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LANDRATSWAHL MILTENBERG 2020
Landrat Jens Marco Scherf im Interview: „Das Spannende daran, Landrat zu sein, ist die Vielfalt an Themen“

Landrat Jens Marco Scherf im Gespräch mit dem News Verlag.  | Foto: News Creativ
  • Landrat Jens Marco Scherf im Gespräch mit dem News Verlag.
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  • hochgeladen von Sabine Rindsfüsser

Gute Gesundheitsversorgung und Pflege, Digitalisierung und Strukturwandel, gerechte Bildungschancen, vielfältige Mobilität und der Natur- und Klimaschutz: Landrat Jens Marco Scherf weiß, welche Stellschrauben auf der Agenda der Landkreispolitik stehen – und das nicht erst seit Beginn des Wahlkampfes!
Wer Landrat Jens Marco Scherf nach seinen Lösungsansätzen für die großen Herausforderungen des Landkreises fragt, wird irgendwann diesen Satz von ihm hören: „Es wäre ja schlimm, wenn wir da in den letzten 6 Jahren nichts gemacht hätten.“ Denn seit 2014 hat er schon viele der Themen angepackt, über die andere anscheinend jetzt erst nachdenken. Sein Credo, „Landrat für alle“ zu sein und offen auf Beteiligte zuzugehen, sichert ihm Zustimmung über Parteigrenzen hinweg. Sein Ziel: der Landkreis soll ein attraktiver Ort zum Wohnen, Leben und Arbeiten bleiben – und das auch noch in 20 Jahren!

Herr Scherf, hätten Sie vor Ihrer Wahl 2014 gedacht, dass Sie sich einmal um Gesundheitsthemen kümmern müssten?

„Landrat zu sein, ist kein Wunschkonzert. Das war mir immer bewusst. Das ist aber auch das Spannende an dieser Arbeit, weil es diese Vielfalt an Themen gibt. Ich musste mich in die Gesundheitspolitik einarbeiten, Prävention und Pflege waren keine klassischen Themen für Kreispolitik.
Ich habe damals 2014 aber rasch gemerkt: Wenn wir den Menschen kein gutes Gesundheitsangebot machen, wenn wir es nicht schaffen, eine gute Pflege sicherzustellen und uns um die kinderärztliche Versorgung zu kümmern, dann werden wir das Problem haben, dass die Menschen hier nicht leben wollen, und dann verlieren auch die Unternehmen langfristig ihre Fachkräfte.
Darum habe ich 2015 die Gesundheitsregion plus ins Leben gerufen, um dieser Abwärtsspirale rechtzeitig zu begegnen, und übrigens bereits 2005 als Kreisrat mit der Kreistagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen geschlossen gegen den Verkauf der Krankenhaus GmbH des Landkreises an das Rhön Klinikum gestimmt.“

Aber ist es denn überhaupt Aufgabe der Politik, für die Arbeitsplätze bzw. Fachkräfte zu sorgen?

„Ganz ehrlich? Politik hat noch keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen. Die Arbeitsplätze schaffen unsere Betriebe und Unternehmen. Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen dafür bereitzustellen. Es bedeutet, den Unternehmen und Betrieben innovatives Wirtschaften zu ermöglichen und dafür zu sorgen, dass sie auch die Fachkräfte finden, die sie benötigen. Und da sind wir wieder an dem Punkt: Wir müssen hier ein attraktiver Raum zum Leben und Wohnen sein, damit junge Menschen gerne hierbleiben und Leute sagen ,Ihr habt im Landkreis Miltenberg so tolle spannende Unternehmen, da will ich arbeiten und auch leben und wohnen‘.“

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Wie sehen diese Rahmen­bedingungen konkret aus?

„Unsere Unternehmen stehen vor einem starken Strukturwandel. Da ist zum einen die Digitalisierung, wofür wir auch eine Qualifizierungs-Offensive brauchen, und zum anderen die Energieversorgung der Zukunft, weil wir hier im Landkreis eine sehr energie­intensive Industrie haben. Um hierfür Lösungen zu finden, brauchen wir die Innovationskraft und kreative Energie unserer Betriebe und Unternehmen.
Da wäre es das Dümmste, wenn Politik sich einbildet, vom Schreibtisch aus die Antworten zu geben. Wir begleiten als Landkreis den Prozess, indem wir die Vernetzung fördern, den Austausch, und natürlich, indem wir hier hervorragende Bildungsmöglichkeiten schaffen. Da ist schon einiges geschehen: Von der Ansiedlung der Technischen Hochschule am Standort Miltenberg über den Ausbau der Angebote an der TH Aschaffenburg bis zum kürzlich beschlossenen Schulbauprogramm für die Generalsanierung unserer Berufsschule. Neben einer herausragenden Berufsschule braucht es aber auch Projekte wie Zentec oder das digitale Gründerzentrum, um die Kooperation, die Innovation zu fördern.“

Gehört dazu auch die Einbindung des Landkreises in die Metropolregion Rhein-Main?

