„Projekt Zukunft“: Weil eure Meinung zählt!
Spielplätze, Treffpunkte, Verkehr – Kinder und Jugendliche bekommen die Chance auf die Zukunftsplanung der Gemeinden Einfluss zu nehmen

Die Kreisjugendpfleger Schuster und Platz (von links) begleiteten das Projekt in Miltenberg gemeinsam mit der Jugendbeauftragten Nici Kolbe. Für Platz war es der letzte Einsatz als Kreisjugendpfleger. Nach 35 Jahren verabschiedet er sich in den Ruhestand.
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  • Die Kreisjugendpfleger Schuster und Platz (von links) begleiteten das Projekt in Miltenberg gemeinsam mit der Jugendbeauftragten Nici Kolbe. Für Platz war es der letzte Einsatz als Kreisjugendpfleger. Nach 35 Jahren verabschiedet er sich in den Ruhestand.
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„Warum ist auf so vielen Spielplätzen ein Schaukelpferd? Das benutzt doch eigentlich niemand!“ „Und warum dürfen Kinder nur bis 12 Jahre den Spielplatz nutzen? Das ergibt gar keinen Sinn!“

Man merkte es gleich, hier diskutieren Experten. Experten, die viel zu selten zu Wort kommen, obwohl es doch um ihre Bedürfnisse geht. Genau hier setzt das „Projekt Zukunft“ des Landkreises Miltenberg an. Seit 2017 bringt es die Wünsche und Ideen von Kindern und Jugendlichen mit den politisch Verantwortlichen verschiedenster Kommunen zusammen. Ein Erfolgsmodell, das mit Miltenberg und Erlenbach in diesem Jahr, in mittlerweile zwölf kreisangehörigen Gemeinden durchgeführt wurde.

Bedürfnisse und Anliegen kommunizieren

So wurde im Miltenberger Jugendzentrum am Freitag, 23.Juni eifrig diskutiert. Dabei ging es nicht ausschließlich um Spielplätze. Auch Treffpunkte für Jugendliche oder der Verkehr waren unter anderem Themen, die an diesem Nachmittag in verschiedenen Workshops ausgearbeitet und anschließend Bürgermeister Bernd Kahlert und dem Stadtrat vorgestellt wurden. Dem voraus ging ein Online-Fragebogen für Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 18 Jahren und eine Ortsbegehung für Sechs- bis Zehnjährige unter Berücksichtigung kinder- und jugendrelevanter Orte und Themen. Anschließend wurden die Aktionen von den kommunalen Kreisjugendpflegern ausgewertet und Plakate mit den Ergebnissen erstellt.

Was davon ist am wichtigsten? Das entschieden die Kinder und Jugendlichen am Workshop-Tag im Jugendzentrum, zu dem alle Sechs bis 18-jährigen aus der Kommune eingeladen waren.

Nici Kolbe, Stadträtin und Jugendbeauftragte brachte das Projekt für Miltenbergs Kinder und Jugendliche ins Rollen.
  • Nici Kolbe, Stadträtin und Jugendbeauftragte brachte das Projekt für Miltenbergs Kinder und Jugendliche ins Rollen.
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„Die Plakate mit den Ergebnissen aus den Fragebögen und Begehungen wurden von den Kindern und Jugendlichen bepunktet“,

erklärt Nici Kolbe, Jugendbeauftragte und Stadträtin, die das Projekt gemeinsam mit Helmut Platz und Simon Schuster, den kommunalen Kreisjugendpflegern begleitete.

„Aus den Themen mit den meisten Punkten sind drei Arbeitsgruppen entstanden“,

erzählt die Jugendbeauftragte weiter. In Miltenberg fiel der Hauptfokus auf Spielplätze, Räume und Treffpunkte sowie Verkehr und Ortsbild. Begleitet wurden die drei Gruppen von Helmut Platz, Simon Schuster und Nici Kolbe.

„Ich bin beeindruckt worüber die Jugendlichen sich Gedanken machen und auch über ihre Lösungsvorschläge“

, sagt Kolbe nach den Workshops. „Auch was den Kindern bei den Ortsbegehungen aufgefallen ist, finde ich toll. Überhaupt bin ich begeistert von so vielen engagierten Jugendlichen und Kindern.“

Jugendliche wünschen sich mehr Treffpunkte

Was sich Miltenbergs Jugendliche vom „Projekt Zukunft“ erhoffen, wurde am Workshop Tag deutlich und war auch schon in den Onlinebefragungen Thema Nummer eins: Es sollen mehr Treffpunkte geschaffen werden, die beispielsweise auch abends noch geöffnet sind. Auch Events speziell für junge Menschen waren ein Thema. Auf der Wunschliste standen zudem eine Skateanlage, ein Dirtpark oder Pumptrack, ein Volleyballfeld, mehr Möglichkeiten zu kicken oder ein Abenteuerspielplatz für alle Altersgruppen. Aber auch die Themen Verkehr und Ortsbild lagen den jungen Menschen sehr am Herzen. Neben den „Elterntaxis“ kamen auch gefährliche Verkehrssituationen auf den Schulwegen sowie rücksichtslose Autofahrer zur Sprache. In der Stadt fielen den Jugendlichen unter anderem überfüllte Mülleimer mit zu kleinen Öffnungen auf. Wichtig war ihnen zudem auf die mangelnde Beleuchtung bei Dunkelheit und schlecht einsehbare Straßen aufmerksam zu machen.

