Gemeinsam für eine bessere Zukunft arbeiten
„Wir können es anders und wir können es besser“ – Ralf Fücks hat keinerlei Zweifel, dass es der Gesellschaft gelingen kann, im Einklang mit der Natur zu wachsen und gleichzeitig die Konjunktur anzukurbeln. Beim Zukunftsdialog des Landkreises Miltenberg am Donnerstagabend, 14.9.2017, in Elsenfeld plädierte der Buchautor und ehemalige Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung für gemeinsame Anstrengungen, die Klimaerwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen.
Im Bürgerzentrum begrüßte Landrat Jens Marco Scherf zu schwungvollen Klängen des Salonorchesters Klingenberg rund 130 geladene Gäste aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden. Er sei sehr froh, so viele Menschen zu sehen, die den Landkreis Miltenberg positiv gestalten, sagte Scherf. Es gehe darum, die Herausforderungen der Zukunft anzupacken, stellte er fest und lobte in diesem Zusammenhang die Miltenberger Elektromotorenhersteller Johannes und Bernhard Oswald, der jüngst erst den Bundesumweltpreis erhalten hätten. Aber auch der Landkreis trage seinen Teil dazu bei, wies der Landrat auf die Sanierung des Miltenberger Gymnasiums nach dem Prinzip der Lebenszyklusbetrachtung hin, die Nahwärmeversorgung des Schulzentrums in Miltenberg mit Nahwärme der Fripa sowie auf die Förderung der Wissenschaft durch den neuen Hochschulstandort Miltenberg.
Ralf Fücks bereitete die Gäste auf eine historische Aufgabe vor, vor der die Gesellschaft steht. Es gehe um nichts Geringeres als die Verdopplung der Weltwirtschaft in den nächsten 20 Jahren bei gleichzeitiger Halbierung der Treibhausgase, so Fücks. Das gelinge nur, wenn man von der Kohle und den fossilen Brennstoffen Abschied nimmt, zeigte er sich überzeugt. Dennoch gehe es nicht um Verzicht auf Wachstum, sondern nur um die Art und Weise, wie dieses Wachstum erfolgt.
Die dafür notwendige „grüne industrielle Revolution“ basiere auf einer Effizienzrevolution, der Energiewende und dem Übergang von der linearen Wirtschaft zur intelligenten Kreislaufwirtschaft. Bei der Effizienzrevolution gehe es darum, „aus weniger mehr zu machen“ – etwa bei den Rohstoffen, der Energie und dem Wasser. Die Energiewende mache die Abkehr von fossiler und nuklearer Energie notwendig, auch müsse künftig jeder Reststoff zum Beginn einer neuen Wertstoffkette werden.
Dass etwa die Förderung und Nutzung erneuerbarer Energien eine riesige Herausforde-rung ist, machte Fücks am Beispiel von China fest: „Die Chinesen sind hier schon längst Spitzenreiter.“ Er kündigte in diesem Segment eine „explosionsartige Entwicklung“ an. Es gebe keinen anderen Sektor, der solch dramatische Kostenrückgänge erlebe wie die er-neuerbaren Energien, wusste er und stellte fest, dass die Bundesregierung nach Fukus-hima dabei eine entscheidende Rolle gespielt habe. Heute seien Wind- und Solarstrom teilweise günstiger zu produzieren als etwa Kohlestrom. Dieser Trend werde sich fortset-zen, zeigte sich Fücks überzeugt. Ein ähnlicher Prozess beginne gerade im Verkehr mit der zunehmenden Dekarbonisierung. „Hier ist eine rapide Kostendegression zu beobachten“, so Fücks, gleichzeitig steige die Effizienz. Der Fachmann sah zusätzliches Potenzial in der Wasserstofftechnologie, bei Methan und Biotreibstoffen im Flugverkehr. „Wenn wir nicht aufpassen, werden wir bei der Elektromobilität überholt“, mahnte Fücks die Automobilindustrie mit Hinweis auf Länder wie China, die diese Entwicklung stark forcieren.
Großes Potenzial sah er in der Optimierung von Gebäuden, die für 40 Prozent des Pri-märenergieverbrauchs verantwortlich sind. „Diese Umstellung ist entscheidend“, fand er und wusste von modernen Gebäuden, die mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Vor allem die Sanierung des Altbestands müsse vorangetrieben werden.
Fücks warf auch den Blick auf Zukunftstechnologien wie die technische Photosynthese, bei der Sonne, Wasser und Kohlendioxid in biochemische Energie umgewandelt werden. „Kohlendioxid wird so zum Rohstoff und nicht zum Schadstoff“, erklärte er.
Alle genannten Technologien sind laut Fücks „ein riesiges Konjunkturprogramm“, da hierfür stark investiert werden müsse. Bildung, Wissenschaft und Forschung spielten dabei eine entscheidende Rolle, steht für ihn fest. Ganz wichtig sei zudem die Änderung der Mentalität der
Menschen – etwa im Hinblick auf die Mobilität (etwa Carsharing) und die Essgewohnhei-ten (weniger Fleisch). Der Fair-Trade-Gedanke etwa komme immer stärker auf, freute er sich. Um all dies zu erreichen, brauche es die Politik, die aktive Zivilgesellschaft, die Un-ternehmen und die Wissenschaft, fasste Fücks zusammen.
Nach der Beantwortung einiger Fragen aus Reihen der Gäste lobte Landrat Jens Marco Scherf: „Dieser Vortrag hat Mut gemacht.“ Er wies auf viele gute Ansätze im Landkreis Miltenberg hin – unter anderem auf den zunehmenden Güterverkehr auf der Schiene durch Firmen wie Fripa und Josera, den Fair-Trade-Gedanken (unter anderem in Mömlingen, im Landkreis Miltenberg und bald auch in Erlenbach) und das Carsharing, das ebenso kommen werde. Besonders freute sich der Landrat über die Perspektive einer Elektrifizierung des Bahnverkehrs zwischen Miltenberg und Aschaffenburg.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.