Fake News Pandemie
Falschinformationen über tote Kinder durch Masken

Ein offener Diskurs mit verschiedensten Meinungen ist gerade in der aktuellen Zeit sehr wichtig und nötig, in der Wissenschaft ist er sowieso gang und gäbe. Eine goldene Regel sollte man jedoch jederzeit dabei beachten: Argumentiert werden kann nur auf rationaler, evidenzbasierter Grundlage.
Wenn jemand behauptet, die Erde sei flach, ist das schließlich auch keine ernst zu nehmende "Meinung" neben der runden Erde, sondern schlicht und einfach objektiv falsch.

Ich bin hier über einen Beitrag vom 01.10.2020 gestolpert, welcher in einem Video offensichtliche Falschaussagen bezüglich SARS-CoV-2 tätigt.

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Das perfide daran: Der Tod eines Kindes wird dabei zur Meinungsmache gegen Masken missbraucht, es werden sogar weitere tote Kinder erfunden, die überhaupt nicht existieren.
Weshalb ist mir aber genau dieser Beitrag eine eigene Antwort wert? Ganz einfach: Weil er nicht von irgendjemandem, sondern von einem Mitarbeiter des News Verlags selbst verfasst wurde (Dominik Stapf, Mediengestalter Bild und Ton, Filmproduktion & Werbefotografie News Creativ).
Vorab muss man dazu jedoch erklären, dass es sich um den privaten Account des Mitarbeiters handelt, der Beitrag also weder die Meinung des Verlags widerspiegelt noch mit selbigem abgesprochen wurde.

Nun also zu den Fakten. Im einem Zusammenschnitt einer Querdenken-Demo in Aschaffenburg auf Frank Stolzenbergers YouTube Kanal ibasid, aufgezeichnet von Dominik Stapf, spricht der bekannte und bereits vielfach widerlegte Pandemie-Leugner und Arzt Bodo Schiffmann ab 4:21 von 2 toten Kindern, die vermutlich durch das tragen von Masken gestorben seien.

Auch bei 14:55 spricht er in die Kamera: "Wir haben jetzt 2 tote Kinder!". Bei 12:02 wird die gleiche Aussage von einem weiteren Redner getätigt. Begründet wird diese These damit, dass man unter einer Maske zu viel CO2 einatmen würde und Kinder dadurch einer hohen Gefahr ausgesetzt wären.
Das ist rein wissenschaftlich zunächst blanker Unsinn. Der BR24 #Faktenfuchs klärt auf:

"Eine erhöhte Kohlenstoffdioxid-Konzentration im Blut, eine Hyperkapnie, können wir beim Tragen von Masken nicht feststellen. Wir haben das bei Kindern nicht gesehen." Dominik Ewald, Vorsitzender des bayerischen Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte [...]
Kohlenstoffdioxid-Moleküle sind ohnehin viel zu klein, um von Atemmasken zurückgehalten zu werden. Selbst Masken der höchsten Schutzklasse FFP3 können nur Partikel bis zur Größe von 0,0006 Millimeter, zurückhalten. Ein Kohlendioxid-Molekül hat lediglich einen Durchmesser von 0,000000324 Millimeter, wie der ARD-Faktenfinder berichtet. Es ist damit knapp 2.000 Mal kleiner und passiert die Masken deshalb problemlos.
Kinderarzt Ewald bestätigt das:
“CO2 ist so klein, dass es die verschiedenen Zellschichten in unserer Lungen problemlos durchwandern kann, also kann es erst recht durch Masken diffundieren.” [...]
Zu einem Anstieg des Kohlenstoffdioxid-Anteils im Körper kann es nur kommen, wenn der Luftaustausch behindert ist, zum Beispiel, indem sich jemand eine luftdichte Tüte über den Kopf schnüren und diese zubinden würde. Die Masken, die zum Schutz vor der Coronavirus-Ausbreitung getragen werden, seien aber keine luftdichten Plastikfolien, sagt Ewald.

Eine US-Studie vom 02.10.2020 bestätigt das - sogar bei Probanden mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Weder die Sauerstoffsättigung noch die CO2-Konzentration im Körper wurden beeinträchtigt:

[...] no major changes in ETCO2 or SpO2 of clinical significance were noted at any time point in either group [...] gas exchange is not significantly affected by the use of surgical mask, even in subjects with severe lung impairment.

Außerdem: Würde man unter solchen Masken überproportional viel CO2 einatmen, dann würden in sämtlichen Krankenhäusern ständig Ärzte und medizinisches Personal reihenweise umkippen, da diese nicht selten stundenlang Masken tragen müssen.
Der britische Arzt Dr. Joshua Wolrich zeigt in einem Video, dass die Sauerstoffsättigung im Körper nicht durch Masken gesenkt wird.
Der irische Arzt Dr. Maitiu O Tuathail zeigt das gleiche sogar in einem Video mit 6 übereinander getragenen Masken.

Update 12.11.2020:
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (bvkj e.V.), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaft für Pädiatrische Pulmologie (GPP) und der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (SGKJ):

Das Tragen von Masken führt auch bei Kindern nicht zu einer relevanten Erhöhung der Kohlendioxid Konzentration. Auch für Kinder mit kontrolliertem Asthma über 6 Jahren stellt die Maske keine Gefahr und keine zusätzliche Belastung dar. [...]
In einer bundesweiten Studie zur psychischen Belastung von Kindern und Jugendlichen durch die SARS-CoV-2 Pandemie konnten keine Hinweise darauf gefunden werden, dass das Tragen von Masken die Kinder in ihrer seelischen Gesundheit beeinträchtigt (Ravens-Sieberer 2020). Im Gegenteil mehren sich Hinweise auf ein positives Empowerment junger Leute und kreative Initiativen durch die Herausforderungen der Pandemie (Singh et al 2020). [...]
Befürchtungen, Masken könnten die Atmung beeinträchtigen, die Versorgung mit Sauerstoff gefährden oder zu einer gefährlichen Anreicherung von Kohlendioxid führen, sind unbegründet.


