Achtung, Bus kommt!
Nach wochenlangen Diskussionen wird der Nahverkehr im Raum Amorbach optimiert
Rückblende: Damit hatte Anna Schneider nicht gerechnet! Als sie am Morgen des 18 September wie immer mit der Buslinie 84 zum Arztbesuch in Miltenberg fahren wollte, wartete sie umsonst. Es kam einfach kein Bus zur Haltestelle an der Kirchzeller Kirche! Unverrichteter Dinge musste die ältere Dame, die wegen eines Hüftleidens auf einen Gehstock angewiesen ist, wieder nach Hause gehen. Ihren Arzttermin verschob sie auf einen anderen Tag. Dann, so hatte sie vorher abgeklärt, würde ihre Schwiegertochter sie mit dem Auto fahren können.
Umfangreiche Änderungen
Mit Beginn des neuen Schuljahres im September kam es im südlichen Landkreis Miltenberg im Raum Amorbach, Kirchzell, Schneeberg und Weilbach zu umfangreichen Änderungen im Busfahrplan. Das betraf die auf den Schulbetrieb ausgerichteten Linienfahrten, aber auch alle anderen. Ursprünglich waren Fahrplanänderungen für den Fahrplanwechsel im Dezember vorgesehen. Um einen Wechsel der Zeiten während des laufenden Schuljahres zu vermeiden, entschloss man sich zur kurzfristigen Änderung bereits zum Schuljahresanfang.
Dass diese Änderungen relativ kurzfristig erfolgten und die entsprechenden Pressemitteilungen erst spät gedruckt wurden, führte, zusammen mit den geänderten Zeiten, zu einigem Unmut in der Bevölkerung. Aufgebrachte Mütter riefen an und fragten, wann die Busse denn nun fahren würden. Senioren aus entlegenen Ortsteilen wollten wissen, ob sie überhaupt noch Miltenberg auf dem herkömmlichen Weg erreichen würden. Kurzum, es gab ein großes Durcheinander von Meinungen und wenig Klarheit.
Inzwischen haben sich die Gemüter etwas beruhigt, das Thema ist jedoch immer noch aktuell. So aktuell, dass erst letzte Woche der Kreisausschuss des Landkreises Miltenberg im Landratsamt auf den neuesten Stand zu diesem Thema gebracht wurde. Gerald Rosel, Leiter der Abteilung Sicherheit und Ordnung, informierte die Mitglieder des Kreisausschusses über das neue Linienbündel „Regiobus Amorbach“ und kündigte Verbesserungen an.
Regiobus Amorbach
„Was zu Beginn des Schuljahres umgesetzt worden ist, ist aus unserer Sicht eine Verbesserung des Buslinienverkehrs an Werktagen, vor allem für die bisher nur an Schultagen bedienten Ortsteile der Gemeinden“, so Gerald Rosel. „Dazu wurde das Verkehrsangebot im Raum Amorbach zu einem eigenen Linienbündel zusammengefasst und vom Regiobus Miltenberg abgetrennt. Die Fahrpläne des Regiobus Amorbach sind auf die Fahrpläne der Madonnenlandbahn abgestimmt. Aufgrund des Parallelbedienungsverbots ist es jedoch so, dass Busse im öffentlichen Personennahverkehr nicht die gleiche Strecke wie die Schiene bedienen dürfen.“ Dies führte dann in der Folge dazu, dass die Buslinie 84, die von Kirchzell über Amorbach, Weilbach und Breitendiel Miltenberg-West mit dem Krankenhaus und die Innenstadt der Kreisstadt anfuhr, ersatzlos gestrichen wurde.
