Schwangerschaft und Geburt während der Pandemie
Vorfreude trotz Ausnahmezustand: Gute Betreuung schützt vor Ängsten und Fehlinformationen
Für Schwangere sind die Monate bis zur Geburt geprägt von Vorfreude, körperlichen Veränderungen und manchmal auch Ängsten. Hilfreich sind neben der Unterstützung des Partners und der Familie der Austausch mit anderen Schwangeren oder frischgebackenen Müttern und natürlich die Betreuung durch die Hebamme sowie durch die Frauenärztin oder den Frauenarzt.
Die Auswirkungen der Corona Pandemie sorgen dafür, dass viele Dinge anders laufen, als in einer Schwangerschaft gewünscht. Gerade zu Beginn des ersten Lockdowns fühlten sich werdende Eltern mit völlig neuen Sorgen konfrontiert. Hinzu kommt, dass die Pandemie jetzt, wie bereits im Frühjahr 2020, nahezu alle persönlichen Kontakte unmöglich macht. Dank digitalen Möglichkeiten zum Austausch, engagierten Hebammen innerhalb und außerhalb der Kreißsäle, Gynäkologinnen und Gynäkologen und wertvollen Angeboten von Vereinen und sozialen Einrichtungen im Landkreis ist ein positives Erleben von Schwangerschaft und Geburt trotzdem möglich. „Natürlich sollten Schwangere sich derzeit besonders an die gängigen Hygienemaßnahmen halten“, sagt Kreishebamme Melani Pani. „Viele sorgen sich auch vor Ansteckung im Beruf.“ Diesen rät sie, ins Gespräch mit dem Arbeitgeber zu kommen, besonders, wenn die Frauen keine Möglichkeit haben, Kontakte zu vermeiden. „Dann ist vielleicht ein Berufsverbot sinnvoll.“
„Es ist wichtig, dass werdende Eltern gut informiert sind“
Die größten Ängste, die sie wahrnimmt, beziehen sich auf den Ablauf der Geburt. Die Frauen haben große Bedenken die Geburt ohne ihren Partner erleben zu müssen, aber auch das Tragen einer Maske bereitet vielen Sorgen.
Um solche Ängste aus der Welt zu schaffen, sollten Frauen zirka um die 30. Schwangerschaftswoche herum die Geburtsklinik kontaktieren, in der sie entbinden wollen. Die dort zuständigen Hebammen haben die zuverlässigsten Antworten auf Fragen, die die aktuellen Maßnahmen im Kreißsaal betreffen.
Elena Dittmann ist Beleghebamme an der Rotkreuzklinik Wertheim. Sie versteht die Sorgen der werdenden Mütter, ist sich aber sicher: „Schöne Geburten sind weiterhin möglich.“ Im Interview beantwortet Sie Fragen zu Geburt und Corona.
Frau Dittmann, was sind die größten Veränderungen, die auf die Frauen zukommen?
Elena Dittmann: „Das ist definitiv das Tragen einer Maske beim Betreten der Klinik und zu Beginn der Geburt. Und, dass das gesamte Personal FFP2-Masken trägt.“
Das Tragen der Maske macht vielen Frauen Sorgen, wie handhaben Sie das?
„Bei uns muss keine Frau Angst haben, die Maske nicht abnehmen zu dürfen. Wir gehen individuell auf jede Frau ein. Wenn die Wehen nicht mehr gut veratmet werden können, dann wird sie natürlich abgenommen. Das Zwischenmenschliche wird zu keiner Zeit aus den Augen verloren, und eine persönliche Begleitung ist auf jeden Fall gegeben, auch wenn der Infektionsschutz momentan an erster Stelle steht.“
Darf der Partner während der Geburt dabei sein, auch bei einem Kaiserschnitt?
„Ja, selbstverständlich darf eine Begleitperson bei einer natürlichen Geburt dabei sein. Diese muss eine FFP2-Maske tragen. Bei einem Kaiserschnitt war es bis vor Kurzem nicht möglich. Jetzt glücklicherweise schon, wir führen einen Schnelltest bei der Begleitperson durch.“
Auch bezüglich einer Ansteckung innerhalb der Klinik machen sich werdende Mütter gerade viele Gedanken, müssen sie das?
„Nein, der Schutz der Frauen und der Eigenschutz werden hier sehr ernst genommen. Wir tragen durchgängig Masken und machen einmal die Woche einen Schnelltest. Dieser wird uns von der Klinik zur Verfügung gestellt. Im Kreißsaal waren die Hygienestandards auch schon vor Corona sehr hoch.“
Können Gebärende Hilfsmittel wie Gymnastikball, Geburtsseil oder Badewanne nutzen?
„Ja, alles was uns hier an medizinischen und alternativen Möglichkeiten zur Verfügung steht, kann auch weiterhin genutzt werden.“
Und nach der Geburt – dürfen die Mütter Besuch bekommen?
„Nein, Besuch ist im Moment gar nicht erlaubt. Aber wir haben die Option eines Familienzimmers, wo der Partner nach einem durchgeführtem PCR-Test bei Mutter und Kind bleiben kann.“
Sind Kreißsaal-Führungen möglich?
