Ideen für Erhalt der Naturräume in den Odenwaldtälern

An den ausgehängten Plänen der Natura-2000-Gebiete entwickelten sich viele Gespräche wie hier zwischen Landrat Jens Marco Scherf und dem Kirchzeller Landwirt Frank Schäfer.
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Zu den wertvollen Naturräumen, die seltene Arten und Lebensräume beheimaten und im europaweiten Natura-2000-Verbund eingebunden sind, gehört im Landkreis Miltenberg das Gebiet „Täler der Odenwaldbäche um Amorbach“. Die Regierung von Unterfranken hat für dieses Areal einen Managementplan mit Pflegemaßnahmen für den optimalen Erhalt dieses Biotopverbundes erstellt.

Im großen Sitzungssaal des Landratsamts wurde der Plan am Dienstag rund 25 Gästen vorgestellt, die dort Flächen bewirtschaften oder in deren Eigentum die Flächen sind. Auch Vertreter der vier Gemeinden im Einzugsbereich – Amorbach, Weilbach, Kirchzell und Schneeberg – waren gekommen, um zunächst dem Vortrag der Biologin Miriam Koblofsky zu lauschen. Der Managementplan sei für die Behörden verbindlich, stellte sie klar, Bewirtschafter und Eigentümer könnten die Maßnahmen freiwillig umsetzen und im Gegenzug von Förderprogrammen profitieren. Allerdings sei darauf zu achten, dass sich die Situation nicht verschlechtert. Die Maßnahmen beruhen auf den Kartierungen durch das Büro für ökologische Studien Schlumprecht, erklärte sie und ging auf die erfassten Lebensräume und Arten ein, die in einem günstigen Erhaltungszustand bewahrt oder entwickelt werden sollen.

In den Tälern der Odenwaldbäche befinden sich demnach auf 552 Hektar naturnahe Fließgewässer, Hochstaudenflure, Flachland-Mähwiesen und Auenwälder, schützenswerte Tiere sind Koppe, Bachneunauge sowie der dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Die Lebensräume befinden sich der Biologin zufolge meist in gutem Zustand, mitunter sogar in sehr gutem. Die Fachleute empfahlen für die Fließgewässer die Anlage extensiver Gewässerrandstreifen, die feuchten Hochstaudenflure sollten im Abstand von drei bis fünf Jahren gemäht werden und mit einem bis zu zehn Meter breiten Pufferstreifen versehen werden. Auf den mageren Flachlandmähwiesen schlugen sie eine ein- bis zweischürige Mahd vor, auf Düngung zu verzichten und eine Beweidung zu ermöglichen, die einer Mahd nahekommt. In den Weichholzauen mit Erle, Esche und Weide sollte die bisherige Bewirtschaftung fortgeführt werden, der Totholz- und Biotopbaumanteil sollte erhöht werden.

Die Odenwaldtäler sind auch ein idealer Lebensraum für die Wiesenknopf-Ameisenbläulinge. Diese Schmetterlinge benötigen den Wiesenknopf und Ameisen für ihre Vermehrung. Auf betroffenen Flächen sollte nur ein- bis zweimal gemäht werden und nach der Mahd eine achtwöchige Mahdruhe eingehalten werden. Randflächen der Mähwiesen, die mit Wiesenknopf bestanden sind, sollten zwei bis drei Jahre nicht bewirtschaftet werden. Um den Erhalt des Bachneunauges und der Mühlkoppe zu sichern, empfehlen die Experten eine Verbesserung der Gewässerdurchlässigkeit und die Reduzierung des Nährstoffeintrags und des Sedimenteintrags.
In der Diskussion wurden viele Fragen gestellt – etwa nach der Freiwilligkeit der Maßnahmen für Landwirte. Für Kommunen seien diese auch freiwillig, ergänzte Landrat Jens Marco Scherf, allerdings wies er auf die Vorbildfunktion von Kommunen und die zunehmende Erwartungshaltung der Bevölkerung hin. Dass Regierung von Unterfranken und Wasserwirtschaftsamt beim Naturschutz kooperieren, bestätigten Matthias Berg (Höhere Naturschutzbehörde) und Maximilian Sehr (Wasserwirtschaftsamt). Inwieweit die im Volksbegehren geforderten Randstreifen Einzug in die Managementpläne halten, müsse man sehen, so Matthias Berg, der das Gesetzgebungsverfahren abwarten will. Sehr ergänzte, dass das Wasserwirtschaftsamt nicht für Gewässer dritter Ordnung zuständig ist. Kommunen könnten aber mit Förderungen bis zu 75 Prozent bei der Umsetzung von Maßnahmen rechnen.

Die im Managementplan vorgeschlagene Mahd Mitte Juni sei in den Odenwaldtälern nicht realistisch, wandte Landwirt Frank Schäfer ein, das geschehe in der Regel schon im Mai. Da seine Flächen in sehr gutem Zustand sind, solle der Landwirt auch weiterhin wie bisher handeln, empfahl Matthias Berg. Sollte der Landwirt freiwillig später mähen, könne er über das Vertragsnaturschutzprogramm einen finanziellen Ausgleich erhalten. Inwieweit Wanderwege direkt am Ufer verlaufen können, etwa um die Wiesenwehre in Schneeberg zugänglich zu machen, wollte Schneebergs Bürgermeister Erich Kuhn wissen. Das solle man vor Ort festlegen, empfahl der Landrat. Nicht immer müsse ein Weg direkt am Ufer verlaufen, sagte er, da zum Bach eben die Ufervegetation im Bereich von drei bis fünf Metern gehöre. An einzelnen Stellen könne man dann jedoch den direkten Zugang ans Ufer ermöglichen, schlug er vor. Wenn ein Weg entlang des Ufers aber nicht befestigt ist, sah Bund-Naturschutz-Kreisvorsitzender Steffen Scharrer darin auch kein Problem.

Kirchzells Bürgermeister Stefan Schwab wollte wissen: Warum erweitert man die Natura-2000-Flächen nicht um Flächen in schlechtem Zustand, die man verbessern könnte? Laut Matthias Berg sind die Natura-2000-Flächen Kernflächen, die erhalten werden müssen und von denen die Besiedlung benachbarte Gebiete ausgehen kann. Der gute Zustand der Täler im Odenwald ist laut Landrat Jens Marco Scherf ein Verdienst der Landwirte, die verantwortungsvoll wirtschaften und die Naturräume freihalten. Er schlug den Bogen zum Konsumverhalten der Bürgerinnen und Bürger. Wenn man mehr extensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen will, müsse auch der Konsument etwas tun, und zum Beispiel durch sein Einkaufsverhalten regionale Landwirte unterstützen. Das könne dann mehr Landwirten den Umstieg auf die extensive Bewirtschaftung ermöglichen, veranschaulichte Landrat Scherf die Verantwortung aller.

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