Besinnliche Auszeiten
Kurze Pausen in der Adventszeit für Kinder und Jugendliche

Besinnliche Stimmung und Vorfreude im Kindergarten St. Martin in Collenberg: Jeden Tag wird nun ein Päckchen geöffnet und ein Teil der Weihnachtsgeschichte wird vorgelesen. | Foto: Kindergarten St. Martin
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  • Besinnliche Stimmung und Vorfreude im Kindergarten St. Martin in Collenberg: Jeden Tag wird nun ein Päckchen geöffnet und ein Teil der Weihnachtsgeschichte wird vorgelesen.
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„Eine besinnliche Adventszeit.“ Das wünschen wir uns selbst und anderen Menschen, denen wir in der Vorweihnachtszeit begegnen. Eine Floskel? Manchmal, ja. Denn obwohl das Bedürfnis nach Ruhe und Stille gegen Ende des Jahres besonders groß ist, jagt gefühlt ein Termin den nächsten und die To-Do- Liste ist sogar noch länger, als im Rest des Jahres. Das betrifft auch schon Kinder und Jugendliche. Schulstress vor Jahresende, Hektik im persönlichen Umfeld, weihnachtliche Verpflichtungen sowie beunruhigende Nachrichten aus Europa und dem Rest der Welt lassen im Alltag oft nur wenig Raum für Besinnlichkeit. Smartphones, Tablets, Zocken oder Netflixen sorgen zwar für Ablenkung, aber nicht für Besinnung.

Also Smartphone abschalten und alle Termine streichen? Nein. Denn es geht überhaupt nicht darum, komplett auf die digitalen Begleiter zu verzichten oder darum, für seine Lieben keine Geschenke zu basteln oder zu kaufen, selbst wenn das vorübergehend für zusätzlichen Stress sorgen kann. Und auch sonst lässt sich die Welt um unsere Kinder herum nicht einfach abschalten, damit es auf Knopfdruck besinnlich wird. Aber: Besinnlichkeit und Geschäftigkeit müssen sich nicht ausschließen.
Stattdessen kann Besinnlichkeit ganz bewusst in den Familienalltag eingebaut werden, um Kinder und Jugendliche auf die Weihnachtsfeiertage und Heiligabend einzustimmen.

Große und kleine Familienmitglieder dürfen mitbestimmen

Stille Momente, in denen die Gedanken schweifen dürfen, in sich gehen, einsame oder gemeinsame Momente bewusst erleben ohne Ablenkung - das verstehen wir unter Besinnlichkeit. Der Advent (aus dem Lateinischen „adventus“ - „Ankunft“) lädt Christinnen und Christen seit jeher dazu ein, die Zeit des Wartens auf die Ankunft von Jesus Christus zu nutzen, um innezuhalten und sich auf das zu besinnen, was wirklich zählt. Rituale und Traditionen können dabei helfen besinnliche Momente für die ganze Familie zu schaffen und Kindern zu vermitteln, dass das Zusammensein bedeutungsvoll ist. Ob alte Traditionen, die bereits von den Eltern oder Großeltern gepflegt wurden oder neue, die dem aktuellen Familienalttag angepasst werden – wichtig ist, dass sich alle dabei wohl fühlen und nichts erzwungen wird.
Also bei Bedarf auch weg mit „das haben wir aber immer schon so gemacht“. Große und kleine Familienmitglieder sollten mitbestimmen dürfen, was sich für sie in der Adventszeit gut anfühlt. So können auch wunderbare neue Rituale entstehen.

Kurze aber bewusste Auszeiten

In dem Zitat der US-amerikanischen Schriftstellerin Edna Ferber heißt es: „Weihnachten ist keine Jahreszeit, es ist ein Gefühl“. Dieses typische Weihnachtsgefühl, diese Vorfreude auf ein besonderes Ereignis, fernab von Konsumrausch und Hektik können Kinder und Jugendliche in kurzen, besinnlichen Auszeiten auch im vollgepackten Alltag spüren.