Schülerströme geben Takt vor
Der Nahverkehrsbeauftragte der Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg, Karlheinz Betz, der seinen Sitz im Aschaffenburger Landratsamt hat, beschäftigt sich ebenfalls mit dieser Thematik. „Zunächst einmal ist es so, dass die abstrakten Richtlinien für Nahverkehrspläne in einen Nahverkehrsplan umgesetzt werden. Aufgrund der engen Vernetzung der Region geschieht dies in einem Plan für die beiden Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg und die Stadt Aschaffenburg. Diese Vorgaben sollen dann möglichst erfüllt werden. Oft ist das möglich, aber eben nicht immer. Im Linienbündel Regiobus Amorbach ist es so, dass aufgrund der Schülerströme die Busse etwa gegen acht Uhr am Bahnhof oder am Schulzentrum ankommen und erst gegen Mittag wieder dort wegfahren. Dazwischen verkehrt zwischen Amorbach und Miltenberg die Madonnenlandbahn auf der Schiene.“ Das erscheint ausreichend für den Raum und aufgrund der Schülerströme notwendig.
Suboptimale Situation
„Suboptimal!“ So die überwiegende Meinung der Bevölkerung, die auf Busse angewiesen ist, aber den Schulverkehr nicht nutzen möchte, weil ihnen diese Busse zu voll erscheinen. In erster Linie sind dies ältere Mitbürger, die aus den vielen kleineren Orten im Raum Amorbach zum Einkaufen, zu Arztbesuchen oder anderen Terminen müssen. Manche besitzen kein Auto, andere haben keine Familienangehörigen im näheren Umfeld, die sie fahren könnten.
Kein adäquates Angebot
Der Weilbacher Bürgermeister Bernhard Kern und sein Kirchzeller Amtskollege Stefan Schwab sehen sich seit Beginn des Schuljahres des Öfteren mit den Vorwürfen der Bürger konfrontiert. „Ich habe ja auf der einen Seite Verständnis dafür, dass aus rein wirtschaftlichen Gründen eine Reduzierung von Fahrten erfolgt ist“, sagt Bürgermeister Stefan Schwab. „Auf der anderen Seite aber ist das Problem der Parallelfahrten völlig anders zu sehen. Die Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs – oftmals Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind – können nicht so einfach auf den Zug umsteigen.“ „Das liegt daran, dass die Zustände an den Bahnhöfen kundenfeindlich sind“, erklärt Bürgermeister Bernhard Kern. „Wenn man zum Ein- oder Ausstieg des Zuges über 40 Zentimeter Höhenunterschied überwinden muss, dazu dann noch am Miltenberger Bahnhof die Treppenauf- und -abgänge benutzen muss, um zu den Bussen zu kommen, in die man dann wieder einsteigen muss, dann ist das für unsere älteren Mitbürger unzumutbar. Das hat nichts mehr mit Lebensqualität, gerade im ländlichen Raum, zu tun! Das qualitative Angebot der Westfrankenbahn ist einfach nicht adäquat zu den Angeboten der Busse.“
Abhilfe in Sicht?
„Wir versuchen jetzt, hier Abhilfe zu schaffen“, erklären Gerald Rosel und Karlheinz Betz gemeinsam. „Mit einem zusätzlichen Busangebot, das jeweils am frühen Vor- und Nachmittag in Richtung Miltenberg und am späten Vormittag und am frühen Abend von dort wieder zurückfahren soll, richten wir ein zusätzliches Angebot für die Bevölkerung im ländlichen Raum ein und erhoffen uns eine Verbesserung der derzeitigen Situation.“ Die Änderung tritt mit dem Fahrplanwechsel im Dezember in Kraft.
Landrat Scherf liegt Barrierefreiheit am Herzen
Auch in Bezug auf die Bahnhöfe tut sich etwas. Um das hier vorrangige Thema Barrierefreiheit möchte sich Landrat Jens Marco Scherf persönlich kümmern. In Kürze trifft er sich mit Dr. Johann Niggl, dem Geschäftsführer der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, um die Thematik zu erörtern und Lösungsmöglichkeiten zu finden. „Die Parallelfahrten können nur dann sinnvoll umgesetzt werden, wenn alle Bahnsteige behindertengerecht umgebaut werden und die Gesamtsituation am Bahnhof Miltenberg barrierefrei wird“, so Landrat Scherf. „Auch die Einrichtung eines zusätzlichen Bahnhaltes Miltenberg-Krankenhaus könnte eine Lösung darstellen.“
Autor:Andrea Kaller-Fichtmüller aus Miltenberg |
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