Jugendarbeit wird zusätzlich erschwert
Aktuelle Regelungen der „roten Corona-Ampel“ bedeutet einen Freizeitlockdown für Kinder und Jugendliche

Mit großer Besorgnis nehmen wir Verantwortlichen der Jugendarbeit die Entwicklung des Pan-demiegeschehens zur Kenntnis. Es steht bereits der dritte Herbst / Winter unter Corona-Bedingungen an. Obwohl mehr als genug Impfstoff zur Verfügung steht, rollt aktuell die vierte Welle über uns hinweg und fordert so viele Schwersterkrankte und Todesopfer wie nie.

Mit sehr großer Sorge nehmen wir wahr, dass es sich nun um eine Welle der ungeimpften geht – und damit sind auch unsere Kinder und Jugendlichen in ernster Gefahr. Für die Altersgruppe der unter 12-jährigen gibt es noch keine medizinische Möglichkeit, die sie so gut es geht vor einem schweren Verlauf schützt. Für die 12 – 17jährigen gibt es eine Impfempfehlung und doch ist diese Altersgruppe, die am wenigsten durchgeimpfte. Sie sind allerdings die Bevölke-rungsgruppe, die am stärksten getestet wird.

Die Maßnahmen, die nun bei der „roten Corona-Ampel“ greifen und noch einmal entschärft wurden, treffen die jungen Leute am härtesten. Zwar wurde gestern (09.11.2021) verkündet, dass das Betretungsverbot für Schüler*innen von Sportstätten bis 31.12.2021 noch nicht greift, aber für junge Menschen in einem Ausbildungsverhältnis schon. Diese Regelung hat auch direkte Auswirkungen auf die Jugendarbeit vor Ort.

So schildert Peter Münig von der Wasserwachtjugend im Landkreis Miltenberg: „Uns trifft diese Regelung zweimal. Einmal ist der Trainingsbetrieb für die Kinder und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren bis auf weiteres eingestellt. Zum anderen fallen jugendliche Betreuungsper-sonen bei Schwimmtrainings oder -kursen der Jüngeren weg. Hier muss aktuell darüber nach-gedacht werden, ob ein Aufrechterhalten des Angebots überhaupt möglich ist.“ Faktisch be-deutet das das „Aus“ für diese Art der Jugendarbeit vor Ort. Jugendliche, die tag täglich ge-meinsam im Präsenzunterricht sind, dürfen nun nicht mehr trainieren oder sich im Bereich des Sports mit Freunden treffen.

Ähnliches hören wir von der Sportjugend im Landkreis. „Es ist bereits die dritte Wintersaison – wir merken, wie die Motivation nachlässt und uns die engagierten jungen Leute wegbrechen und als Trainer*innen nicht mehr zur Verfügung stehen.“ so Eckhard Bein von der Sportjugend.

Der Kreisjugendring ist in engem Kontakt mit den Verantwortlichen der Jugend(verbands)arbeit im Landkreis. Alison Wölfelschneider, Vorsitzende des Kreisjugendrings und selbst Jugendlei-terin einer Feuerwehrjugendgruppe sieht noch eine weitere Schwierigkeit: „Die Verantwortung der Kontrolle der 3G oder 2G Regelungen auf jugendliche Gruppenleitungen abzuwälzen und ihnen die Aufgabe zu geben, Kinder / Jugendliche nicht an der Gruppenstunde teilnehmen zu lassen ist ein Unding.“

Sogar die Stiko (Ständige Impfkommission) hat empfohlen den Impfstatus von Kindern und Jugendlichen nicht zur Voraussetzung der Teilhabe an kulturellen Leben oder Freizeitangebo-ten zu machen.

„Was uns fehlt sind verlässliche Strategien zum Schutz der physischen und psychischen Ge-sundheit unserer Kinder und Jugendlichen. Egal ob sie Mitglieder eines Vereins oder Verbands sind oder sich selbstverantwortet treffen.“ so Jenniffer Hartmann, die Geschäftsführerin des Kreisjugendrings Miltenberg. „Wir wissen aus verschiedenen Studien , dass die psychische Gesundheit vieler Kinder und Jugendlichen akut gefährdet sind. Wir wissen – spätestens seit der Sondersitzung des Ausschusses Bildung, Kultur und Soziales des Kreistags Miltenberg, dass vor allem Kinder und Jugendliche in allen Bereichen starke Einschränkungen hinnehmen mussten und müssen. Weiter wissen wir, dass dies weitreichende Folgen für ihre Entwicklung, Wiedereingliederung oder Resozialisierung haben wird.“

Alle Fachbereiche, die mit dieser Altersgruppe zu tun haben, prognostizieren ein düsteres Bild und sprechen von einer „Bugwelle“ an Problemen, die die Fachleute noch für lange Zeit be-schäftigen werden.

Wir fordern daher alle Verantwortlichen der Landesregierung auf:

- zu besonnenem Handeln:
Handeln Sie besonnen zum Wohl der Kinder und Jugendlichen. Eine weitere Ein-schränkung des Lebens gerade dieser Altersgruppe steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Die langfristigen Folgen für die Kinder und Jugendlichen aber auch für alle, die mit und für sie arbeiten sind nicht abzuschätzen.

- Perspektivenwechsel:
Bei allen Entscheidungen, die getroffen werden, fordern wir Sie zu einem Perspekti-venwechsel auf. Was bedeuten die Entscheidungen für Kinder und Jugendliche konk-ret? Das hilft, ein gutes Maß zu finden.

- Solidarität:
Alle Maßnahmen treffen Kinder und Jugendliche in einem besonders hohen Maße, ob-wohl sie diejenigen sind, die nach aktuellem Stand am wenigsten gefährdet sind. Ne-ben dem Druck, dem sie ausgesetzt sind, Leistung in der Schule bringen zu müssen, Schuldzuweisungen, dass sie als Gruppe der „Super-Spreader“ zu identifizieren sind, müssen sie seit 1 ½ Jahren starke Einschränkungen in ihrem sozialen Leben wegste-cken. Zeigen Sie sich solidarisch mit den Kindern und Jugendlichen in unserem Land. Sie sind die Zukunft. Wir sollten sie nicht verheizen.

Autor:

Nadja Klein aus Miltenberg

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