Ideen für besinnliche Auszeiten sind beispielsweise:

  • Adventsgeschichten vorlesen bei Kerzenschein, dabei gerne auch Kinder oder Jugendliche vorlesen lassen. 
  • Gemeinsames Backen, aber statt stressiger Massenproduktion nur zwei Lieblingssorten an Plätzchen auswählen. 
  • Das Sammeln von Zapfen, Zweigen und Eicheln, verbunden mit einem Spaziergang in der Natur. Eine abendliche, stille Runde durch den Wohnort mit seinen beleuchteten Fenstern und Gärten. 
  • Eine Bastelstunde mit Weihnachtsmusik und weihnachtlichen Düften. Gut eignen sich Bastelprojekte, die hinterher das Zuhause schmücken. Wenn Kinder und Jugendliche die Wohnung mit dekorieren dürfen, fühlen sie sich auch mitverantwortlich für die Weihnachtsstimmung. Kleine Bastelprojekte sind beispielsweise einfache gefaltete Sterne aus buntem Transparentpapier, aus Draht gebogene Sterne, die mit Lichterkette versehen werden können, aus Bienenwachsplatten gerollte Kerzen, Schneeflocken aus Papier, Weihnachtsbaumanhänger aus Salzteig oder mit Kartoffeldruck gestaltete Karten.

Realistische Ziele setzen

Jugendregionalseelsorger Roland Lutz: " Es braucht Ideen, die vom zeitlichen Umfang her umsetzbar sind." | Foto: Jugendhaus St.Kilian
  • Jugendregionalseelsorger Roland Lutz: " Es braucht Ideen, die vom zeitlichen Umfang her umsetzbar sind."
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Tipps, wie Besinnlichkeit zwanglos in den Alltag von Kindern und Jugendlichen integriert werden kann, kennt auch Jugendregionalseelsorger Roland Lutz: „Hilfreich ist, wenn möglich, sich als Familie die Zeit zu nehmen gemeinsam in den Tag zu starten. Aber das ist sicher nicht mit jedem Alltag vereinbar. Also braucht es Ideen, die vom zeitlichen Umfang her umsetzbar sind. Sinnvoll ist deshalb zunächst einmal sich Ziele zu setzen, die auch erreicht werden können. So ein realistisches Ziel könnte beispielsweise sein, sich in der Adventszeit als Ritual einmal pro Woche abends als Familie zusammenzusetzen, gemeinsam zu Abend zu essen und die Kerzen am Adventskranz anzuzünden. Sich also ganz bewusst Zeit für Besinnlichkeit zu nehmen.

Dabei können die Familienmitglieder sich die Frage stellen und beantworten, was an diesem Adventstag besonders war, was ihnen Mut oder Hoffnung gemacht hat oder was ihnen Licht war. Auch können sie drüber sprechen, was ihnen in der Adventszeit mit Blick auf das Freudenfest die Stimmung aufhellt.

Falls es die Zeit zu lässt, ist auch ein alternativer Adventskalender eine Idee. Die Türchen können schon morgens von den Familienmitgliedern gemeinsam geöffnet werden. Statt Schokolade wartet hinter jedem Türchen ein besinnlicher Impuls, der einen dann durch den Tag begleitet."

Entschleunigung und Einbeziehung aller Sinne

Eine besinnliche Adventszeit erleben die Kinder desKindergartens St. Martin in Collenberg.
Jenny Cavallo, Leiterin:
„Mit Beginn der Adventszeit werden einige Rituale im Kita-Alltag verändert. So wird beispielsweise der tägliche Morgenkreis zu einem „Adventskreis“. Wir singen statt unseres regulären Guten-Morgen-Liedes jetzt „Wir sagen euch an, den lieben Advent“ und jeden Tag darf ein anderes Kind das „Adventskind“ sein, welches das „Törchen am Adventskalender“ öffnen darf.

