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Bayerische Schulen sollen Lernlücken auffangen und Lernstoff aufholen. - Aber Förderprogramm: "Gemeinsam Brücken.bauen: Klingt gut, trägt nicht!".
Freistaat Bayern stellt 40 Millionen Euro für schulische Zusatzangebote zur Verfügung.
Bekanntlich waren seit Mitte Dezember 2020 die Schulen in Bayern geschlossen.
Wechselunterricht gab es vor allem nur in den Abschlussklassen und den Gruppen mit Deutsch als Zweitsprache.
„Das klappte recht gut, die Schülerinnen und Schüler arbeiteten motiviert und lernwillig!“ - berichtet ein Mittelschullehrer aus dem Landkreis Miltenberg.
Durch Corona ist viel Schulstoff nicht behandelt worden.
Doch der ausgefallene Schulstoff sei dennoch immens, die Folgen wären noch nicht absehbar - ergänzt der erfahrene Pädagoge.
Auch der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) spricht von „deutlichen Lernlücken“.
Diese Einschätzungen decken sich mit dem Ergebnis einer aktuellen Erhebung des Münchener ifo-Instituts.
Deutsche Schüler haben der Befragung von 2000 Eltern zufolge im zweiten Lockdown pro Tag mehr als drei Stunden weniger gelernt als zu normalen Zeiten.
Bei 20 Prozent der Schüler gebe es stark erhöhten Förderbedarf, so das ifo-Institut.
In der Grundschule rechnen die Experten gar mit mindestens zwei Jahrgängen, die nicht ausreichend lesen und schreiben gelernt haben.
Jedes vierte Kind (23 Prozent) hat sich der Umfrage zufolge nicht länger als zwei Stunden am Tag mit Schule beschäftigt.
Mit Fernsehen, Computerspielen und Handy haben sich die Schülerinnen und Schüler jeden Tag weit mehr Zeit – 4,6 Stunden – verbracht als mit dem Lernen.
In Bayern erhalten die Schulen deshalb „weitere finanzielle Mittel für zusätzliches Personal, um die Schülerinnen und Schüler im Regelunterricht besser fördern zu können“, kündigte das Kultusministerium bereits Mitte Mai 2021 an.
Bereitgestellt würden dafür 40 Millionen Euro.
Damit sollen auch Kurse an den Nachmittagen angeboten werden. Die Zusatzangebote werden wohl nach den Pfingstferien starten und laut Piazolo „bis weit ins kommende Schuljahr beibehalten“ werden.
Dazu werde es eine „Sommerschule 21“ geben, so der Minister: Hier könnten Schulen in der ersten und in der letzten Woche der Sommerferien qualifizierte Nachhilfe anbieten.
Bayerische Lehrerverbände sehen jedoch im gegenwärtigen Personal- und Fachkräftemangel die größte Hürde, um den Zurückgefallenen wieder zum Anschluss zu verhelfen.
Die Brückenangebote seien „begrüßenswert“, weil es auch um eine ganzheitliche Förderung gehe und nicht nur darum, Wissen nachzuholen, heißt es von pädagogischen Fachleuten.
Selbst wenn man Lehramtsstudierende, pensionierte Lehrerinnen und Lehrer oder private Nachhilfe-Institute einbeziehen würde, sei aber unklar, wie man die angekündigte Maßnahme flächendeckend umsetzen wolle.
So manche Lehrerin und mancher Lehrer ist gespannt und optimistisch zugleich, wie die Kinder und Jugendlichen aus dem Distanzunterricht wieder an die Schulen kommen.
„Die Angebote allein für diesen Sommer werden möglicherweise nicht ausreichen, um alle Rückstände kognitiv wie psychosozial aufholen zu können, vor allem für benachteiligte Schülerinnen und Schüler“, betont eine fränkische Landtagsabgeordnete.
Wichtig sei eine flächendeckende Erhebung des Lernstands als Grundlage für zielgerichtete Maßnahmen.
Stellungnahme der KEG Landesvorsitzenden Walburga Krefting vom 21. Mai 2021:
"Das Förderprogramm gemeinsam.Brücken.bauen: Klingt gut, trägt nicht.
Das Kultusministerium hat umfangreiche Förder- und Nachhilfeprogramme vorgestellt.Nur eine zentrale Frage bleibt unbeantwortet: Wer soll diese umsetzen? Dazu bräuchte es eine deutlich bessere personelle Ausstattung der einzelnen Schulen und viel Zeit.
Dies wurde bei der Planung dieser Programme überhaupt nicht berücksichtigt. Besonders an Grund-, Mittel- und Förderschulen war der Personalmangel bereits vor der Pandemie ein großes Problem und hat sich im letzten Jahr noch zusätzlich verschärft. Und besonders hier ist der durch Corona entstandene Förderbedarf am umfangreichsten.
Will man auch nur Teile des vorgestellten Programms umsetzen, benötigt man gerade an diesen Schulen spürbar mehr Lehrkräfte und zusätzliches pädagogisches Personal, das dauerhaft zur Verfügung gestellt wird, ohne an anderen Stellen wieder einzusparen.
Aber nicht nur die Frage der Personalgewinnung bleibt unbeantwortet. Offen ist auch, wann die ohnehin am Anschlag arbeitenden Schulleitungen und Lehrkräfte die notwendigen Vorbereitungen für Brückenprogramme wie die >>Sommerschule<< leisten sollen. Unsere Lehrkräfte brauchen jetzt vor allem umsetzbare Lösungen, Planungssicherheit weit über das kommende Schuljahr hinaus und endlich auch eine spürbare Entlastung der Schulleitungen.
Ohne diese Grundvoraussetzungen ist das Programm Gemeinsam.
Brücken.bauen vor allem eines: Unrealistisch und praxisfern."
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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