Wichtige Informationen für ehrenamtliche Helfer
Wichtige Informationen haben die Koordinatoren der ehrenamtlichen Helferkreise sowie Bürgermeister bei einer Informationsveranstaltung am Donnerstag im Landratsamt bekommen. Asylverfahren, Asylbewerberleistungsgesetz, Integration in den Arbeitsmarkt, Asylsozialberatung und Migrationsberatung – alle diese Themen wurden behandelt.
Landrat Jens Marco Scherf stellte den Dank an alle Helferinnen und Helferinnen an den Beginn seiner Begrüßung, denn ohne deren Engagement wäre die Bewältigung der aktuellen Herausforderungen nicht möglich. Allerdings stehe auch der Staat in der Verantwortung – etwa was die berufliche, sprachliche und gesellschaftliche Integration betrifft. Der Landkreis selbst sei vielfältig aktiv, wies Scherf unter anderem auf eine Bewerbung um eine staatliche Förderung für eine Stelle zur Koordination von Bildungsangeboten für Neuzugewanderte hin, weiter baue man ein schulisches Angebot der Berufsschulen für junge Flüchtlinge auf. Auch die Ausbildungsinitiative Asyl zählte Scherf auf. Mit der Veranstaltung wolle man den Helferkreisen Informationen vermitteln und Hilfestellungen geben. Scherf wies zudem auf das BRK-Integrationsfest am 8. Mai von 10 bis 17 Uhr in der Erstaufnahme Kleinheubach hin sowie auf das Helferfest am 7. Juli um 17 Uhr auf dem Außengelände der Miltenberger Realschule.
In Referaten informierten Fachleute über alle Themen rund um Asyl und Integration. Laut Werner Strobel (Ausländeramt) halten sich zurzeit 1147 Asylsuchende im Landkreis auf, dazu 80 unbegleitete Minderjährige. Die Asylsuchenden seien zurzeit in 58 dezentralen Unterkünften untergebracht, die Minderjährigen in vier Einrichtungen. In der Erstaufnahme lebten aktuell 85 Menschen. Hauptherkunftsländer seien Syrien (400 Antragsteller), Ukraine (186) und Afghanistan (296). Zurzeit lebten im Landkreis 306 anerkannte Flüchtlinge, zwölf Asylberechtigte und sieben Menschen mit subsidiärem Schutz. Rund die Hälfte der Asylsuchenden sei unter 21 Jahren, so Strobel. Jedem Asylsuchenden werde ein Ankunftsnachweis ausgestellt, der zum Bezug von Leistungen berechtigt. Änderungen des Ausweises könnten nur von Bundesbehörden vorgenommen werden, das Landratsamt könne dies nicht. Strobel erklärte zudem den Ablauf des Asylverfahrens und die Einspruchsfristen.
Laut Andrea Hager (Sozialamt) stehen zurzeit 1334 Unterkunftsplätze für Asylbewerber im Landkreis zur Verfügung, davon sind 1220 belegt. Zudem gebe es 191 Fehlbeleger – anerkannte Flüchtlinge, die sich eigentlich eine eigene Wohnung suchen müssten. Das aber sei sehr schwer, sagte sie und bat die Helfer vor Ort, bei der Wohnungssuche zu helfen und potenzielle Vermieter anzusprechen. Bevor der Landkreis dezentrale Unterkünfte anmietet, würden diese überprüft – unter anderem im Hinblick auf Zustand, Infrastruktur, Heizung und Größe. Man wolle sicherstellen, dass die Menschen zeitgemäß und angemessen untergebracht werden, zudem wolle man nach Möglichkeit Rücksicht nehmen auf Gesundheit, sittliches Empfinden, Nationalität, Religion und Altersstruktur. Sie zählte die Ausstattungsmerkmale der Unterkünfte auf sowie die Pflichten der Vermieter. Im Kreistag werde im Mai über die Förderung einer Stelle zur Wohnungsvermittlung entschieden, die bei der Caritas angesiedelt sein soll. Diese Stelle solle aber allen sozial Schwachen zur Verfügung stehen ungeachtet ihrer Nationalität.
