Geschafft: Der Landkreis Miltenberg ist Hochschulstandort
„Wir sind Hochschulstandort“ – Mit diesen Worten hat Landrat Jens Marco Scherf am Donnerstag zahlreiche Gäste aus Wirtschaft und Wirtschaftsverbänden, Politik, Hochschule Aschaffenburg, Schulen sowie Architekten und Planer in der Berufsschule zur Einweihung des neuen Hochschulorts Miltenberg begrüßt.
Der Raum konnte die fast 100 Gäste, darunter die 35 Studentinnen und Studenten des neuen Studiengangs „Betriebswirtschaft für kleinere und mittlere Unternehmen", kaum fassen, als Harfenistin Bettina Link die Feierstunde eröffnete. Dem Landrat war die Freude anzumerken, dass es neben dem Technologietransferzentrum ZEWIS am ICO nun auch ein Studienangebot im Herzen des Landkreises Miltenberg gibt.
Der Kreistag habe im Dezember 2015 beschlossen, der Hochschule für eine Außenstelle die Räume einschließlich der Betriebskosten für fünf Jahre kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Im Frühjahr 2016 seien die Planer beauftragt worden, im Sommer und Herbst 2016 seien die Ausführungsplanungen und die Ausschreibungen erstellt worden. Im Februar 2017, nachdem der Kreis Ja zum Budget von rund einer Million Euro gesagt hatte, seien die ersten größeren Gewerke beauftragt worden. Nun könne man die ersten Studentinnen und Studenten in den hellen und technisch hochgerüsteten neuen Räumen begrüßen. Dass der Zeitplan gehalten wurde, sei der guten Kooperation aller beteiligter Akteure einschließlich des Kreisbauamts (Leitung: Andreas Wosnik) zu verdanken.
Auf 400 Quadratmeter Fläche befänden sich unter anderem drei Seminarräume, zwei Hörsäle und ein Aufenthaltsraum. Rund 170 Anmeldungen für das erste Semester bestätigten Scherf zufolge die hohe Nachfrage. Bei der Sanierung habe man Erfahrungen aus den Sanierungen der Gymnasien sowie der Realschule Obernburg genutzt und wirtschaftliche Materialien und Konstruktionen verwendet. „Es ist gut, dass die Hochschule zu den Studierenden kommt“, befand der Landrat, besonders angesichts der Tatsache, dass in den Städten die Raumnot groß und die Preise hoch sind und das Pendeln zwischen Lern- und Wohnort lang und lästig ist. Das Studium stelle für die künftigen Führungskräfte der Region, die hier ausgebildet werden, eine gute Alternative zum Wegzug aus der Region dar. Gemeinsam mit dem Freistaat Bayern schaffe man für den Landkreis einen wichtigen Meilenstein im Konzept der Bildungsregion, so Scherf.
Es sei bei ihm zunächst „Liebe auf den zweiten Blick“ gewesen, bekannte der Präsident der Hochschule Aschaffenburg, Professor Dr. Wilfried Diwischek, als er die Ausschreibung las, wonach Hochschulen auch in der Region lehren können. Schnell habe die Hochschule aber die Chancen erkannt. Miltenberg sei als Standort prädestiniert gewesen, so Diwischek, der in Landrat Jens Marco Scherf einen Politiker fand, der der Idee aufgeschlossen gegenübergestanden habe. Scherf zu überzeugen, sei „einfacher als gedacht“ gewesen, blickte Diwischek zurück. Gemeinsam mit der Hochschule Ansbach habe man eine Bewerbung abgeschickt, sei zum Zug gekommen und könne somit die Vernetzung von Hochschule und Region angehen. Die Studenten lernen alleine, gehen in Präsenzveranstaltungen und tauschen sich auch aus: So fasste der Professor das Studienkonzept zusammen, das auf die Bedürfnisse der Studenten und Firmen in der Region ausgerichtet sei. Eine Befragung der Erstsemester bestätige das Konzept, denn die meisten hätten die freie Zeiteinteilung und das mögliche Selbststudium als Grund für das Studium angegeben. Diwischek dankte dem Freistaat für die Bereitstellung der finanziellen Mittel, aber auch dem Landkreis Miltenberg für die wunderbar renovierten Räume. „Wir werden gemeinsam erfolgreich sein“, zeigte er sich optimistisch.
Professor Dr. Hartwig Webersinke, Dekan der Fakultät Wirtschaft und Recht, hob die Rolle des Landkreises als Partner hervor. „Wir brauchen Partner, die wollen und die sich mit dem Projekt identifizieren“, stellte er fest, „und der Landkreis will.“ In Miltenberg finde man sehr gute Rahmenbedingungen vor, lobte er. Zwar gebe es den Studiengang Betriebswirtschaft schon häufig, aber in Miltenberg sei dieser ganz anders konzipiert. Das Konzept unterscheide sich von den herkömmlichen Studiengängen, denn es sei passgenau auf die Unternehmen vor Ort und die Lebenswirklichkeit von Studenten ausgerichtet. Bei rein virtuellen Studiengänge gebe es hohe Abbruchquoten, wusste Webersinke, deshalb biete man ein Studium an, bestehend aus Präsenzveranstaltungen und virtuellem Lernen. Für viele am Studium Interessierte sei es wegen ihrer Lebensumstände nicht möglich, jeden Tag nach Aschaffenburg zu fahren. Sie könnten sich nun ihre Zeit weitestgehend frei einteilen und das Studium nach ihrer Lebensrealität absolvieren. Auch wenn das Projekt neu sei, könne aber nicht von Improvisation die Rede sein, stellte Webersinke klar. Das komplette Programm stehe, die Hochschule werde mit geballter Kompetenz das Wissen vermitteln.
Nach der kirchlichen Segnung der neuen Räume durch den evangelischen Pfarrer Peter Neubert (Miltenberg) und seinen katholischen Amtskollegen Artur Fröhlich (Eichenbühl) schauten sich die Gäste gemeinsam mit den Erstsemestern die Räume an.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.