„Gerade als junge Frau fühlt man sich abends unwohl“,

  so eine Teilnehmerin. Die jüngeren Kinder äußerten sich detailliert zu den verschiedenen Spielplätzen in Miltenberg und den Ortsteilen. Hier wurde sich vor allem gewünscht, renovierungsbedürftige Geräte in Stand zu setzen und die Basketballkörbe zu reparieren. Allerdings fanden die Kinder auch Lob für die Spielplätze.
Von den Arbeitsgruppen wurden jedoch nicht nur Wünsche geäußert und auf Probleme hingewiesen, - die jungen Menschen lieferten zeitgleich auch konkrete Lösungsvorschläge sowie kreative Ideen zur Umsetzung ihrer Anliegen.

Erlenbacher Jugendliche mit ähnlichen Wünschen

Ralf Diener, Leiter des Jugendzentrums in Erlenbach und Jugendbeauftragter.  | Foto: Privat
  • Ralf Diener, Leiter des Jugendzentrums in Erlenbach und Jugendbeauftragter.
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In Erlenbach fand der Workshop Tag ebenfalls im Juni statt. Ralf Diener, Jugendbeauftragter der Stadt Erlenbach und Leiter des Jugendzentrums in Erlenbach fasst zusammen:

„Bei den Sechs- bis Zehnjährigen waren Spielplätze das Hauptthema. Es gibt zwar viele, aber die sind nicht gut ausgestattet. Die Kinder wünschen sich neue Spielgeräte. Bei den Jugendlichen lag der Fokus auf Spiel- und Sportmöglichkeiten und Treffpunkten. Chillplätze, Bolzplätze mit ebenem Rasen, ohne Löcher, ordentliche Basketballmöglichkeiten und generell Treffpunkte, wo man sich auch abends mal noch treffen kann, ohne dass die Anwohner die Polizei rufen. Auch mehr jugendgerechte Veranstaltungen wurden gewünscht. Ein weiteres Anliegen war der Verkehr mit den vielen Rasern in Streit aber auch im restlichen Stadtgebiet. Die Kinder und Jugendlichen erhoffen sich mehr Rücksichtnahme durch Autofahrer oder mehr 30-Zonen. Auch Häuschen an den Bushaltestellen fänden sie toll.

Insgesamt hätte ich mir eine stärkere Beteiligung am Projekt gewünscht. Aber eine gewisse Politikverdrossenheit ist schon bei Kindern und Jugendlichen spürbar. Das merkt man an Sätzen wie – jetzt werden wir zwar gefragt, aber es passiert ja doch nichts -. Ich wünsche mir, dass die politisch Verantwortlichen jetzt reagieren, dass die jungen Menschen auch sehen – aha, da passiert tatsächlich was.“

Projektnachhaltigkeit

In vielen Gemeinden ist dank des Projekts bereits einiges passiert, unter anderem die Einrichtung von Jugendtreffs in mehreren Gemeinden, die Neugestaltung von Spielplätzen aufgrund von Vorschlägen der Kinder sowie neue Angebote für ältere Jugendliche. Um die Nachhaltigkeit des Projektes zu gewährleisten, hat sich jede teilnehmende Gemeinde verpflichtet, innerhalb eines halben Jahres in jugendgemäßer Form über die Umsetzung zu berichten.

„Bürgermeister und Stadträte müssen den Kindern und Jugendlichen erzählen, was aus ihren Ideen geworden ist oder auch warum etwas vielleicht nicht umgesetzt werden kann“,

erklärt Kreisjugendpfleger Helmut Platz, der das „Projekt Zukunft“ mit den Kollegen Schuster und Adams 2017 ins Leben gerufen hat. Es ist ein Herzensprojekt von Platz, der sich nach 35 Jahren Engagement für Kinder und Jugendliche nun in den Ruhestand verabschiedet.

Verantwortung durch Teilhabe

Helmut Platz:

„Das Projekt bietet jungen Menschen die Chance zu lernen: Wenn ich etwas sage, wird es ernstgenommen, es wird gehört und es passiert auch was. Durch die direkte Form der Beteiligung lernen sie Verantwortung für das Gemeinwesen. Auch für die Kommunen ist das Projekt eine Chance. Es ist ein enormer Wissensgewinn für die politisch Verantwortlichen. Sie erhalten konkrete Anregungen auf die reagiert werden kann. Das ist wichtig für die Zukunftsplanung einer Kommune, um nicht an den Wünschen und Bedürfnissen junger Menschen vorbei zu handeln.“

In Miltenberg und Erlenbach hat das Projekt bereits jetzt etwas in Gang gebracht: In Miltenberg wurden die Kinder und Jugendlichen von Nici Kolbe zu einer Stadtratssitzung eingeladen und in Erlenbach möchte man zukünftig jährlich eine Umfrage für junge Menschen machen.

„Auch Beteiligung muss man üben“, so Ralf Diener.

Julian hofft auch zukünftig auf eine Form der Beteiligung für Jugendliche.
  • Julian hofft auch zukünftig auf eine Form der Beteiligung für Jugendliche.
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Julian,16 Jahre: 

„Ich habe in der 6. Klasse angefangen mich für Politik zu interessieren. Es ist was Neues, dass man als Jugendlicher die Chance bekommt an der Zukunft der Gemeinde mitzuarbeiten, die muss man nutzen, finde ich. Ich freue mich, dass in diesem Bereich etwas passiert und hoffe, dass es nicht bei diesem einen Projekt bleibt, sondern, dass es auch in der Zukunft eine Form der Beteiligung für Jugendliche gibt."

Autor:

Marlene Deß aus Miltenberg

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