Imkern ist kein Honigschlecken

Der Augsburger Imker Richard Rossa mit der von ihm entwickelten Bienensauna
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Rückzug! – Den haben sich die fleißigen Bienchen jetzt aber echt verdient. Auch im Bienenstock des Jugendhauses St. Kilian in Miltenberg ist Ruhe eingekehrt. Hier unterhält Jugendhausleiter Lukas Hartmann selbst drei Bienenvölker. „Imkern ist viel mehr als nur die ,Honig-Ernte‘. Bienen zu halten ist keine Nebensache. „Die Betreuung dauert das ganze Jahr über. Die Hauptarbeit ist aber erst einmal getan“, erläutert Lukas Hartmann.

Im Winter ist es zwar ruhig im Stock, aber Winterschlaf wird keiner gehalten.  Das jedenfalls wissen auch die Schüler des Julius-Echter-Gymnasiums in Elsenfeld. Dort wird den Kids die Möglichkeit geboten, an den schuleigenen Bienenstöcken die Imkerei das ganze Jahr über mitzuverfolgen. Betreut wird das Projekt von Lehrerin Anke Zimmermann. Zur Imkerei kam sie durch ihren Vorgänger Herrn Abb, von dem sie dann die Leitung des Wahlkurses übernommen hat. „Leider haben wir dieses Jahr nur ein Bienenvolk, das zweite haben wir durch die Varroamilbe verloren. Wir wollen allerdings versuchen, durch einen Ableger im nächsten Jahr ein neues Volk zu bilden. Die meisten Arbeiten werden nun drinnen erledigt und wenn das Volk brutfrei ist, dann muss noch eine Behandlung mit Oxalsäure durchgeführt werden. Im Winterhalbjahr bekommen die Schüler unter anderem die Grundlagen der Imkerei bzw. Wissen über die Biene vermittelt. Wir reparieren, was kaputt gegangen ist bzw. bauen neue Rähmchen und lassen Mittelwände ein. Daneben gibt es noch andere Aktivitäten wie z. B. Kerzenformen herstellen und Kerzen gießen, den Tag der offenen Tür vorbereiten etc. Der Wahlkurs Imkerei existiert seit mehr als 20 Jahren an der Schule. Die SchülerInnen können über mehrere Jahre hinweg daran teilnehmen und ältere Schüler helfen den jüngeren beim Umgang mit den Bienen. In der Regel treffen wir uns alle zwei Wochen – im Sommer kann dies allerdings auch öfter sein.“

Kuschelzeit im Bienenstock

Die Bienen bilden jetzt eine Wintertraube, dabei rotieren sie umeinander und erzeugen durch Vibration der Flugmuskeln Wärme, durch die sich das Volk mit der Königin in der Mitte warmhält. Die Bienen, die man jetzt im Stock findet, sind auch nicht jene, die das ganze Jahr hindurch schwer geschuftet haben. Denn eine Arbeiterbiene wird höchstens 30 bis 40 Tage alt, dann hat sie sich regelrecht zu Tode gearbeitet! Aber auch hierfür hat die Natur wieder ein kleines Wunder geschaffen: Die Winterbienen. Sie sind im August und September geschlüpft und hatten meist nicht viel zu tun. Um im Gegensatz zur Sommerbiene aber 5 bis 6 Monate zu überleben, haben diese „Pummelchen“ größere Fett- und Eiweißdepots angelegt. Im Sommer umfasst ein Volk um die 40.000 Bienen, im Winter zirka 8.000. Für eine erfolgreiche Überwinterung sind mindestens 6.000 Tiere notwendig. Ab August verkitten die Tiere alle Zwischenräume in ihrer Behausung mit Propolis (Kittharz) und machen so den Bau winterfest. „Meine Behandlung mit Ameisen- oder Milchsäure, zur Vorbeugung gegen die Varroa, ist abgeschlossen. Wobei die Philosophie über die verschiedenen Behandlungsmethoden aber auseinandergehen.“

„Das muss jeder für sich entscheiden“, meint Lukas Hartmann. „Ich entnehme zum Beispiel auch nur einmal im Jahr den Honig. Und überlasse den Honig, der danach entsteht, den Bienen für den Winter als Futter, weil das für die Tiere einfach am gesündesten ist.“ Ist nicht genug Futter vorhanden, muss man ein Gemisch aus Zucker und Wasser zufüttern. Es gibt aber auch fertiges Bienenfutter. Außerdem muss das Bienenhaus auf schadhafte Stellen untersucht und diese ausgebessert werden. Um sicherzugehen, dass es den Bienen im Winter gutgeht, stört man sie am besten nicht. Hält man sein Ohr an die Kiste, hört man ein leises Rauschen. Dann ist meistens alles okay.

Was geht ab in der Bienensauna?

