Bedeutung für die Wirtschaft der Region
50 Jahre Bildung im Landkreis Miltenberg

An der Berufsschule am Standort Miltenberg befindet sich seit 2012 das Kompetenz-zentrum für Körperpflege und Friseure. | Foto: © Winfried Zang
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  • An der Berufsschule am Standort Miltenberg befindet sich seit 2012 das Kompetenz-zentrum für Körperpflege und Friseure.
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Was genau ist eigentlich Bildung? Allgemein umfasst Bildung mehr als „nur“ Schule: Bildung beschreibt die kontinuierliche Auseinandersetzung des Menschen mit sich und der Umwelt – an allen Orten, an denen Austausch mit anderen, das Entdecken der Natur, eigenes Nachforschen, Lesen und Fragen stattfindet, also auch Museen, Vereinsheime, Sport-, Kultur- und Kunststätten, sogar Unternehmen, Betriebe oder Bauernhöfe. Bildung ist komplex und vielfältig, gleichzeitig verändert sie sich stetig.

Ein Satellit namens Sputnik...
Wie komplex sich Bildung entwickeln kann, zeigt der „Sputnik-Schock“: Während des Kalten Krieges schaffte es die Sowjetunion vor allen anderen, den Satelliten Sputnik in die Umlaufbahn zu bringen. Aus Angst vor einem strategisch bedeutenden technischen Vorsprung der Sowjetunion entstand eine umfassende Bildungsinitiative. In der Folge wurden auch im Landkreis Miltenberg vermehrt Gymnasien und Realschulen geschaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt ging der Großteil aller Kinder ab der fünften Klasse auf die Volksschule: 1952 besuchten 79 Prozent im früheren Bundesgebiet die Volksschule; 50 Jahre später gingen nur noch knapp 23 Prozent in die Mittelschule. Eine Folge: Wir müssen heute den Wert der beruflichen Bildung wieder ins Bewusstsein rufen, da qualifizierte Fachkräfte fehlen und der Wert der beruflichen Ausbildung in der Öffentlichkeit unterschätzt wird!
In den 60-er und 70-er Jahren wurden nach und nach weitere Gymnasien gebaut und heute befinden sich vier Gymnasien in Trägerschaft des Landkreises Miltenberg: Das Karl-Ernst-Gymnasium in Amorbach (bis 2019 in Trägerschaft der Stadt Amorbach), das Johannes-Butzbach-Gymnasium Miltenberg, das Hermann-Staudinger-Gymnasium Erlenbach und das Julius-Echter-Gymnasium Elsenfeld. Die steigende Zahl von Schüler*innen an den Realschulen hatte die Gründung der Johannes-Hartung-Realschule (1967) und der Staatlichen Realschule Elsenfeld (1971) zur Folge.

Hohe Bedeutung beruflicher Bildung und neue Herausforderungen
Durch die Öffnung des Bildungssystems erhoffte man sich, dass mehr begabte Kinder unabhängig von der sozialen Herkunft den Weg an die Universität finden werden. Das Ergebnis: Das Abitur wurde zum vermeintlich „einzig heilbringenden“ Schulabschluss; immer weniger Menschen absolvierten die duale Berufsausbildung. Die aufgrund herausragender Perspektiven der beruflichen Ausbildung unbegründete Angst, ohne akademischen Abschluss sozial absteigen zu können, gefährdet inzwischen auch die für den Landkreis bislang starke und bedeutsame Säule der beruflichen Bildung: Hoch spezialisierten und im internationalen Wettbewerb stehenden Industrieunternehmen fehlt qualifizierter Nachwuchs wie auch erfolgreichen Handwerksbetrieben, welche sogar oft vergebens nach Personen für die Unternehmensnachfolge suchen. Die zu geringe Wertschätzung für die berufliche Bildung gefährdet langfristig den wirtschaftlichen Erfolg des Landkreises. Umso wichtiger ist die enge Zusammenarbeit des Bildungsmanagements im Landratsamt mit der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer – nicht nur an Mittel- und Realschulen, sondern auch an Gymnasien. Gleichzeitig war es wichtig, dass das Studienangebot an der deutschlandweit geachteten TH Aschaffenburg eng abgestimmt mit den Unternehmen passend an die Anforderungen entwickelt wird: Studierende können praktische Erfahrungen sammeln, Unternehmen benötigte Fachkräfte frühzeitig gewinnen.