„Es war einer meiner Schwerpunkte zu erreichen, dass wir als bayerischer Landkreis Miltenberg jetzt offiziell Teil dieser Metropolregion sind. Das ist deshalb wichtig, weil viele Fragen, die für die Lebensqualität im Landkreis wichtig sind, nur in der Metropolregion entschieden werden können, z. B. die Mobilität. Wir brauchen gute Verkehrsanbindungen Richtung Frankfurt Rhein-Main – zum Flughafen, zum Frankfurter Hauptbahnhof – viele arbeiten dort, wir bekommen auch Arbeitskräfte von dort, und gerade auch, wenn es ums Thema Bus und Bahn geht, lösen wir das nur innerhalb der Metropolregion, übrigens auch für unsere Studierenden in Darmstadt. Zum anderen profitieren wir auch als Wirtschaftsraum sehr stark von der Zugehörigkeit, dadurch gewinnt unser Landkreis an Attraktivität und das hilft dann wiederum hinsichtlich des Fachkräftebedarfs. Sie sehen, es ist immer wieder der Punkt, um den sich alles dreht: die Attraktivität unseres Landkreises zu erhalten bzw. weiter zu erhöhen.“

Wie sieht es denn mit der Breitbandversorgung aus?

„Wir haben im Landkreis auch einen relativ guten Breitbandausbau, weil wir landkreisweit koordiniert vorgegangen sind. Wir stehen jetzt, Februar 2020, an einem entscheidenden Punkt, weil wir ein neues bayerisches Förderprogramm erwarten, um den Glasfaseranschluss bis an jedes einzelne Unternehmen und jeden privaten Haushalt zu realisieren, und auch hier werden wir wieder landkreisweit vorgehen, damit sich die 32 Gemeinden nicht einzeln ,abstrampeln‘ müssen.“

Auch die Landwirtschaft steht vor einem Strukturwandel, es geht um Tierwohl, Artenvielfalt und den Erhalt der Betriebe. Wo steht da der Landkreis?

„Es ist ganz entscheidend, dass wir uns als gemeinsam Verantwortliche verstehen. Dass wir keine Front aufbauen. Als ich Landrat wurde, war es mir ein großes Anliegen, die Landwirte und ihre Arbeit auch im Landkreis Miltenberg, der ja auf der einen Seite sehr stark industriell dominiert ist, es der gesamten Bevölkerung wieder ins Bewusstsein zu rufen, ,Wir haben hier vor Ort Landwirte, die verantwortungsvoll wirtschaften‘. Im Rahmen unserer Initiative „fair und regional – einfach genial“ sind dann auch Projekte entstanden wie der Käsetaler oder der Landfrauentaler und jetzt auch das MainLandbrot, das in diesem Sommer präsentiert wird. Es wird ausschließlich nach den Kriterien des Artenschutzgesetzes mit Zutaten der Region gebacken.
Es war mir schon 2014 sehr wichtig, die Leistung unserer Landwirte wieder viel stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rufen. Die Landwirte haben eine ganz hohe Verantwortung – gemeinsam mit uns allen. Zum einen produzieren sie unsere Lebensmittel und zum anderen bewirtschaften sie unseren Boden und erhalten unsere Kulturlandschaft. Und auch bei dem aktuellen Thema, bei dem besonderen Wunsch vieler Menschen ,Wir müssen unsere Artenvielfalt, die Vielfalt der Natur, erhalten‘, gelingt uns dies nur gemeinsam mit den Landwirten. Unsere Landwirte sind bereit, sehr, sehr verantwortungsvoll zu wirtschaften, das bedeutet aber auch, dass wir bereit sein müssen, für diese Produkte einen fairen Preis zu bezahlen. Wenn wir mit aller Gewalt immer nur auf das Billigste setzen, werden wir es nicht erleben, dass mit dem Boden, mit dem Wasser, mit unserer Kulturlandschaft verantwortungsvoll umgegangen wird.“

Sie sind zurzeit ja noch mehr im Landkreis unterwegs als gewöhnlich, haben zahlreiche Vor-Ort-Termine. Was hören Sie bei Ihren Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern?