Außerdem versuchen wir den Alltag bewusst zu entschleunigen. Natürlich steht – wie immer – vieles auf unserer Ideenliste für die Weihnachtszeit: Basteln, Plätzchen backen, Lieder singen, Winterspaziergang machen, Fenster bemalen, … Doch gerade in dieser Zeit erinnern wir uns und auch die Kinder daran, dass nicht die Menge an Angeboten zählt, sondern vielmehr das bewusste Zeit nehmen und sich Zeit lassen. Wenn das gemeinsame Schmücken der Gruppe also zwei Tage in Anspruch nimmt, statt wie zuvor geplant nur einen Tag, dann ist es uns wichtig diese Tradition gemeinsam mit den Kindern zu erleben und eine andere Aktivität darf dafür auch einmal ausfallen.

Als Tipp für Familien zum Start in eine besinnliche Zeit würden wir auch genau dieses „Entschleunigen“ nennen wollen. Aber nicht nur durch den Satz „Wir lassen uns jetzt mal Zeit“, sondern tatsächlich durch eine entsprechende innere Haltung der Erwachsenen. Da muss die To-Do-Liste dann wirklich aus den Gedanken verbannt werden, um für Besinnlichkeit Platz zu machen.

Besonders eindrücklich kann eine besinnliche Atmosphäre durch das bewusste Einbeziehen verschiedener Sinne entstehen. Kaum einer kann dem Weihnachtszauber entgehen, wenn leise Weihnachtsmusik läuft, es nach Zimt und Äpfeln duftet und im Schein der Lichterketten gemeinsam der Wunschzettel fürs Christkind aufgemalt oder auch schon geschrieben wird.“

Rituale, ohne zusätzlichen Druck

Dekanatsjugendreferent Jörg Fecher, Evangelische Jugend Untermain: "Besinnlich kann auch ein Spaziergang in der Abenddämmerung sein. Man erlebt, dass Dunkelheit schön ist, wenn die Fenster erleuchtet sind. Auch bewusst im Wald spazieren zu gehen, den Wald zu hören, lässt Kinder und Jugendliche die Dunkelheit genießen und positiv erleben. Das hilft, das eher als dunkel und lang empfundene Warten auf Weihnachten in der Adventszeit, anzunehmen" | Foto: Privat
  • Dekanatsjugendreferent Jörg Fecher, Evangelische Jugend Untermain: "Besinnlich kann auch ein Spaziergang in der Abenddämmerung sein. Man erlebt, dass Dunkelheit schön ist, wenn die Fenster erleuchtet sind. Auch bewusst im Wald spazieren zu gehen, den Wald zu hören, lässt Kinder und Jugendliche die Dunkelheit genießen und positiv erleben. Das hilft, das eher als dunkel und lang empfundene Warten auf Weihnachten in der Adventszeit, anzunehmen"
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Dekanatsjugendreferent Jörg Fecher, Evangelische Jugend Untermain teilt folgende Erfahrungen:„Ich erlebe, dass es Familien sehr genießen, wenn sie gemeinsam eine Adventsgeschichte lesen oder auch anhören. Das kann zum schönen Ritual werden, für das man sich bewusst Zeit nimmt. Wie das in den Alltag passt ist sehr individuell. Das Allerwichtigste ist, dass kein zusätzlicher Druck entsteht. Abhängig davon wie die Familie tickt, eignet sich entweder eine fortlaufende Adventsgeschichte, die täglich morgens oder abends gelesen wird oder abgeschlossene kleine Geschichten, die sich lesen lassen, wenn es gerade für alle Familienmitglieder passt. Eine weitere Möglichkeit ist es, eine Geschichte abends im Bett zum Einschlafen gemeinsam zu lesen.

Schöne, besinnliche Momente entstehen auch, wenn die Familie sowieso zusammen ist, z.B. beim Essen und dann bewusst eine Kerze entzündet wird, ein Lied gesungen oder ein Gebet gesprochen wird. Auch hier, ohne Zwang. Ich erlebe es auch positiv, wenn gemeinsam gebastelt wird, beispielsweise Sterne aus Transparentpapier, die dann an den Fenstern hängen und Freude schaffen.

