Artenschutz
Praktische Pflanztipps für Kommunen

Nicht erst seit dem erfolgreichen Artenschutz-Volksbegehren wird im Landkreis Miltenberg bei der Gestaltung von Flächen darauf geachtet, standortgerechte Pflanzen zu verwenden, die Trockenheit vertragen, aber auch Insekten wertvolle Nahrungsquellen bieten. Dass es für Kommunen gar nicht so schwer ist, die biologische Vielfalt im öffentlichen Raum zu fördern, brachte die Biologin und Naturplanerin Dr. Eva Distler rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Bauhöfen nahe.

Im Miltenberger Landratsamt appellierte Landrat Jens Marco Scherf am Donnerstag, 18.07.2019 zu Beginn der Weiterbildung an alle Aktiven, gemeinsam einen dauerhaften Artenschutz zu gewährleisten. Dieses Ziel gelte es nicht nur für ein Jahr zu verfolgen, es müsse dauerhaft im Fokus bleiben.

Die Expertin Dr. Eva Distler plädierte dafür, bei der Gestaltung von öffentlichen Flächen heimische Wildpflanzen zu bevorzugen, denn viele Wildbienenarten hätten sich auf spezielle Pflanzen spezialisiert. Rund 560 Wildbienenarten gebe es in Deutschland, wusste sie, alle hätten unterschiedliche Lebensraumansprüche. Um diese Ansprüche zu erfüllen, brauche es ein besonderes Pflanzenangebot.

Sie erklärte den aufmerksam zuhörenden kommunalen Fachleuten, dass es viele Möglichkeiten gibt, öffentliches Grün zu gestalten – auf Verkehrsinseln, auf Straßenbegleitgrün, auf Friedhöfen, an Straßenböschungen, auf Ödland sowie auf repräsentativen Flächen in den Gemeinden. Sie gab den Praktikern im Sitzungssaal Tipps, wie sie konkret vorgehen sollten. Wenn es sich um kleinere Flächen handelt, empfahl sie, den Boden bis in eine Tiefe von 40 Zentimetern zu entfernen, um im Boden befindliche Unkrautsamen zu eliminieren. Stattdessen sollte unkrautfreies Substrat eingebracht werden, darüber zwei bis drei Zentimeter gütesicherer Kompost. Vorteil dieser Methode: Die Pflanzung ist durch das unkrautfreie Substrat pflegeleichter.

Größere Flächen könne man mit der sogenannten Burri-Methode vorbereiten – die allerdings Zeit braucht. Dabei gilt es, Streifen in der Grasnarbe freizulegen, die Grasnarbe durch mehrmaliges Pflügen oder Fräsen zu zerstören und dabei die aufkommenden Gräser zu zerstören. Das mehrjährige Saatgut könne anschließend ausgebracht und eingewalzt werden. Um die schneller als die gesäten Wildkräuter wachsenden Gräser zu entfernen, muss einige Wochen nach der Saat ein sogenannter Schröpfschnitt in einigen Zentimetern Höhe erfolgen. Im ersten Jahr wird man von den Wildkräutern nicht viel sehen, aber im zweiten Jahr werden sie Distler zufolge blühen und jede Menge Insekten anziehen.

Egal, welche Maßnahmen eine Kommune anpackt, eines ist laut der Biologin extrem wichtig: Man sollte die Bevölkerung rechtzeitig informieren. Über Artikel in den Gemeindeblättern oder Infotafeln an den Flächen müsse man darstellen, was geplant ist und wieso beispielsweise nicht gemäht wird. Hierdurch werde die notwendige Akzeptanz bei den Anwohnern und Passanten für geänderte Vorgehensweisen und neue biologisch attraktive Flächen geschaffen.

Apropos Mahd: Häufig kann die Umstellung des Mähverhaltens (etwa bei mittleren Böden zweimal anstatt vier- bis fünfmal) bereits dafür sorgen, dass Flächen an Artenreichtum gewinnen. Sie empfahl den Kommunen, größere Flächen nicht in einem Rutsch zu mähen, sondern nur kleinere Areale im Abstand von einigen Wochen. Das helfe den Insekten, begründete sie ihren Vorschlag. Gemeinden könnten selbst mit kleinsten Grünflächen mit heimischen Wildkräutern die biologische Vielfalt bei Insekten steigern, machte sie Mut, etwas Gutes zu tun.

Was das Gestalten von Flächen und die Pflege kostet, zeigte sie anhand mehrerer Tabellen. Dabei wurde klar: Ein naturnaher Wildblumensaum ist, auf zehn Jahre gerechnet, um über 60 Prozent günstiger als etwa ein naturferner Schurrasen – auch deshalb, weil der Wildblumensaum nur einmal im Frühjahr gemäht werden muss. Erfolg aber stelle sich laut Dr. Distler nur ein, wenn die Anlagen fachgerecht angelegt und dauerhaft gepflegt werden.

Wie dies in der Praxis aussieht, erläuterte der Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, Gabriel Abt. Der Landkreis möchte für bis zu fünf Gemeinden einen Praxiskurs organisieren, der von der Referentin begleitet wird. In Ortsterminen werde man die besten Flächen auswählen und anschließend alle Beteiligten durch die nächsten Schritte begleiten wie Kostenschätzungen für das Material, Detailplanung und Materialbestellung. Während der Praxisphase werde es fünf Termine für die Beteiligten geben, die allesamt an einer Fläche in einer Kommune stattfinden. Nach Ende der Praxisphase liegt es an den anderen Gemeinden, die Erfahrungen in die Praxis umzusetzen.
Interessierte Gemeinden können sich bei Gabriel Abt (Telefon: 09371/501-582, E-Mail: gabriel.abt@lra-mil.de ) melden.

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