Wie kommen solche Gerüchte dann aber überhaupt erst zustande?
Auslöser war wohl ein tragischer Fall einer 13-jährigen Schülerin, welche auf dem Nachhauseweg im Landkreis Germersheim im Schulbus kollabierte und später in einem Krankenhaus in Karlsruhe verstarb. Die Todesursache ist bislang ungeklärt. (Quelle)
Dass die Schülerin auf Grund eines Mund-Nasen-Schutzes starb, ist jedoch auf Grundlage der wissenschaftlichen Fakten bezüglich Masken und CO2 nahezu ausgeschlossen.

Update 20.10.2020:
Mittlerweile gibt es dazu eine Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Landau.

Wie berichtet, ist am 07.09.2020 ein 13-jähriges Mädchen in einem Schulbus im Landkreis Germersheim bewusstlos geworden und später in einem Krankenhaus in Karlsruhe verstorben. Das schriftliche rechtsmedizinische Gutachten über die Obduktion liegt mittlerweile der Staatsanwaltschaft vor. Dieses verhält sich – wie beauftragt – auch zur Frage einer eventuellen Ursächlichkeit des getragenen Mund-Nasen-Schutzes. Nach den Ausführungen der rechtsmedizinischen Sachverständigen liegen keine Hinweise darauf vor, dass das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes in ursächlichem Zusammenhang mit dem Todeseintritt gestanden haben könnte. Die Gutachter haben ausgeführt, dass ein normal getragener Mund-Nasen-Schutz auch nicht zu einer übermäßigen Ansammlung von Kohlenstoffdioxid wie beispielsweise bei einer Rückatmung aus einer Tüte führe, da eine Maske seitlich offen und der Stoff teilweise luftdurchlässig sei. 

Der 2. Fall und weitere tote Kinder wurden sogar frei erfunden, um den Mythos aufrechtzuerhalten.
Bodo Schiffmann behauptete, ein 13-jähriger Junge aus dem Raum Aurich (Ostfriesland) sei ohne Vorerkrankungen mit großer Wahrscheinlichkeit durch eine Maske gestorben.
RND hat recherchiert:

Bei der Staatsanwaltschaft Aurich allerdings weiß man von diesem Fall nichts. Pressesprecher Jan Wilken erklärt auf RND-Anfrage, er habe von einer derartigen Geschichte bislang nichts gehört. Relevant wäre allerdings in diesem Fall der Todesort des vermeintlichen Opfers. Sollte dieser in einem der großen Unfallhäuser der Region gewesen sein, so wäre die Staatsanwaltschaft Oldenburg zuständig.
Doch auch in Oldenburg hat man von einem solchen Fall noch nichts gehört. “Ein entsprechender Vorfall ist hier bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg bislang nicht bekannt geworden”, bestätigt Sprecher Matthias Rennecke auf Anfrage.

Ein 3. Fall in Schweinfurt wurde ebenfalls frei erfunden. Dazu BR24:

Weder die Polizei in Schweinfurt noch die Kriminalpolizei noch das Schweinfurter Krankenhaus konnten diesen behaupteten Tod einer Sechsjährigen bestätigen. Das Polizeipräsidium Unterfranken rief die Bevölkerung dazu auf, solchen Fake News keinen Glauben zu schenken und sie nicht weiterzuverbreiten.

Fall Nr. 4 soll sich angeblich in Wiesbaden zugetragen haben. Volksverpetzer hakt nach:

Auf Anfrage von unserem Mitarbeiter M. Sachs teilte die Pressestelle der Polizei Westhessen mit, dass es keinen solchen Fall in Wiesbaden und/oder Umland geben würde. Dies sei “Fake und absoluter Schwachsinn”.

Update 08.10.2020:
Später wurde dann behauptet, beim "zweiten Fall" handele es sich um den Schüler Melvin aus Wiesmoor, welcher am 22.09.2020 verstarb. Das Bestattungsunternehmen stellt klar:

In der letzten Zeit wurden viele Falschmeldungen bzgl. Melvins Tod in den sozialen Medien verbreitet.
Melvin hatte bei seinem Zusammenbruch keinen Mund-Nasen-Schutz getragen. Auch hat sich dies nicht wie häufig beschrieben in einem Bus zugetragen. Der Tod von Melvin hat rein gar nichts mit dem Coronavirus zu tun.
Wir möchten alle bitten, aus Respekt seiner Familie gegenüber, keine Falschmeldungen zu verbreiten.

Das verstehen die Herrschaften also unter "Querdenken". Die Fakten werden einfach an die Meinung angepasst, nicht umgekehrt.
Ich halte das für gefährlich und weit von einem vernünftigen Meinungsaustausch entfernt.

In diesem Sinne: Passt auf euch auf und glaubt nicht alles, was ihr hört!

Daniel Obier

Update 10.10.2020: Ein weiterer Faktencheck:

COVID-19 Forum Miltenberg am 06.06.2020

Autor:

Daniel Obier aus Miltenberg

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