Die Bildungslandschaft in Miltenberg im Spiegel der letzten Jahre
Immer wieder werden neue Bedarfe erkannt und das Bildungsangebot weiterentwickelt. In den letzten Jahren waren der Übergang Schule-Beruf und Fachkräftemangel Schwerpunkt in der Arbeit des Bildungsmanagements. Einiges ist in den letzten zehn Jahren passiert:

Bildungsregion
Um als Bildungsregion anerkannt zu werden, musste der Landkreis sicherstellen, Kindern und Jugendlichen den individuellen Bildungsweg vor Ort zu ermöglichen. Außerdem wurden die Gegebenheiten des lebenslangen Lernens unter die Lupe genommen. Hierfür wurden Bildungsbereiche getrennt voneinander durch Expert*innen betrachtet, Erkenntnisse sowie Empfehlungen bestimmt und umgesetzt. Dieses Qualitätssiegel des Freistaats Bayern trägt der Landkreis Miltenberg seit 2017 und er bekennt damit, dass Bildung ein wichtiges Thema der Kreisentwicklung bleibt.

Hochschule
Seit 2017 ist Miltenberg Hochschulstandort: An der Außenstelle der Technischen Hochschule Aschaffenburg wird am Campus Miltenberg der Studiengang „Betriebswirtschaft für kleine und mittlere Unternehmen“ angeboten. Dadurch wird der Wirtschaftsstandort gestärkt, jungen Menschen wird die hohe Lebensqualität im Landkreis vor Augen geführt und man qualifiziert vor Ort in enger Kooperation mit den Unternehmen die notwendigen Führungskräfte.

Bildung als Standortfaktor
Wie sich am Beispiel des Campus in Nachbarschaft zur Berufsschule Miltenberg-Obernburg zeigt, kann Bildung auch dazu dienen, die Region als Lebensort attraktiver zu machen. Denn: Eine Region, die Wert auf gute Bildungsinfrastruktur legt, ist bei jungen Familien beliebt – bei der Verfügbarkeit von Kitaplätzen wie bei der außerschulischen und kulturellen Bildung. So ist das kommunale Bildungsmanagement essenzieller Bestandteil der Arbeit. Häufig sind Bildungsangebote und Anlaufstellen nicht bekannt und werden nicht genutzt. Daher wurde 2018 die Webseite der Bildungsregion ins Leben gerufen mit aktuellen Veranstaltungen, allen Bildungsinstitutionen sowie Ansprechpartner*innen. In Kooperation mit der Familienbildung hält ein Newsletter Interessierte über aktuelle Angebote auf dem neusten Stand.