„Digitale Kreißsaal-Führungen sind in Planung. Die Schwangeren sollten sich ca. in der 34. Woche bei uns vorstellen. Falls der Kreißsaal zu diesem Zeitpunkt leer ist, nutzen wir die Gelegenheit und zeigen ihn.“
Interview mit Karin Zentgraf. Sie ist Beleghebamme an der Geburtsklinik der Helios Klinik Erlenbach.
Frau Zentgraf, was sind die größten Veränderungen im Kreißsaal für die Schwangeren und das Kreißsaal-Personal?
Karin Zentgraf: „Das Tragen von FFP2-Masken. Der Partner der Frau muss diese auch im Kreißsaal dauerhaft tragen. Wir tragen diese schon lange. Zum Eigenschutz und zum Schutz der Frauen. Außerdem sind Kreißsaal-Personal, Anästhesisten, OP-Team, Pfleger, also alle, die bei einer Geburt zum Einsatz kommen könnten, fast zu 90% gegen Covid-19 geimpft.
Das Tragen der Maske macht vielen Frauen Sorgen, wie handhaben Sie das?
Karin Zentgraf: „Keine Frau muss befürchten, die Maske nicht abnehmen zu dürfen. Sobald die Gebärende sich nicht mehr wohl damit fühlt, soll sie abgesetzt werden. Wir gehen auf jede Frau ein. Personell und von den Abläufen her sind wir so aufgestellt, dass auch in der derzeitigen Situation eine gute Betreuung möglich ist. Die Frauen fühlen sich bei uns gut und sicher aufgehoben – trotz Corona. Das bekommen wir oft als Feedback.“
Darf der Partner während der Geburt dabei sein, auch bei einem Kaiserschnitt?
Karin Zentgraf: „Ja, der Partner darf bei der Geburt dabei sein. Das gilt auch bei einem Kaiserschnitt.“
Können Gebärende Hilfsmittel wie Gymnastikball, Geburtsseil oder Badewanne nutzen?
Karin Zentgraf: „Unsere Hygienestandards sind hoch. Nach wie vor darf fast alles, was uns hier an Hilfsmitteln zur Verfügung steht, genutzt werden, auch Lachgas. Wassergeburten sind momentan nicht möglich, aber die Badewanne kann im Rahmen eines Entspannungsbades genutzt werden.“
Und nach der Geburt – dürfen die Mütter Besuch bekommen?
Karin Zentgraf: „Ja, aber nur vom Partner. Das wird von einer Vielzahl unserer Frauen sogar als angenehm empfunden. Das Familienzimmer kann ebenfalls genutzt werden.“
Sind Kreißsaal-Führungen möglich?
Karin Zentgraf: „Werdende Eltern können den Kreißsaal der Babyfreundlichen Geburtsklinik im Moment nur digital kennenlernen Um die 30. Woche herum sollten die Schwangeren einen Termin zum persönlichen Anmeldegespräch mit uns vereinbaren. Dieses wird präsent abgehalten unter Beachtung der Hygienevorschriften. Bei diesem ersten Termin versuchen wir, Ängste und Verunsicherungen zu nehmen und viele Fragen zu beantworten.“
Gute Betreuung vor und nach der Geburt
Auch nach der Geburt müssen sich die Frauen keine Gedanken machen, alleine gelassen zu werden. „Gerade dann ist persönlicher Kontakt wichtig“, sagt Kreishebamme Melanie Pani. „Wir gestalten die Wochenbettbetreuung eigentlich so, wie vor der Pandemie, aber natürlich unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen.“ In dieser Phase sieht sie die Kontaktbeschränkungen sogar als Vorteil. „So kann man die Kennenlernzeit ganz in Ruhe genießen“. Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse finden aktuell nur online statt. Unter https://hebammen-miltenberg.de/vermittlungsstelle/ können Interessierte Kontakt aufnehmen.
Austausch ist wichtig - digitale Möglichkeiten
Wenn, wie jetzt, keine persönlichen Kontakte oder Treffen in Krabbelgruppen möglich sind, sind digitale Möglichkeiten umso wertvoller. Das Müttercafé AtemPause ist eine Anlaufstelle für alle (werdenden) Mamas von Kleinkindern, unabhängig von Nationalität, Religion oder sozialem Status. Es bietet einen Raum zur Begegnung, zum Austausch bei Erziehungsfragen und um neue Kontakte zu knüpfen. Begleitet wird das Angebot von den Projektleiterinnen, die den Besucherinnen in jeder Lebenslage unterstützend zur Seite stehen. In Zeiten von Corona findet das Müttercafé AtemPause ausschließlich in digitaler Form statt. Im wöchentlichen Rhythmus bietet das Projektteam „Starke Mütter —Starke Kinder“ des Vereins „Frauen für Frauen e.V.“ außerdem viele andere Aktionen für Mamas und deren Kinder über die Plattform „Zoom“ an. Die Zugangsdaten hierfür erhält man auf Anfrage oder über den WhatsApp-Status.