Dass es eine Vielzahl von Angeboten für die Integration von Flüchtlingen und anerkannten Flüchtlingen in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt gibt, erläuterten Adam Giegerich und Heide Moos (Agentur für Arbeit) sowie Peter Henn-Mücke (Jobcenter). Die Agentur für Arbeit sei für alle zuständig, die sich im Verfahren befinden, so Giegerich. Ab dem vierten Monat in Deutschland sei ein nachrangiger Zugang zum Arbeitsmarkt möglich, vom 16. bis 48. Monat entfalle die Vorrangprüfung. Ab dem 49. Monat habe man eine Arbeitserlaubnis, ohne dass die Agentur zustimmen muss. Berufsberaterin Heide Moos gab einen Überblick des Arbeitsmarktprogramms für junge Flüchtlinge, das modular aufgebaut ist und unter anderem die Programme „Bayern-Turbo“ und „Brückenjahr 21 Plus“ umfasst. Landrat Jens Marco Scherf ergänzte, dass man die Erwartungen der jungen Flüchtlinge – fast alle wollen in Deutschland studieren –, auf eine realistische Basis bringen müsse. Die Unkenntnis über das deutsche Ausbildungs- und Bildungssystem müsse man beseitigen. „Ausbildung ist ein langer und steiniger Weg“, so Scherf.
Peter Henn-Mücke zufolge ist das Jobcenter für Leistungen und Jobvermittlung der Flüchtlinge zuständig, sobald diese anerkannt wurden. Mittlerweile seien rund 300 anerkannte Flüchtlinge Kunden des Jobcenters, 213 davon im erwerbfähigen Alter. Gut ein Viertel der im Landkreis wohnenden Flüchtlinge habe aber bereits geäußert, den Landkreis wieder verlassen zu wollen. Die anerkannten Flüchtlinge seien verpflichtet, sich eine Wohnung auf dem Wohnungsmarkt zu suchen. Ihnen stehe ein „angemessener Wohnraum“ zu, der sich an einer vom Landkreis festgelegten Mietobergrenze definiere. Nach Anmietung einer Wohnung könne das Jobcenter weitere Leistungen übernehmen, etwa Umzugs- und Materialkosten sowie Kosten für eine Wohnungserstausstattung mit gebrauchten Einrichtungsgegenständen. Das Jobcenter unterstütze seine Kundeninnen und Kunden aber auch beim Zugang zu Integrationskursen mit Deutschförderung, darüber hinaus berate, fördere und vermittle man anerkannte Flüchtlinge, gewähre Arbeitgebern finanzielle Zuschüsse und fördere berufliche Qualifizierungen.
Wolfgang Härtel stellte den Sozialdienst der Caritas vor, der mit zurzeit sieben Personen alle Flüchtlinge im Verfahren berät und betreut. Grundsätzliches Problem sei die Sprache, denn an Dolmetschern herrsche Mangel – vor allem in Dari (Persisch). Neben der Einzelfallberatung in allen Fragen rund um das Verfahren und in Krisen leiste die Caritas auch Netzwerkarbeit und begleite und bilde die Helferkreise fort, so Härtel. Temam Cagis berichtete von der Migrationsberatung des BRK, in der sie alle Migranten über 27 Jahre mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht berät. Ziel sei es, die Menschen in ihrem Integrationsprozess zu begleiten. Hauptproblem ihrer Klientel sei die Familienzusammenführung. In zwei Fällen habe sie es nach intensiven Bemühungen geschafft, dass Familien nachziehen konnten. Der Familiennachzug gestalte sich aber sehr schwer, da man keine verlässlichen Aussagen bekomme. Diese Situation sei auch für ihre Kundeninnen und Kunden sehr belastend. Die Wohnungssuche und die Integrationskurse seien ebenfalls Themen in ihrem Arbeitsfeld.
Eine Anregung aus dem Gremium war die gegenseitige Vernetzung der Helferkreise. So wäre es beispielsweise möglich, nicht gebrauchte Wohnungseinrichtungsgegenstände auf kurzem Dienstweg zu tauschen. Häufig verfüge ein Arbeitskreis über nicht benötigte Gegenstände, ein Helferkreis in der Nähe habe dafür aber Bedarf, ohne dass dies bekannt sei. Dieses Problem könne möglicherweise durch die App „Integreat“ gelöst werden, ergänzte Susanne Seidel, Leiterin des Büros von Landrat Scherf.
Nach über zwei Stunden, in denen viele Helferinnen und Helfer eifrig mitschrieben, hatten alle zahlreiche wichtige Informationen für ihre tägliche Arbeit gewonnen.
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