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Mögliche Biosphärenregion Spessart: Das sind die Fakten
Wird der Spessart zu einer Biosphärenregion? Sowohl die Stadt Aschaffenburg als auch die Landkreise Aschaffenburg, Main-Spessart und Miltenberg diskutieren darüber, ob ein diesbezüglicher Antrag an die UNESCO gestellt wird.
„Doch nicht alleine die Landkreise spielen bei dieser Entscheidung eine Rolle: das entscheidende Wort wird vor Ort in den Kommunen gesprochen“, erläutert Landrat Jens Marco Scherf. Vor Ort müssen die Gemeinden nun die Chancen und Risiken für den Spessart und seine Menschen abwägen und entscheiden, ob sie eine Biosphärenregion wollen. Auch die Frage, ob eine Gemeinde eigene kommunale Flächen für die drei Prozent umfassende Kernzone einbringen kann, muss vor Ort entschieden werden. „Als Landrat wünsche ich mir, dass vor Ort offen über die vorhandenen Chancen und Risiken einer Biosphärenregion für unseren Spessart informiert und beraten wird. Diese Chance bietet sich uns und dem Spessart genau jetzt und wir sollten diese nicht fahrlässig verpassen!“, so Landrat Scherf.
Die Machbarkeitsstudie zu einer möglichen Biosphärenregion, die in einem ergebnisoffenen und transparenten Prüf- und Beteiligungsprozess für das Gebiet des Naturparks Spessart (171.000 Hektar) erstellt wurde, bescheinigt einer solchen Region „mehr Chancen als Risiken“. Doch was ist eigentlich eine Biosphärenregion? Einige wichtige Fakten hierzu:
Was ist eine Biosphärenregion?
Biosphärenregionen sind großflächige, repräsentative Modellregionen, in denen eine zukunftsfähige Entwicklung und das nachhaltige Zusammenleben zwischen Mensch und Natur exemplarisch verwirklicht und langfristig gesichert werden soll.
Welche Ziele verfolgen Biosphärenregionen?
Ziel ist es, das nachhaltige Wirtschaften zu fördern sowie die Lebensgrundlagen und natürlichen Ressourcen zu schützen. Biosphärenregionen tragen so zur regionalen Wertschöpfung und zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen bei.
Zugleich dienen sie dem Schutz der Biodiversität und der Kulturlandschaft. Dazu gehören etwa Trinkwasserschutz, Hochwasserrückhalt, saubere Luft, fruchtbare Böden sowie Wälder und Extensivgrünland als Naherholungsraum. Außerdem sind
Biosphärenregionen Orte der Bildung für nachhaltige Entwicklung und Umweltforschung.
Welche Themen werden in einer Biosphärenregion bespielt?
Grundsätzlich können alle Themen aufgegriffen werden, die der nachhaltigen Entwicklung dienen. Welche genau das sind, können die Akteur:innen vor Ort selbst entscheiden.
Wie unterscheidet sich Biosphärenregion von Naturpark und Nationalpark?
Anders als in Nationalparks, wo der Schutz einer natürlichen Dynamik ohne Eingriff durch den Menschen im Zentrum steht, stellen Biosphärenregionen den Menschen und dessen Handeln in den Vordergrund. Die Biosphärenregion besitzt gegenüber dem Naturpark ein viel höheres Alleinstellungsmerkmal und hat einen höheren Wiedererkennungswert. Personal, Infrastruktur und Verwaltung einer Biosphärenregion werden staatlich finanziert, der Naturpark ist als Verein unter vorwiegend kommunaler Trägerschaft organisiert.
Wie ist eine Biosphärenregion aufgebaut?
Eine Biosphärenregion besteht aus drei Zonen:
Die Kernzone (mindestens drei Prozent der Fläche) dient dem Schutz von Biotopen, Arten und natürlichen Prozessen. Sie wird nicht bewirtschaftet. Sie muss nicht aus einer zusammenhängenden Fläche bestehen, sondern kann über der Biosphärenregion verteilt liegen. Jede Teilfläche sollte allerdings mindestens 50 Hektar messen. Als Kernzonen eignen sich insbesondere Staatswald-, Kommunalwald- und Bundesforstflächen auch außerhalb des Hochspessarts, aber auch Privatwald, Gewässer oder Freiflächen, die hierfür aus der Nutzung zu nehmen sind. Gemeinden oder Privatwaldbesitzer, die auf freiwilliger Basis Kernzonenflächen einbringen, erhalten Ausgleichsleistungen. Die Kernzone kann als Referenzzone dienen, die durch Forschung und Monitoring Vergleiche und Rückschlüsse für die Entwicklung des Spessarts erlaubt, etwa im Bereich des klimaangepassten Waldumbaus.