Die Familienstützpunkte Nord (Trägerschaft Stadt Erlenbach) und Süd (Trägerschaft Caritasverband) bieten aktuell alle 14 Tage montags von 10 bis 11 Uhr ein kostenfreies virtuelles Elterncafé für Eltern mit Babys an. Dieses findet über webex statt und die Teilnahme ist einfach über einen Link möglich. Anke Vieth, Familienstützpunkt Nord: „Themen, die dort besprochen werden, richten sich nach den Bedürfnissen und Fragen der teilnehmenden Mamas und Papas. Zuletzt redeten wir über das Schlafverhalten der Babys und sangen/sprachen Finger- und Schoßspiele. Das Elterncafé darf auch gerne bereits in der Schwangerschaft besucht werden.“
Schwangerschaft und Geburt in der Pandemie - Erfahrungen
Dana Bolvansky, Förderlehrerin aus Weilbach, hat im Oktober 2020 ihr drittes Kind zur Welt gebracht: „Ich würde sogar sagen, unser Sohn Fiete ist genau zum richtigen Zeitpunkt ´vom Himmel gefallen´. Der größte Unterschied zu den beiden anderen Schwangerschaften war, dass ich bereits sehr früh in der Schwangerschaft nicht mehr in der Schule tätig sein durfte. Von zu Hause aus arbeiten war auch ein Segen, da ich selbst zwei Kinder im Homeschooling hatte.
Ich habe mir zu Beginn der Schwangerschaft Gedanken gemacht, aber Ängste hatte ich keine. Unsere Kontakte hatten wir selbstverständlich reduziert. Arzttermine mit Maske waren eine Umstellung, aber man lernt mit der Zeit, die Mimik von den Augen abzulesen. Der Vorteil war, dass in der Praxis meist nur 1 bis 2 Personen waren, die Wartezeit war dadurch kurz. Für mich war wichtig, dass ich mich bei meiner Frauenärztin so gut betreut gefühlt habe, ebenso wie bei meiner Hebamme und der Hebamme im Krankenhaus. Insgesamt hatte ich eine sehr schöne Schwangerschaft und konnte sie vielleicht gerade wegen der Kontakt- und Terminbeschränkungen intensiver mit der Familie erleben, da man nicht von einem Termin in den anderen gehetzt wurde. Wir hatten Glück, im Sommer war alles gelockert und wir konnten einen Urlaub in einem Ferienhaus genießen. Hotel oder dergleichen hätten wir storniert.
Während der Geburt habe ich mich im Krankenhaus zu jeder Zeit gut aufgehoben gefühlt. Das einzig Unangenehme war der nötige Coronatest. Die Maske hatte ich nur in der Anfangsphase auf, wenn die Hebamme im Raum war, das war okay. Mein Mann durfte zum Glück die ganze Zeit dabei sein. Schade ist, dass bisher nur die engste Familie den Kleinen kennenlernen konnte, aber wir sind alle gesund und das ist das Wichtigste.“
C. Grimm aus Trennfurt brachte im Januar 2021 ihr zweites Kind zur Welt: „Ich bekam direkt am Anfang der Schwangerschaft ein Berufsverbot.Durch die Lockerungen im Sommer war die erste Zeit insgesamt eher entspannt. Ab September wurde es dann heftiger, weil wir häufiger überlegt haben, was noch so kommt und wie es weiterläuft, wenn die Geburt losgeht und auch danach. Unsere Tochter haben wir schon vor dem zweiten Lockdown ab Mitte Dezember nicht mehr in den Kindergarten gebracht und Sozialkontakte auf Eis gelegt, um für uns als Familie und für das Ungeborene nichts zu riskieren. Gerade das letzte Schwangerschaftsdrittel war sehr anstrengend ohne Hilfe von außen. Bei meiner Hebamme, die bereits vor der Geburt zu uns kam, wie jetzt auch noch und im Kreißsaal habe ich mich gut aufgehoben gefühlt. Ganz wichtig war für mich, dass mein Mann von Anfang an dabei sein konnte. Während der Geburt durfte ich die Maske abnehmen, als ich mich darunter nicht mehr wohlgefühlt habe. Weil kein Besuch kommen durfte, außer dem Partner einmal am Tag, war es nach der Geburt auf der Station sehr ruhig. So konnte ich mich komplett auf mich und das Baby konzentrieren. Hart war für mich und auch für unsere erste Tochter, dass sie uns nicht besuchen konnte. Aber zum Glück haben wir uns zumindest übers Handy gesehen.“
Weitere Infos erhalten Sie unter: www.familie-miltenberg.de
Praktische Hilfe und Beistand nach der Geburt bekommen Familien auch weiterhin von wellcome. Ehrenamtliche Kräfte unterstützen auch in der Pandemie. Inge Richter, Ansprechpartnerin von wellcome Miltenberg und Elsenfeld:" Wir begleiten z.B. Mütter beim Spazierengehen, beschäftigen Geschwisterkinder oder übernehmen Einkäufe. Die Kontakte finden derzeit draußen statt und natürlich unter Beachtung der Hygienemaßnahmen."
Autor:Marlene Deß aus Miltenberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.