Kommunales Bildungsmanagement als Chance
Durch Förderung im Projekt „Bildung integriert“ bot sich die Möglichkeit, ein kommunales Bildungsmanagement und Bildungsmonitoring einzurichten. So wurde das Bildungsmanagement ab 2016 zur zentralen Anlauf- und Informationsstelle, um Bildungsbedarfe zu definieren. Gleichzeitig konnten durch eine koordinierende Stelle die Angebote besser vernetzt werden. Der Fachkräftemangel wurde zum zentralen Arbeitsthema, im Zuge dessen nicht nur das Angebot besser kommuniziert und abgestimmt wurde, sondern auch durch die Steuerungsgruppe stetig bearbeitet wurde. Diese ist bis heute mit Landrat, Kreisentwicklung, Jugendamt, IHK, HWK, Agentur für Arbeit, Jobcenter und Gemeindetag besetzt. Es entstanden weitere Kooperationen mit der Fachkräfteinitiative Bayerischer Untermain, der Lokalen Aktionsgruppe Main4Eck sowie den Bildungsbeauftragten von Stadt und Landkreis Aschaffenburg. Die Stärke des kommunalen Bildungsmanagements liegt darin, individuelle Voraussetzungen und Möglichkeiten besser erkennen und nutzen zu können, denn keine Kommune gleicht der anderen. So ist es wichtig, eine Ansprechperson mit fachlicher Expertise im Landkreis zu haben: Jemand, der Entwicklungen und Bedarfe beobachtet, mit allen Beteiligten im Gespräch bleibt und diese Erkenntnisse an die Politik weitergibt, mit Fachkräften und Bürger*innen vor Ort im Dialog ist sowie Bedarfe und Lücken in der Bildungslandschaft erkennt und kommuniziert.

Wohin nun?
Nachdem das Thema „Übergang Schule – Beruf“ über ein solides Fundament verfügt, stellt sich der Landkreis neuen Herausforderungen: Zusammen mit Stadt und Landkreis Aschaffenburg ist er „Inklusive Region“. So wird das Bildungsmanagement in Kooperation mit den Inklusionsbeauftragten und den Schulämtern Aschaffenburg und Miltenberg ein Konzept zum Thema „Inklusion & Bildung“ ausarbeiten. Das soll in einem partizipativen Prozess mit allen Bürger*innen passieren mit dem Ziel einer inklusiven Gesellschaft. Zudem stehen Kreis und Gemeinden vor der Aufgabe, den Ganztagsbetreuungsanspruch ab 2026 vorzubereiten: Die Kinder sollen nicht in Schulen „verwahrt“ werden, vielmehr bietet der Ganztag die Möglichkeit, Bildung durch musische, künstlerische, sportliche und naturwissenschaftliche Angebote zu ergänzen.
Bildungsarbeit kann helfen, gesellschaftliche Probleme zu lösen.
Ob Klimawandel, Krieg oder Demokratiefeindlichkeit: Bildung bietet die Möglichkeit, sich selbst zu befähigen und zu informieren. Auch Medienbildung stellt – insbesondere in Zeiten von „Fake News“ – einen wichtigen Teil der außerschulischen Bildungsarbeit dar. Hier zeigt sich, wie technischer Fortschritt auf Bildung wirkt und sie verändert.
Um die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern, wird aktuell daran gearbeitet, das Bildungsmanagement als Ansprechpartner für alle – behördenintern, für Bürger*innen und Unternehmen – zu etablieren. So kann das Netzwerk stärker ausgebaut und die Bedarfe der Menschen vor Ort genauer einbezogen werden.

kl

Ansprechpartnerin für alle Fragen zu Bildungsthemen, -trends und der Bildungslandschaft vor Ort ist Anna-Lena Klassert, Telefon: 09371/501-431, E-Mail: anna-lena.klassert@lra-mil.de, Internet: https://bildungsregion.landkreis-miltenberg.de.

An der Berufsschule am Standort Miltenberg befindet sich seit 2012 das Kompetenz-zentrum für Körperpflege und Friseure. | Foto: © Winfried Zang
Mit Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung „Jugend stärken im Landkreis Miltenberg“ im Jahr 2016 wurde der Weg für die Gründung der Jugendberufsagentur freigemacht. Im Bild (von links): Günther Oettinger (Gemeindetag), Andrea Sitzmann (Handwerkskammer), Dr. Maria Bausback (IHK), Ulrich Wohlmuth (Schulamt), Alfons Opolka (Jobcenter), Maria Haas (Agentur für Arbeit) und Landrat Jens Marco Scherf.  | Foto: © Winfried Zang
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Blickpunkt MIL aus Miltenberg

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