Die Pflegezone (mindestens zehn Prozent der Fläche, zusammen mit der Kernzone mindestens 20 Prozent) ist ein Übergangsbereich, der mögliche Einwirkungen auf die Pflegezone abpuffern soll. In ihr stehen der Erhalt und die Pflege von schutzwürdigen Ökosystemen im Vordergrund, die durch Nut-
zung entstanden oder beeinflusst sind.
Alle bisherigen Nutzungen und Wirtschaftsformen sind weiter erlaubt. Hierfür eignen sich die bestehenden, ausreichend vorhandenen Natura2000-Gebiete. Hier können noch stärker als bisher Maßnahmen ergriffen werden, um die durch menschliche Nutzung entstandenen Kulturlandschaften zu erhalten – für den Spessart etwa die Offenhaltung der extensiv genutzten, landschaftsprägenden Spessarttäler, aber auch der Erhalt der Streuobstbestände.
Die Entwicklungszone (mindestens 50 Prozent der Fläche) umfasst den Wirtschafts-, Lebens und Erholungsraum und stellt den wirtschaftenden Menschen in den Vordergrund. Ziel ist, das Wirtschaften auf freiwilliger Basis in allen Bereichen nachhaltiger zu gestalten. Auch hier sind alle bisherigen Nutzungsformen erlaubt. Als Entwicklungszone eignet sich das Landschaftsschutzgebiet Spessart. Hier können sich regionale Akteur:innen freiwillig an Biosphärenprojekten in unterschiedlichsten Handlungsfeldern beteiligen.
Was passiert mit dem Naturpark?
Dies hängt von der Flächenkulisse der Biosphärenregion ab. Bei (weitgehend) übereinstimmender Flächenkulisse könnte der Naturpark aufgelöst und in die Biosphärenverwaltung überführt werden. Das Wissen, das Netzwerk, die Infrastruktur und die bisherigen Angebote des Naturparks bleiben so als Basis für die Arbeit in der Biosphärenregion erhalten und können ausgebaut und weiterentwickelt werden.
Welche Rolle spielt die UNESCO?
Die UNESCO entscheidet lediglich darüber, ob die Anforderungen für eine Zertifizierung erfüllt sind. Dies wird alle zehn Jahre bei der Evaluierung überprüft. Wenn die Kriterien nicht mehr erfüllt sind, kann das Prädikat entzogen werden. Darüber hinaus gibt es keinerlei weiteren Einflussmöglichkeiten.
Ist die Ausübung der Holzrechte weiter möglich?
In einer möglichen Biosphärenregion bleiben die auf den Staatswaldflächen geltenden Spessartforstrechte als bedeutsames regionales Kulturgut bestehen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Oberholzrechten und weiteren Holzrechten. Bei Ersterem erfolgt die Steuerung der Entnahme wie bisher auch über die Holznutzung der Bayerischen Staatsforsten. Es wird sichergestellt, dass außerhalb der Kernzonen ausreichend Brennholz in räumlicher Nähe zu den Ortschaften für den Eigenbedarf zur Verfügung steht. Die weiteren Holzrechte wären als traditionelle, extensive Nutzungsform auch in den Kernzonen möglich.
Welche Auswirkungen ergeben sich für die Jagd?
Für die Entwicklungs- und Pflegezone einer Biosphärenregion – und damit auf 97 Prozent der Fläche – ergeben sich in jagdlicher Hinsicht keinerlei Unterschiede gegenüber anderen Gebieten. In den Kernzonen ist die rechtmäßige Ausübung der Jagd in Form des Wildtiermanagements zulässig.
Welche Rolle spielen die Kommunen?
Jede Kommune entscheidet eigenständig, ob sie sich mit ihrem Gemeindegebiet einem möglichen Antrag zur Biosphärenregion anschließt und Teil der Biosphärenregion werden möchte.
Keine Kommune ist verpflichtet, Teil der Biosphärenregion zu werden und bei der Schaffung von Kernzonen Flächen zur Verfügung zu stellen, auch wenn sie Teil der Biosphärenregion werden möchte. Beigetretene Kommunen können jederzeit aus der Biosphärenregion austreten.
Kann es in einer Biosphärenregion Windkraft geben?
Kernzonen kommen für die Errichtung von Windenergieanlagen nicht in Frage. In der Entwicklungszone ist die Errichtung von Windenergieanlagen möglich, in der Pflegezone ist dies grundsätzlich auch denkbar. wiz
Weiterführende Informationen sind in der Informationsbroschüre „Biosphärenregion im Spessart“ zu finden unter www.main-spessart. de/bri
Autor:Blickpunkt MIL aus Miltenberg |
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