Sonne, Sand und Blindenstock

Auf großer Tour in Kroatien im Mai 2015.  Freizeit der Lebenshilfe Miltenberg
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  • Auf großer Tour in Kroatien im Mai 2015. Freizeit der Lebenshilfe Miltenberg
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Meer, Museum und Rollstuhl - das muss kein Widerspruch sein. Und am Erklimmen des höchsten Berges ist einem Rollstuhlfahrer doch eher weniger gelegen. Sonne und Strand reichen vollkommen. Wenn Rollifahrer Thomas Becker aus Elsenfeld mit der Family verreisen will, sind schon einige Hürden zu überwinden. Wie komme ich überhaupt in das Flugzeug? Hat das Hotel einen Aufzug? Passt der Rollstuhl durch die Zimmer und Badtüre? Komm ich mit dem Rollstuhl an den Strand?

Fahren Behinderte in Urlaub ist eine Urlaubsplanung viel komplexer als bei Nichtbehinderten. Es müssen im Vorfeld viele Fragen geklärt werden. Und da der behinderte Reisende ein Experte in eigener Sache ist, weiß er ganz genau, welche Unterstützung oder welche Voraussetzungen vorhanden sein müssen, um einen für ihn möglichst problemlosen Urlaub zu gestalten.
Sie stoßen dabei aber immer noch auf Barrieren - auch wenn der Trend langsam in die positive Richtung geht. Es gibt sogar Reisebüros, die sich nur an Menschen mit Behinderung richten. „Leider werden hier oft sehr teure und exklusive Hotels angeboten, meint Thomas Becker, „was für Familien meist nicht erschwinglich ist. Und. über das Reisebüro zu buchen ist nicht so einfach sondern recht kompliziert. Ich habe recht gute Erfahrungen über die Vernetzung mit facebook gemacht. Hier kann man sich gut mit Gleichgesinnten austauschen und bekommt Reisetipps."

Die eigene gründliche Vorbereitung ist das A und O vor einer Reise. Ein behindertengerechtes Hotel will gefunden, barrierefreie Angebote am Urlaubsort recherchiert und - falls notwendig - die Betreuung und Begleitung organisiert werden.

So unterschiedlich die Behinderung, so unterschiedlich die Reiseplanung

Auch Dialysepatienten wollen im Urlaub ab und zu einfach mal fünfe gerade sein lassen. Um den Aufenthalt trotz Krankheit genießen zu können, benötigen die Betroffenen hier vor Ort unbedingt ein Dialyse-Zentrum, so dass die Therapie auch im Urlaub gewährleistet ist. Dafür gibt es die „Urlaubsdialyse“!
Dialysepatienten, sind durch ihre Erkrankung an einen festen Tagesablauf gebunden, gerade da braucht man einmal Ablenkung. Es gibt ihnen außerdem ein Gefühl von Sicherheit. Herauszufinden, dass man durchaus selbstständig in einer fremden Umgebung zurechtkommen und diese Sicherheit auch mit nach Hause nimmt.

Was die Vorbereitung betrifft müssen Dialysepatienten natürlich einiges beachten. Zuerst sollte mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden, ob der Gesundheitszustand eine Urlaubsreise erlaubt. Danach muss ein Dialyseplatz gebucht werden. Dazu die Absprache von Dialysezeiten und die Frage, was alles mitgebracht werden muss wie z. B. Medikamente, Befundberichte mit Laborwerten. Was den Urlaubsort anbelangt, gibt es keine Einschränkungen für Dialysepatienten. Nicht nur, dass es mittlerweile weltweit Dialysepraxen gibt, es haben sich verschiedene Reiseveranstalter sogar auf das Organisieren von Urlaubsreisen für Dialysepatienten spezialisiert.

Transplantationspatienten die auf einer Warteliste stehen, sollten natürlich darauf achten, dass sie durchgängig erreichbar sein müssen und deshalb nicht allzu weit vom Transplantationszentrum entfernt sind. Empfehlenswert ist hier eine Mitgliedschaft bei einer Organisation, die sie gegebenenfalls vom Urlaubsort zurückholt, wenn es schnell gehen muss. Für einen Deutschland –Urlaub gibt es die Broschüre zur Feriendialyse, in der alle Nieren-Zentren aufgelistet sind.

Reist man in Deutschland, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse vollständig die Dialysekosten. Bei Auslandreisen werden die Kosten im Normalfall bis zu der Höhe getragen, die auch für eine Dialyse in Deutschland berechnet würde.

Verreisen mit Demenzkranken

Gut überlegt sein muss das Verreisen mit einem Demenzkranken. Das trauen sich die meisten Angehörigen nicht zu. Aber mit Hilfe spezialisierter Veranstalter ist ein gemeinsamer Urlaub durchaus möglich. Viele Angebote werden sogar von den Pflegekassen bezuschusst. Während der Patient mehrere Stunden täglich von Fachpersonal betreut wird, haben die Angehörigen Zeit für sich, um mal wieder durchzuatmen, sich zu erholen und einfach Dinge zu unternehmen die zuhause auf der Strecke bleiben. Während des Aufenthalts werden sie nicht nur entlastet, sondern auch für den Umgang mit dem Erkrankten geschult. Zudem erfahren sie, welche praktischen und finanziellen Hilfen sie im Pflegealltag bekommen können.

Oft kommen beim Patienten plötzlich Dinge wieder zum Vorschein, welche Angehörige längst für verloren glaubten. Die Kommunikationsfähigkeit scheint revitalisiert, zu Essen macht wieder Spaß, Depressionen klingen ab, Trägheit lässt nach und die Lust am Leben wird wieder spürbar. Viele dementiell erkrankte Menschen kommen positiv verändert von einer Reise zurück. Infos erhalten Sie bei der Beratungsstelle Demenz Unterfranken.