Nach wie vor ist die Varroamilbe ein großes Thema. Die Idee, Varroamilben mit Wärme abzutöten, wurde in den 70er Jahren in Japan und der Sowjetunion ausprobiert. Schon damals wusste man, dass die Varroa anfälliger auf Hitze reagiert als die Biene. Die optimale Entwicklungstemperatur der Bienenbrut beträgt 34,5° C, die der Varroa nur 32° C. Es gab Versuche, die zeigten, dass Milben bereits bei 38° C geschädigt werden. Werden sie über einen längeren Zeitraum noch höheren Temperaturen ausgesetzt, können sie – abhängig von der Zeitdauer – auch absterben. Der Augsburger Imker Richard Rossa hat die „Bienensauna“ zu ihrer heutigen Form weiterentwickelt. Es gibt dabei jedoch weder Tannenduftaufguss noch wird mit dem Handtuch gewedelt. Die Bienen-Sauna besteht aus einem Wärme-Modul mit vier Heizplatten und vielen Microcontrolern, Sensoren für Feuchtigkeit, Außen- und Innentemperatur. Sie kann in ein Schubfach des Bienenstocks geschoben werden oder man setzt den Stock mit dem Bienenvolk darauf. Die Sauna arbeitet nach dem Prinzip einer Fußbodenheizung. Im September 2016 wurde sie sogar mit dem Innovationspreis der Aktion „Deutschland – Land der Ideen“ ausgezeichnet. Die „Bienensauna“ soll zwar Abhilfe gegen die Varroa-Milbe schaffen. Jedoch ist der Grat, auf dem man sich bewegt, schmal, meinen Experten. Die Internetrecherche hat ergeben, dass hier die Meinungen unterschiedlich sind. Aber es wird wenigstens an Alternativen gearbeitet. Ganz billig ist die Sauna mit rund 2000 Euro nicht, Imker könnten sich jedoch bei einer Anschaffung auch zusammenschließen.

Wie wird man Imker?

Das Interesse an der Imkerei hat in der letzten Zeit etwas zugenommen. „Aber obwohl ich dem hiesigen Imkerverein angehöre, würde ich mir noch mehr Austausch mit und Begleitung durch erfahrene Imker wünschen“, sagt Lukas Hartmann. In vielen Ortschaften gibt es Imkervereine, bei denen man sich über eine Ausbildung informieren kann und oft bekommt man nach einer erfolgten Ausbildung zum Start auch 1 bis 2 Völker geschenkt. Jetzt heißt es nur noch: abwarten bis der Honig läuft …

„Echten deutschen Honig“ erkennen Sie am Original-Einheitsglas des Imkerbundes, das mit dem grünen Gewährverschluss versehen ist. Der Gewährverschluss nennt den Imker und die Überwachungsnummer und verspricht eine noch höhere Qualität, als sie nach der deutschen Honigverordnung vorgeschrieben ist. Der Deutsche Imkerbund e. V. setzt mit seinen Qualitätsansprüchen noch strengere Maßstäbe, als sie vom deutschen
Lebensmittelrecht verlangt werden- und gewährleistet außerdem, dass es auch den Bienen gut geht. Zollen Sie den kleinen Wesen Respekt und kaufen Sie regional, wenn Sie künftig Honig oder Produkte, die Honig oder Bienenwachs enthalten, kaufen. Denn die Bienen haben es verdient und werden auch in 2018 wieder fleißig für uns unterwegs sein.

Im Interview:

Lukas Hartmann, Leiter Jugendhaus St. Kilian: „Ich beschäftige mich seit dem Sommer 2013 mit der Imkerei und bin durch Zufall auf der Mainfrankenmesse des Bezirksverbandes Unterfränkischer Imker dazu gekommen. Mich haben die Infos, die ich dort von einem Imker bekam, so begeistert, dass ich mich gleich zu einem Probe-Imkerkurs angemeldet habe. Ich sehe die Natur jetzt unter ganz anderen Gesichtspunkten – auch die landwirtschaftlichen Fehlplanungen. Mein Hauptaugenmerk auf unserem Gelände liegt darin, immer Blühflächen anzubieten und bienenfreundliche Gewächse zu pflanzen. Was ich noch geplant habe ist, aus meinen Produkten künftig auch Kosmetikartikel herzustellen.“

Richard Rossa mit seiner Entwicklung, der Bienensauna:
„Andreas Hoppe und Dr. Wolfgang Ritter (Biologe, Fachautor, Bio-Imker) haben in den 80ern die Varroabekämpfung mittels Hyperthermie wissenschaftlich untersucht und auch bestätigt. Erfolge: Die Bienensauna ist bei mehreren Hunderten Imkern von Neuseeland bis ins nördliche Schweden im Einsatz, wovon die allermeisten damit sehr zufrieden sind. Der Grund ist einfach: deren Bienenvölker überleben dank der Bienensauna jeden Winter und entwickeln sich sehr gut und gesund. Über 1600 Imker haben die Bienensauna ausprobiert, weil sich das Prinzip, die Bienensauna mehrfach (in einer Käufergemeinschaft, in Imkervereinen usw.) zu benutzen, immer mehr durchsetzt. Für den Preis gibt es garantierte Nachhaltigkeit, das Teil soll mindestens 30 Jahre halten. Außerdem berät und vernetzt das Rossa-Team alle Imker, die ihre Bienen saunieren lassen.“

Markus Vogt aus Hobbach: „Ich beschäftige mich mit der Imkerei schon seit meiner Schulzeit am JEG. Mein damaliger Biolehrer hat mich dafür begeistert. Ich habe aber erst seit 2012 selbst Völker, da es eben auch sehr zeitintensiv ist. Bei der Arbeit mit den Bienen muss man sich Zeit nehmen – mit Hektik geht da gar nichts. Es entschleunigt und gibt dir viel Ruhe. Imkern ist viel mehr als nur die „Honig-Ernte“. Bienen zu halten, ist keine Nebensache. Die Winterzeit nutze ich jetzt wieder um meine Mittelwände mit dem eigenen Wachs selbst zu gießen. Mir ist der eigene Wachskreislauf wichtig. Bei der Arbeit mit den Bienen verändert sich vor allem auch der Blick auf die Natur – positiv wie negativ.“

Infos:
www.bienensauna.de
www.imker-unterfranken.de

Autor:

Sylvia Kester aus Miltenberg

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