte er und hoffte darauf, dass die in kommunaler Sonderbaulast mit Elsenfeld, Obernburg, Erlenbach, Großwallstadt und Hausen zu bauende Südbrücke bald realisiert wird. Mit der Brücke hoffe man auf eine Verbesserung der Verkehrssituation, meinte Köhler. Ein Durchfahrtsverbot für Lastwagen in der Ortsdurchfahrt würde der Gemeinde viel bringen, sagte er im Hinblick auf die vielen Kieslaster, die dann die Südbrücke nutzen könnten. Stolz zeigte er sich auf die sanierte Zehntscheuer und das Gasthaus „Zum Hasen“, wies aber auch auf die schwierige Situation beim Brandschutz in diesen historischen Gebäuden hin. In Sachen Bebauung stoße die Gemeinde mittlerweile an ihre Grenzen, stellte der Bürgermeister fest, denn die Gemeinde sei umgeben von Naturschutz- und FFH-Gebieten.
Zweite Station der Visitation war das Sägewerk der Firma HMS, durch das Heinrich Martin Seuffert führte. Vor Ort seien 35 Mitarbeiter beschäftigt, darüber hinaus gebe es eine weitere, größere Produktionsstätte in Hagenow (Landkreis Ludwigslust), sagte er. Auf 26.000 Quadratmeter Fläche würden in Kleinwallstadt Rundhölzer aus einem Umkreis von 70 Kilometern verarbeitet, die in der Verpackungsindustrie (Palettenhersteller), von Kistenherstellern und Kabeltrommelherstellern verwendet werden. Dabei komme es im Wettbewerb, so führte Seuffert aus, auf den Preis und schnelle Lieferbarkeit entscheidend an. Die Kunden sitzen größtenteils in der Region, zu einem Drittel aber auch weiter entfernt. Im Werk in Hagenow würden viele Waren über den Hafen Hamburg nach China, in die Golfregion und nach Nordafrika verschickt. „Wir bekommen hier viel Langholz geliefert“, zeigte Seuffert auf die bis zu 16 Meter langen Stämme, die elektronisch vermessen und verarbeitet werden. Es gehe darum, aus den Stämmen die optimale Ausbeute herauszuholen, erklärte er. „Abfall gibt es hier nicht“, verwies er darauf, dass Späne, Rinde und Holzschnitzel vor Ort verwertet oder verkauft werden. Diese Vorgehensweise stieß bei Landrat Jens Marco Scherf auf große Anerkennung, denn es müsse gesellschaftliches Ziel sein, alle Wertstoffe zu verwerten und Abfall auf Null zu reduzieren.
In der Firma Jakob Antriebstechnik einem führenden Anbieter für mechanische Baugruppen für den Maschinenbau, fand man ein Hightech-Unternehmen vor. In der zur Jakob-Firmengruppe gehörenden Firma werden Kupplungen für die Antriebstechnik und Kraftspannelemente für die Werkstück- und Werkzeugspannung gefertigt. Hier konnten die Besucher sehen, dass der Untermain auch in Sachen Innovation Großes leistet. Entwicklungsleiter Dr. Arno Wörn wies darauf hin, dass sein Unternehmen stets innovativ sein müsse und einen langen Atem brauche, bis Innovationen im Markt eingeführt sind. Erfolgreich sei Jakob unter anderem mit einem Schutzsystem, das Motorspindeln vor Kollisionsschäden bewahrt, sagte er. Ausgezeichnet worden sei man aber auch für das Force Monitoring System, das während der Fertigung drahtlos die Spannkraft an Werkstücken misst und so unter anderem die vorbeugende Instandhaltung von Maschinen ermöglicht. Dass solche Innovationen im Landkreis Miltenberg entwickelt und in die Welt hinausgetragen werden, müsse man den jungen Menschen vor Ort klarmachen, ergänzte Landrat Jens Marco Scherf. Man müsse nicht in Großstädte, um spannende, innovative Arbeitsplätze zu finden, warb er für den Hightech-Standort Landkreis Miltenberg. Geschäftsführer Rupert Hohm bezeichnete sein Unternehmen als „kleine, pfiffige Firma“, die am Standort Kleinwallstadt in Forschung und Entwicklung tätig ist, aber auch selbst fertigt. 2016 hätten sich Auftragseingang und Umsatz auf über 5 Millionen Euro belaufen, in diesem Jahr gehe er von einem Zuwachs im zweistelligen Prozentbereich aus. Neben verschiedenen Kupplungen würden auch Spannelemente gefertigt, erklärte er, zudem arbeite man ständig an Innovationen. Jakob Antriebstechnik liefere weltweit und habe zurzeit einen direkten Exportanteil von 42 Prozent. Darüber hinaus beliefere man den deutschen Maschinenbau, über den viele weitere Jakob-Produkte den Weg ins Ausland finden. Hauptexportmärkte seien die Schweiz, die USA und China. Die eigene Fertigung sei für das Unternehmen nach wie vor wichtig, einfache Teile kaufe man aber dazu. Das Unternehmen ist laut Fir-mengründer Ludwig Jakob zurzeit in der Übergangsphase, denn mit 69 Jahren denke er allmählich an den Ruhestand. Der gelernte Maschinenbauer hat sich nach erster Berufserfahrung selbstständig gemacht und im Laufe der Jahre mehrere Firmen gegründet, die heute unter dem Dach der Jakob-Gruppe vereint sind. Insgesamt seien bei Jakob 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig, davon 30 Prozent Akademiker. Das sei ein Zeichen für die entwicklungs- und forschungslastige Ausrichtung, so Jakob. „Für gute Mathematiker, Physiker und Informatiker gibt es hier sehr gute Möglichkeiten“, fand Landrat Jens Marco Scherf und stellte fest, dass es wichtig sei, schon Kinder für das Forschen und Tüfteln zu begeistern.