Christine Waigand von der Beratungsstelle Demenz Untermain: „Zu mir kommen die Angehörigen meist als erste Anlaufstelle, wenn eine Erkrankung festgestellt wurde, um sich beraten zu lassen. Bei uns geht es weniger um das Verreisen. Denn bei Demenzkranken muss man abwägen ob sie dazu in der Lage sind. Jede Veränderung bedeutet nämlich Stress für den Betroffenen. Aber wenn ich sehe, dass Angehörige eine Auszeit nötig hätten und höre, dass der Erkrankte früher gern verreist ist, schlage ich spezielle Reiseangebote vor.

Zum Thema Betreutes Reisen (Senioren- und Handicap Reisen) ist Ute Schmidt, vom Bayerischen Roten Kreuz Obernburg/Miltenberg, die zuständige Ansprechpartnerin: „Wir haben einen Reisekatalog und bieten hierin unter anderem auch drei Reisen im Jahr für Behinderte an. Bei Bedarf klären wir im Vorfeld auch ab, ob sich vor Ort ein Dialysezentrum befindet. Unsere Reisegruppen sind relativ klein, weil meist doch eine intensive Betreuung nötig ist. Wir holen die Leute von zuhause ab, kümmern uns um die Koffer, helfen beim Essen holen, waschen und anziehen. Gereist wird im behindertengerechten Reisebus mit Hebebühne, der auch vor Ort bleibt, damit Ausflüge unternommen werden können. In diesem Jahr sind für die Reise an den Ammersee im September noch Plätze frei. Infos kann man sich gern bei mir holen.“

Margit Giegerich berät seit fast zwanzig Jahren blinde und sehbehinderte Menschen bayernweit. Seit diesem Jahr setzt sie sich auch bundesweit speziell für Frauen ein. Sie ist selbst stark sehbehindert und im Landkreis für den Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e.V. tätig: „Reisen ist für Blinde bzw. Sehbehinderte schon nicht so einfach. Aber auch hier gibt es Reisebüros die spezielle Reisen anbieten. Nicht immer mit einer eins zu eins Betreuung, aber Unterstützung ist immer dabei. Um als Blinder allein zu reisen muss man schon sehr couragiert und hart im Nehmen sein. Wenn ich verreise dann zu Kursen und Seminaren oder Tagungen der Selbsthilfe und habe da auch meist jemanden an meiner Seite. Urlaub mache ich am liebsten in unserem Aurahotel in Oberbayern, da ich mich sehr gut im Haus auskenne und alles barrierefrei ist. Und bei Ausflügen und Wanderungen erhält man hier eine Begleitung wenn man möchte.“

Urlaub mit der Lebenshilfe

Auch die Freizeit- und Reiseangebote der Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg werden von Eltern behinderter Kinder und Erwachsener sehr gern in Anspruch genommen. Vom Frühjahr bis in den Herbst gibt es für Kinder, Jugendliche und Erwachsene tolle Angebote ihre Ferien oder ihren Urlaub auch mal ohne Eltern zu verbringen und mehrere Tage zu verreisen. Ob, wie in diesem Jahr, auf den Bauernhof, an die Nordsee, eine Städtefreizeit, ein Ausflug zum Bodensee oder einen Trip auf Burg Wernfels. Für Erwachsene stehen fünf einwöchige Reisen auf dem Programm. Da geht es sogar nach Mallorca und an die Ostsee. Mehr Informationen darüber erhalten Sie bei der Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg e.V.

„6 Wochen Ferien sind eine lange Zeit, die Eltern überbrücken müssen. Deshalb werden unsere Reise- und Freizeitangebote sehr gern angenommen und wir sind auch immer schnell ausgebucht“, so Kai Oliver Reis von der Lebenshilfe Miltenberg. „Eltern behinderter Kinder haben einen 24-Stundenjob. Da bedeutet so eine Auszeit schon eine große Entlastung und den Kindern und auch behinderten Erwachsenen tut es sehr gut. Für sie ist es ein großes Highlight allein zu verreisen. Natürlich ist es für die Betreuer auch eine Herausforderung aber, sie kommen immer mit tollen Erlebnissen zurück. Im Bereich der offenen Behindertenarbeit kann sich jeder anmelden und teilnehmen und mitmachen.“

Eine weitere Schwierigkeit kann auch die Finanzierung einer Reisen sein, verfügen Menschen mit Behinderung im Durchschnitt doch über ein meist niedrigeres Einkommen. Dennoch lassen sich hier und da preiswerte Lösungen für einen barrierefreien Urlaub finden. Auch die sozialen Netzwerke wie facebook und diverse Blogs sind dabei sehr hilfreich, um sich auszutauschen und Tipps zu holen.

Das Beste ist eine frühzeitige Vorbereitung, dann finden sich hierzulande und auch in ferneren Regionen sicher geeignete Ziele. Und einem schönen Urlaub steht nichts mehr im Wege!

INFOS:

Die Broschüre zur Feriendialyse erhältlich über info@dnev.de , Internet www.ddnae.de, den Menüpunkt "Feriendialyse" anklicken

www.deutsche-alzheimer.de/angehoerige/entlastungsangebote.html
Beratungsstelle Demenz Untermain, Christine Waigand, Tel. 06021-45 11 11 7

Rotes Kreuz Ute Schmidt, Betreutes Reisen
Tel. 06022-6181-432, 09371-9722-432

www.lebenshilfe-miltenberg.de

Autor:

Sylvia Kester aus Miltenberg

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