„Grundsätzlich nehme ich wahr, dass die Menschen sehr gerne hier leben und wohnen, eine grundsätzliche Zufriedenheit mit der Lebensqualität, aber natürlich in vielen unterschiedlichen Bereichen Verbesserungsbedarf und – wir leben in einer Welt der Veränderung – auch Handlungsbedarf besteht. Die Menschen fragen ,Haben wir in 5 Jahren noch einen Hausarzt?‘. Sehr oft werde ich übrigens auf das Radwegenetz angesprochen, weil viele gerne mit dem Rad zur Arbeit fahren wollen.“

Wo sehen Sie besonderen Handlungsbedarf in den nächsten 6 Jahren?

„Ich glaube, es wäre falsch, sich auf ein Themenfeld zu konzentrieren, denn es ist im Endeffekt ein Bündel an Faktoren, Stellschrauben, die wir drehen, Hebel, die wir betätigen müssen, um zu gewährleisten, dass die Lebensqualität auch in 10 oder 20 Jahren noch so ist, dass die Menschen 2030 sagen ,Ja, der Landkreis Miltenberg ist ein wunderbarer Ort zum Wohnen, zum Leben und zum Arbeiten‘. Die Stellschrauben sind das, was ich schon oft benannt habe, die vielfältige und gute Mobilität, gerechte und gute Bildungschancen für alle, eine gute Gesundheitsversorgung auch mit einer guten Pflege, ein leistungsfähiges, dienstorientiertes, auch digitales Landratsamt auch als Rahmenbedingung für die Wirtschaft. Ganz wichtig ist, dass wir unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten, zur Energiewende, und auch zum Natur- und Artenschutz. Und im Endeffekt bei all dem ist ganz entscheidend für das Miteinander, für die Zukunftsfähigkeit auch, dass wir das gute Gefühl der Verbundenheit haben, dass sich die Menschen mit ihrem Landkreis, ihrer Heimat identifizieren, und darauf aufbauend auch bereit sind, sich in ganz besonderer Weise gemeinsam zu engagieren.“

Da freuen Sie sich sicher schon auf den Ehrenabend des Landkreises am 11. März?

„Oh ja, der Ehrenabend ist mir ein ganz besonderes Herzensanliegen, den hatten wir zum ersten Mal im Jahr 2015. Es ist der größte Empfang, den das Landratsamt im Laufe des Jahres veranstaltet, und der ist für unsere Ehrenamtlichen und bürgerschaftlich engagierten Menschen, die an diesem Abend im Mittelpunkt stehen. Sie sollen nicht nur eine Urkunde und eine Auszeichnung erhalten, sondern wirklich durch den Wohlfühlfaktor an diesem besonderen Abend die menschliche Wertschätzung ihres Engagements spüren. Wir wollen sie für ihr besonderes Engagement auszeichnen, aber darüber hinaus auch eine starke Rückmeldung geben ,Dein Engagement wird gesehen, es ist überaus wertvoll‘. Und deshalb ist die Beteiligung der jungen Menschen so wichtig für unsere Region. Wenn jemand erlebt hat, dass seine Ideen und sein Engagement ernst genommen und geschätzt werden, er selbst aktiv werden kann und am Ende etwas da ist, das er direkt mitaufgebaut hat, dann kommt er bzw. sie nach Ausbildung oder Studium auch eher wieder hierhin zurück. Und damit sind wir auch wieder beim Thema ,den Landkreis als Ort zum Leben, Wohnen und Arbeiten stärken‘. Es hängt einfach alles mit allem zusammen.“

Jens Marco Scherf schreibt auf der Webseite jensmarcoscherf.blogspot.com zu allen Themen der Landkreis-Politik.

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„Seit ich Landrat bin, sehe ich in einer besseren kinderärztlichen Versorgung für unsere Familien eine meiner Hauptaufgaben. Jetzt haben wir 2 neue Kinderarztsitze im Landkreis durchgesetzt!“
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Autor:

meine-news.de Redaktion aus Miltenberg

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