Im weiteren Verlauf des Besuchs zeigte Bürgermeister Thomas Köhler das neue Gewerbegebiet, das nur noch über zwei freie Grundstücke verfügt. Er wusste aber auch von Problemen mit der Breitband- und Festnetzversorgung, die die Telekom noch nicht gelöst hat. Leitungen und Schaltkästen im neuen Gewerbegebiet seien fertig, die Anschlüsse aber nicht geschaltet, klagten die Verantwortlichen der Firma Arnheiter Naturstein-Centrum. Weitere Themen der Rundfahrt waren die Fahrzeugausstattung der Feuerwehr Kleinwallstadt, die Neugestaltung der Ortsdurchfahrt Hofstetten und der Standort des neuen Grüngutsammelplatzes, der in Zone III des Wasserschutzgebiets entstehen soll.
Bei der Abschlussrunde in der Zehntscheune vor Gästen aus Reihen der Bürger, Vereinen, Verbänden und Gemeinderat stellte Landrat Jens Marco Scherf die wichtigsten aktuellen Herausforderungen vor: Bildung und gerechte Chancen, leistungsfähige Infrastruktur und Mobilität, Gestaltung der Energiewende, Digitalisierung, Profilbildung der Region, das soziale Miteinander und das solide Wirtschaften. Anschließend nutzten mehrere Bürgerinnen und Bürger die Chance, dem Landrat Fragen zu stellen. So beklagte eine Bürgerin die langen Wartezeiten an den Bahnschranken. Das werde noch schlimmer, wenn die Takte verdichtet werden, glaubt sie. Landrat Scherf begründete dies mit den strengen Vorschriften der Bahn. Er werde bei Westfrankenbahnchef Denis Kollai nachfragen, ob es nicht eine finanzierbare technische Möglichkeit gibt, dies durch eine intelligentere Technik zu ändern. Beklagt wurde eine ständig verschmutzte Straße zu einem Bau- und Recycling-Unternehmen, aber auch die nach der VAB-Vertragskündigung zu erwartenden höheren Kosten für die Tickets der Buslinie 62. Entweder wird es hier seitens der VAB ein besseres Angebot geben, oder man werde es in der Bürgermeisterdienstbesprechung thematisieren, verwies Landrat Scherf auf bereits in die Wege geleitete Aktivitäten.
Stark in der Kritik stand der Discounter Netto, der in das Gewerbegebiet gezogen ist und mit Aufrechterhaltung des Mietvertrags im Ort die Ansiedlung eines anderen Supermarkts verhindert. Bürgermeister Thomas Köhler berichtete von einem diesbezüglichen Schreiben an Netto, auf das er bislang keine Antwort erhalten habe. Kritisiert wurde die hohe Flächenversiegelung in Bayern. Angeregt wurde zudem, Glyphosat im Landkreis zu verbieten. Auf den Flächen des Landkreises werde kein Glyphosat verwendet, antwortete der Landrat. Solange das Mittel eine EU-Zulassung habe, dürfe es auch verwendet werden, stellte Jurist Oliver Feil klar. Ein Verzicht sei nur auf freiwilliger Basis möglich. Angesprochen wurde weiter die Vermüllung der Straßen, die Rodung des Akzo-Wäldchens für das neue ICO-Logistikzentrum und die Notwendigkeit, die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum voran zu bringen. Ein Lob erhielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts für ihre konstruktive Mithilfe im Zusammenhang mit Problemen im Zusammenhang mit den 27und werteorientierte Engagement der Bevölkerung, egal ob es um die Integration, den Naturschutz oder den fairen und regionalen Handel gehe.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.