Bildungskoordinierung als Landkreisaufgabe

In ihrer zweitägigen Arbeitstagung im Miltenberger Landratsamt befassten sich die Mitglieder der Weinheimer Initiative mit der Frage, ob die Koordinierung von Bildung im Übergang von Schule in die Arbeitswelt eine Aufgabe von Landkreisen ist.
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Wie sieht erfolgreiche Koordinierung von Bildung im Landkreis aus? Wie arbeiten dabei Gemeinden und Kreis zusammen? Diese Fragen standen am Donnerstag und Freitag im Mittelpunkt einer Arbeitstagung der Weinheimer Initiative im Landratsamt Miltenberg. Fachleute aus ganz Deutschland diskutierten über das bisher Erreichte, tauschten unterschiedliche Ansätze aus und warfen einen kritischen Blick auf die Bildungskoordinierung.

Der Landkreis Miltenberg ist seit Oktober 2018 Mitglied in dieser Initiative mit Mitgliedskommunen aus ganz Deutschland, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die kommunale Koordinierung bei der Gestaltung des Bildungssystems vor Ort zu unterstützen. Ein Schwerpunktthema der Initiative ist der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Dabei geht es nicht nur darum, sich für die Bildungsverantwortung der Kommunen stark zu machen, sondern sich auch für die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen einzusetzen.

Bei der Initiative handelt es sich in erster Linie um eine Arbeitsgemeinschaft, in der das Mitmachen gefragt ist. Dass die Arbeit dieser Initiative als wertvoll gesehen wird, lässt sich an der Mitgliedschaft zahlreicher Städte (unter anderem Dortmund, Freiburg, Kassel, Karlsruhe, Stuttgart und Kiel), aber auch Landkreisen wie Göttingen, Offenbach, Rhein-Neckar und auch Miltenberg) ablesen. Sie alle eint die Gewissheit, dass die lokale und regionale Handlungsebene eine besondere Verantwortung für Bildung und insbesondere die Gestaltung der Übergänge zwischen Bildungseinrichtungen und Lebensphasen hat. Dafür aber braucht es Ressourcen, war in der Sitzung mehrfach zu hören.

Welche Modelle haben sich bewährt? Welche Rahmenbedingungen braucht es? Auf diese Fragen gelte es ständig angepasste Antworten zu finden, so das Fazit der Arbeitstagung. Denn, auch in dieser Frage sind sich alle Akteure einig, der Übergang von der Schule in den Beruf sei eine extrem wichtige Weichenstellung für das künftige Leben junger Menschen. Dass das nicht einfach ist, ist klar: Sowohl Schule wie auch Wirtschaft sind ihren speziellen rechtlichen und fachlichen Rahmenbedingungen unterworfen, auf die die Initiative keinen oder nur geringen Einfluss hat. Deshalb brauche es für den Erfolg eine „lokale Verantwortungsgemeinschaft“ unter Beteiligung alles Akteure, die auf Übergänge und Bildungsbiografien Einfluss haben. Deshalb heißt es im Positionspapier der Initiative ganz klar: Die Übernahme kommunaler Verantwortung für Bildung und Übergänge muss eine politische Pflichtaufgabe sein. Rein rechtlich gesehen, ist sie de facto aber eine freiwillige Leistung.

In mehreren Referaten entwickelte sich am Donnerstag und Freitag am Ende ein sehr vielfältiges Bild von Bildungskoordinierung, Bildungsmanagement und Bildungsmonitoring. Das Vorgehen unterscheidet sich nach den jeweiligen Rahmenbedingungen der Länder, aber auch auf Landkreis- und Stadtebene. Nicht zuletzt verlangen verschiedene Kreistypen mit ihren demographischen und strukturellen Merkmalen nach spezifischen Lösungen. Kontrastierend wurden ganz unterschiedliche Entwicklungen der Bildungskoordination im Kreis vorgestellt. Im Landkreis Dithmarschen etwa ist das Bildungsbüro mit zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besetzt, von denen der Landkreis zwei auf der Lohnliste hat, im Landratsamt Miltenberg kümmert sich Tim Steinbart um Bildungsmanagement und Bildungsmonitoring, Koordinationsaufgaben sind auch im Jugendamt und Staatlichem Schulamt angesiedelt. Andere Landkreise wie etwa Rhein-Neckar machen sich gerade auf den Weg und wollen von den vielen Erfahrungen der Mitglieder der Weinheimer Initiative profitieren.

Auch dem Bildungsmonitoring messen die Mitglieder der Initiative große Bedeutung bei, denn nur so könne man abbilden, welche Maßnahmen notwendig sind, um die jeweils am besten geeigneten Modelle zu entwickeln. Das Monitoring müsse als Grundlage für eigene Entscheidungen dienen, sagte ein Tagungsteilnehmer. So habe man im Landkreis Recklinghausen dank eines eigenen Schulentwicklungsprogramms das Bildungsniveau im dortigen Berufskolleg – eine Schulform, die auf die Sekundarstufe II ausgerichtet ist und sowohl den Hauptschulabschluss ermöglicht wie auch Fachschulen umfasst – deutlich verbessert. Das, zeigte sich Richard Schröder (Kreisverwaltung Recklinghausen) überzeugt, wäre ohne Bildungsmonitoring nicht möglich gewesen.

Der Sprecher der Weinheimer Initiative, Heiner Bernhard, zeigte sich an Ende der Tagung sehr beeindruckt von der Art und Weise, wie der Landkreis Miltenberg als Dienstleister für die Kommunen beispielsweise bei der Digitalisierungsplanung der Schulen aktiv sei. Diese Arbeit erfolge zwischen Landkreis und Kommunen auf Augenhöhe, bestätigte Landrat Jens Marco Scherf, der auch die Zusammenarbeit im Sinne der Datenschutzgrundverordnung und der IT-Sicherheit anführte. Dabei gehe es um eine gemeinsame Planung, ohne die Eigenständigkeit auf gemeindlicher Ebene zu verletzen. Diese Hilfe wolle man aber nicht nur auf die technische Seite reduzieren, denn hinter der Digitalisierung der Bildung stecke weit mehr als nur die technische Ausstattung der Schulen. Es gelte auch die Frage zu beantworten, welche Anforderungen die Digitalisierung an eine gute Bildung stelle. Es sei wichtig, den Menschen die Kompetenz zu vermitteln, damit sie mit der Digitalisierung umgehen können, so der Landrat abschließend. Die rege Beteiligung in den Diskussionen hat gezeigt, dass die Konzepte „Kommunale Koordinierung“ und „lokale Verantwortungsgemeinschaft“ hochaktuell bleiben. Dieser fachliche Austausch hat nicht zuletzt wichtige Anregungen für die Weiterentwicklung der Bildungskoordinierung im Landkreis Miltenberg gebracht.

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