In diesen gemeinsamen Momenten heiß es dann: Jetzt ist die Zeit dafür und die nehmen wir uns auch. Handys werden so lange weggelegt oder auf stumm geschalten. Besinnlich kann auch ein Spaziergang in der Abenddämmerung sein. Man erlebt, dass Dunkelheit schön ist, wenn die Fenster erleuchtet sind. Auch bewusst im Wald spazieren zu gehen, den Wald zu hören, lässt Kinder und Jugendliche die Dunkelheit genießen und positiv erleben. Das hilft, das eher als dunkel und lang empfundene Warten auf Weihnachten in der Adventszeit, anzunehmen“

„Anstecken lassen von kindlichen Ideen“

Rituale - wie das Aufstellen des Tannenbaums- ermöglichen das Ankommen in der besinnlichen Zeit. Corinna Wienand, Leiterin des Kindergartens Villa Kunterbunt in Kleinwallstadt: "Die Kinder gestalten das mit leuchtenden Augen mit." | Foto: Kindergarten Villa Kunterbunt
  • Rituale - wie das Aufstellen des Tannenbaums- ermöglichen das Ankommen in der besinnlichen Zeit. Corinna Wienand, Leiterin des Kindergartens Villa Kunterbunt in Kleinwallstadt: "Die Kinder gestalten das mit leuchtenden Augen mit."
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Im katholischen Kindergarten „Villa Kunterbunt“ in Kleinwallstadt schaffen die Erzieherinnen gemeinsam mit den Kindern eine besinnliche Atmosphäre:Wie in jedem Jahr, streben wir eine entschleunigte Adventszeit an“, erzählt Leiterin Corinna Wienand.„Dabei ist es wichtig über diverse Rituale in der besinnlichen Zeit anzukommen. Dies gelingt besonders durch das Schmücken unseres Hauses, was bereits einen Hauch Vorfreude versprüht bis hin zum Aufstellen des Tannenbaums. Die Kinder gestalten das mit leuchtenden Augen mit. Morgens wird hektisches Ankommen der Kinder durch ruhige Klänge im Eingangsbereich unserer Villa entschleunigt. Angekommen in der Gruppe, erwartet die Kinder ein Spiel mit Licht und selbst gestalteter Dekoration.

Wir gehen mit den Kindern in einen Austausch. In unserem großen Morgenkreis erzählen sie uns, was sie mit der Adventszeit verbinden: Advent ist die Zeit, in der wir das Haus schmücken, Kekse und Kuchen backen. Der Nikolaus kommt und auch das Christkind oder der Weihnachtsmann bringen Geschenke. Was ist den Kindern wichtig, wie wollen wir unsere besinnliche Zeit gemeinsam gestalten? Auch darauf haben Kinder klare Antworten und diese greifen wir auf und gehen den Weg mit ihnen. Dabei bestimmen die Kinder beispielsweise auch, welche Lieder sie singen möchten. Wenn wir Kinder partizipieren lassen wird deutlich, was Weihnachten ausmacht. Sie wollen Teil unserer „Erwachsenenwelt“ sein. So haben sie aus der Puppenwohnung mit Terrasse und Grill vom Sommer einen Weihnachtsmarkt gezaubert. Natürlich wurde in einer Kinderkonferenz ganz genau überlegt welche Materialien benötigt werden. Kinder bilden sich so ganzheitlich. Sie überlegen, kombinieren, verhandeln miteinander, organisieren und fühlen Erlebnissen, Geschmäckern sowie Gerüchen nach.

Oft dürfen wir uns von den kindlichen Ideen „Wie Weihnachten und Advent“ funktioniert anstecken lassen. Advent ist auch eine Zeit der Begegnung und diese Begegnung, dieser Austausch mit den Kindern ergibt schon eine großartige Vorfreude.“

Tipp: Eine besinnliche Auszeit erwartet Besucherinnen und Besucher im Jugendhaus St. Kilian am 15. Dezember beim Familiennachmittag von 15-18 Uhr. Neben Basteln, Singen und Weihnachtsgebäck verzieren, findet auch die Aussendungsfeier des Bethlehemer Friedenslicht statt. Dieses wird am 3. Advent vom Jugendhaus aus in die ganze Region verteilt.

Autor:

Marlene Deß aus Miltenberg

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