Mit dem Rad durch Dorfprozelten
Auf dem Fahrrad hat Landrat Jens Marco Scherf, begleitet von seinen Mitarbeitern Stefan Pache und Bernd Hofmann, am Donnerstag die Gemeindebesichtigung in Dorfprozelten absolviert. Angeführt von Bürgermeister Dietmar Wolz, vier Gemeinderäten und Gemeinderätinnen sowie einem Verwaltungsmitarbeiter, erstrampelten die Radfahrer dabei viele Kilometer für die Aktion Stadtradeln.
Im Sitzungssaal des Rathauses stellte Bürgermeister Dietmar Wolz zunächst Dorfprozelten kurz vor – eine Gemeinde mit kleiner Verwaltung und einem aktiven Gemeinderat, in dem Parteizugehörigkeit keine Rolle spielt. Er wies darauf hin, dass im Südspessart die Kooperation eine große Rolle spielt. Das mache sich nicht nur in der Kommunalen Allianz bemerkbar, sondern auch in diversen Zweckverbänden. Wolz sprach Probleme wie Bevölkerungsschwund und Finanzen an, lobte aber auch das gute Miteinander und das große Engagement der vielen Vereine in der Gemeinde. Für Landrat Jens Marco Scherf sind die Gemeindebesuche eine gute Möglichkeit, direkt vor Ort in die Lebenswirklichkeit der Kommunen einzutauchen und sie mit ihren Projekten noch besser kennenzulernen. Man müsse dafür Sorge tragen, Bevölkerung und Gewerbe zu halten, sagte er und wies auf die vielfältigen Bemühungen zur Verbesserung der Mobilität hin. Das betreffe nicht nur das Vorantreiben des Baus der Brücke und der Ortsumfahrung Kirschfurt und das Radwegekonzept des Landkreises, sondern auch die Etablierung eines Morgenbusses, der über den Südspessart und Wertheim Fahrgäste nach Würzburg bringt. Perspektivisch denke man auch über einen weiteren Brückenstandort im Südspessart nach, sagte Scherf, denn bereits jetzt müsse man anfangen, belastbare Daten und Fakten zu sammeln. Er bescheinigte dem Südspessart hervorragende Perspektiven, aber die Zukunftsfähigkeit sei von guter Mobilität abhängig.
Erste Station der Rundreise war der Kindergarten, wo die Delegation von Kindergartenleiterin Ulrike Karch empfangen wurde. Dass man dringend eine zweite Krippengruppe braucht, ist unstrittig. Das Gebäude platzt aus allen Nähten, Handlungsbedarf ist angesagt. „Umbau im Bestand oder Neubau“, das sind für den Bürgermeister die Alternativen. Den Umbau würde er gerne vermeiden, denn der Aufwand wäre enorm. Ein Neubau neben dem Kindergarten, wo bislang zwei ältere Gebäude stehen, wäre eine gute Lösung, so Dietmar Wolz. Landrat Jens Marco Scherf bot der Gemeinde Hilfe bei der Verwirklichung der Planungen an. Die Bauabteilung werde sich das Vorhaben anschauen und klären, was rechtlich machbar sei.
Wieviel Technik in Außenspiegeln für Autos verbaut ist, erfuhr die Delegation beim Besuch des Automobilzulieferers Magna. Thomas Külkens, Mitglied der Geschäftsleitung, führte die Gruppe durch die Betriebsräume. Hier konnten die Besucherinnen und Besucher sehen, dass Magna für fast alle Automobilhersteller Spiegel produziert – für BMW, u.a. für die i-Reihe, Volvo, Mercedes, Mini und sogar für Rolls Royce. 800 Mitarbeiter sind in Dorfprozelten beschäftigt, erklärte Külkens, der auf den hohen Anteil von Handarbeit im Unternehmen hinwies – besonders bei der Montage der Spiegel, in denen teilweise über 100 Einzelteile verbaut sind. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sei man dabei, die Automatisierung voranzutreiben, sagte der Manager. Doch es soll nicht nur bei Spiegeln bleiben: Zurzeit entwickele man eine Mittelkonsole für Volvo, verriet er, „hier bewegen wir uns auf ganz neuen Pfaden.“ Von einem Problem bleibt auch Magna nicht verschont: Die Arbeitskräfte fehlen, trotz guter Löhne. Fachkräfte seien kaum zu bekommen, ebenso geeignete ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter. Hier seien oft die mangelhaften Deutschkenntnisse ein Hindernis, stellte Külkens fest. Landrat Jens Marco Scherf pflichtete bei: Wenn im industriell geprägten Landkreis Miltenberg die Automatisierung vorangetrieben wird, werden vor allem die ungelernten Arbeitskräfte ein Problem bekommen. Er wies auf die Jugendberufsagentur hin, die versuchen will, alle jungen Leute für den Arbeitsmarkt zu aktivieren, die auf einem falschen Weg sind. Bei Magna würden alle Arbeitskräfte nach Tarif bezahlt, stellte Külkens fest und hob die attraktive Bezahlung hervor. Erstmals seit Jahren werde Magna auch wieder ausbilden, kündigte er an: Mehrere junge Leute werden den Beruf des Kunststoffformgebers ergreifen.
Bei einem kurzen Halt an der neuen Festhalle, die am 1. Juli eingeweiht wird, zeigte der Bürgermeister nicht nur die Festhalle, sondern auch die darum gruppierten Gebäude für die örtlichen Vereine. Am Ende der Rundreise stand die Gestaltung des Mainvorlands im Mittelpunkt. Ob ein Wohnmobilstellplatz am Kreisel unterhalb von Sportheim und Schule möglich ist, muss die Gemeinde mit Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt klären. Fragen bezüglich Überschwemmungsbereich oder Abflussbereich bei Hochwasser sind zu klären. Gerne würde die Gemeinde auch den verrohrten Bach zwischen Brückengasse und Main auf einer Länge von rund 100 Metern offenlegen und möglicherweise auch eine Wassertretanlage installieren. „Das wäre eine tolle Ecke mit Bach, Beach und Biergarten“, fand der Bürgermeister. Auch für diesen Plan signalisierte der Landrat Unterstützung von Seiten des Landratsamts.
Beim Abschluss im Saal des Gasthauses „Stern“ ging der Landrat unter anderem auf die Themen Mobilität, Bildung, Bewahrung der Natur und Sicherstellung einer guten ärztlichen Versorgung ein. Am wichtigsten aber seien Menschen, die anpacken und die Gesellschaft aktiv unterstützen, so Scherf. Der Landkreis Miltenberg habe gute Chancen, zeigte er sich optimistisch und wies auf die intakte Natur und die guten wirtschaftlichen Verhältnisse in der Region hin. Der Verkehr war auch Thema in der Fragerunde, zu der Vertreter der Vereine, der Feldgeschworenen, der Hilfsorganisationen, der Schule und des Kindergartens gekommen waren. Zum Bau der Brücke Kirschfurt sagte Scherf, dass von außen Stillstand vermutet werde, dass die Planungen aber vorangetrieben würden. Die Vorplanung werde hoffentlich noch 2018 fertig, so dass mit einer Planfeststellung Anfang 2019 gerechnet werden könne. Weitere Themen waren die Zugausfälle der Westfrankenbahn, die ärztliche Versorgung, die behördlichen Auflagen für Vereinsfeste, der geplante Kiesabbau auf baden-württembergischer Seite in der Nähe des Tremhofs sowie die Verlandung der Buhnenfelder im Main.
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