Radverkehrskonzept auf der Zielgeraden
Das Radverkehrskonzept des Landkreises Miltenberg biegt auf die Zielgerade ein. Über 850 Kilometer Radwege haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kölner Büros VIA abgefahren, mit Bürgermeistern und Verwaltern intensiv gesprochen, Experten befragt und ein Wunschliniennetz vorgeschlagen. In drei Bürgerworkshops wurden in den letzten Tagen die Ergebnisse vorgestellt und letzte Anregungen aufgenommen.
„Das Radverkehrskonzept gibt den Rahmen vor, am Ende aber müssen die Verantwortlichen in den Gemeinden, im Landkreis und im Freistaat das Konzept umsetzen“, stellte Landrat Jens Marco Scherf klar. Das Radfahren sei zwar schon in touristischer Hinsicht beliebt, im Alltagsverkehr aber gebe es noch viel Potenzial. Die Mobilität sei für rund ein Drittel der Emissionen verantwortlich, so Scherf, deshalb sei mehr Radfahren auch ein notwendiger Beitrag zum Klimaschutz. „Dieses Konzept soll nicht in der Schublade verschwinden“, sagte der Landrat, vielmehr sollten alle Maßnahmen nach und nach umgesetzt werden.
Andrea Fromberg stellte in den Workshops – zwei im Landratsamt Miltenberg, einer im Bürgerzentrum Elsenfeld – die Ziele des Radverkehrskonzepts vor: den Anteil des Radverkehrs zu erhöhen, die Sicherheit zu verbessern, die Radverkehrsanlagen dem aktuellen Standard anzugleichen und das Radverkehrsnetz zu komplettieren. Für den Landkreis Miltenberg sah sie ein hohes Potenzial, da rund 60 Prozent der Strecken in den Tallagen liegen, die topographischen Hindernisse seien aber mit E-Bikes gut zu überwinden. Vor allem auf den kurzen Strecken werde zu oft das Auto verwendet, sagte sie: 40 Prozent Anteil auf Wegen bis zu fünf Kilometern Länge, sogar 60 Prozent auf Wegen bis zu zehn Kilometern Länge.
Das Büro VIA habe die Verkehrsverflechtungen untersucht und darauf basierend eine Karte erstellt, auf der die am stärksten frequentierten Radstrecken zwischen den Kommunen aufgeführt sind. Gemeinsam mit Kommunen und Verbänden habe man ein Wunschliniennetz erstellt und dabei auch Anregungen der Bürgerinnen und Bürgern eingearbeitet. Am Ende sei das abgestimmte Netz erfasst und bewertet worden. Alle notwendigen Maßnahmen seien für jede Gemeinde mit Karten in einem Kataster dokumentiert worden, sagte Fromberg. Sie stellte die wichtigsten Baumaßnahmen vor und erläuterte, wie diese umgesetzt werden sollten – etwa mit straßenbegleitenden Radwegen, selbstständigen Radrouten, Schutzstreifen oder kombinierten Geh- und Radwegen. Ein Vorschlag sieht vor, den Mainradweg auszubauen auf den sogenannten Radvorrangroutenstandard. Zu berücksichtigen seien zudem neue und optimierte Mainquerungen. Bei der Verwirklichung von Radverkehrsmaßnahmen könnten sich auch mehrere Gemeinden zusammenschließen, schlug Fromberg vor.
Sie ging in der Folge auch auf sogenannte weiche Maßnahmen ein – Maßnahmen, die nicht direkt Baumaßnahmen betreffen. So stellte Fromberg das Projekt „Werden Sie zum E-Bike-Pendler“ vor, das im Rhein-Sieg-Kreis umgesetzt wurde und einen Pedelec-Test beinhaltet. Betriebliches Mobilitätsmanagement, Pedelec-Verleih wurden genannt, aber auch der Vorschlag für Tempo 70 auf bestimmten Straßenabschnitten, an denen kein Radweg möglich ist. Fromberg lobte das Projekt Radlbus, das im Landkreis seit 2011 in vier Orten erfolgreich umgesetzt wird. Möglich sei auch ein Projekt speziell für Senioren: Dabei können diese Pedelecs testen und ein Verkehrssicherheitstraining erhalten.
Seit neuestem sei auf der Internetseite des Landkreises Miltenberg der „Wegedetektiv“ freigeschaltet, informierte Klimaschutzmanager Michael Schneider. Hier können Radfahrerinnen und Radfahrer Mängel in der Radinfrastruktur dokumentieren und melden. Diese Informationen würden dann demjenigen zugeleitet, der für den Radweg zuständig ist, so Schneider.
An großen Tafeln hatten die Bürgerinnen und Bürger in den Workshops die Möglichkeit, Stellung zu den Plänen zu nehmen und Anregungen einzubringen. Eine wichtige Information in Sachen Umsetzung gab Andrea Fromberg: Unter der Internetadresse www.nationaler-radverkehrsplan.de ist eine Förderfibel einzusehen, die alle Möglichkeiten in den Bundesländern zur Förderung von Radverkehrsinvestitionen aufführt.
Der Abschlussbericht des Radverkehrskonzepts soll Fromberg zufolge im Herbst 2018 vorliegen; anschließend müssen die jeweils Zuständigen über die Realisierung von Projekten in ihrem Verantwortungsbereich entscheiden.
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