Die richtige Telefonnummer kann Leben retten
Welche Nummer wähle ich wann?
Der 66-jährige Manfred S. fühlt sich auch schon den ganzen Tag nicht so richtig wohl. Jetzt ist ganz plötzlich ein starker Druck auf der Brust dazugekommen und ihm bricht vor Schmerz und Angst der kalte Schweiß aus. Er könnte seinen Hausarzt anrufen, denn es ist Dienstagnachmittag um 16 Uhr. Aber ist der Hausarzt oder der ärztliche Bereitschaftsdienst der richtige Ansprechpartner?
Anderes Szenario: Der dreijährige Max ist morgens etwas unleidlich. Er ist quengelig und hat keinen Appetit. Als seine Mutter ihn am Abend ins Bett bringen will, kommt er ihr sehr warm vor. Sie misst seine Temperatur und stellt fest, dass der kleine Racker 38,5°C Fieber hat. Es ist Samstagabend und der Hausarzt der Familie ist gerade nicht zu erreichen. Nun stellt sich die Frage, welche Telefonnummer die Mutter anrufen soll, damit ihr kleiner Sohn medizinische Hilfe bekommt. Soll die Mutter den Rettungsdienst alarmieren oder wer ist in diesem Fall zuständig?
Neue Nummer und viel Unsicherheit
So sind Sie richtig verbunden:
„Früher war alles besser oder einfacher“, das stimmt nur bedingt, denn mit der richtigen Telefonnummer haben Sie gleich die richtigen Helfer am Apparat.
Der Leiter der Rettungswache Obernburg Jörg Kuhn erklärt: „Früher hat man im Notfall die 19222 angerufen. Diese Nummer gilt heute nicht mehr. Jetzt ist bei einem Notfall die 112 zu wählen. Wer diese Nummer in unserem Landkreis wählt, hat die Integrierte Leitstelle Bayerischer Untermain am Telefon. Die 112 koordiniert alle Einsätze am Bay. Untermain, also die Rettungseinsätze, die Feuerwehreinsätze und auch die THW-Einsätze. Diese Nummer ist bei einem Notfall bzw. bei lebensbedrohlichen Notfällen zu wählen. Ein medizinischer Notfall ist zum Beispiel ein Herzinfarkt. Auch bei chirurgischen Notfällen, einem Sturz oder einem gebrochenen Bein ist die 112 die richtige Nummer.“
Manche Menschen sind bezüglich der Telefonnummer verunsichert und wählen auch die 110. Das ist der Notruf der Polizei. Diese Nummer sollte zum Beispiel bei einem Verkehrsunfall angerufen werden. Wenn die Polizei erfährt, dass es bei dem Unfall auch Verletzte gibt, dann alarmiert sie von sich aus die Integrierte Leitstelle. Allerdings führt das zu einer zeitlichen Verzögerung. Wenn es sich also um einen Infarkt, einen Unfall mit Schwerverletzten oder Ähnliches handelt, dann sollten Sie sofort die 112 anrufen, damit nicht wertvolle Sekunden vergeudet werden.
Das Rote Kreuz hat im Landkreis Miltenberg drei Rettungswachen, die 24 Stunden besetzt sind. Diese Wachen befinden sich in Obernburg, Miltenberg und Stadtprozelten. Zusätzlich gibt es sogenannte Stellplätze in Amorbach (von 8 – 22 Uhr besetzt und Freitag und Samstag rund um die Uhr), in Hobbach (von 6 – 24 Uhr besetzt) und im Laufe dieses Jahres noch einen weiteren Stellplatz in Sulzbach.
Die Rettungsdienstleitung in Obernburg ist für den gesamten Landkreis Miltenberg mit dem Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes zuständig.
Bei nicht akuten Beschwerden wie zum Beispiel Halsschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen und Ähnlichem sollten sich die Patienten an ihren Hausarzt wenden. Wenn der nicht erreichbar ist, weil die Beschwerden abends oder am Wochenende auftreten, dann empfiehlt es sich, den ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) mit der Nummer 116 117 anzurufen.
Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist immer dann zu erreichen, wenn die Hausärzte geschlossen haben:
Montag, Dienstag und Donnerstag ab 18 Uhr bis zum Folgetag um 8 Uhr.
Mittwoch und Freitag ab 13 Uhr bis zum Folgetag um 8 Uhr
Samstag und Sonn- und Feiertags rund um die Uhr.
Wenn Sie den ärztlichen Bereitschaftsdienst anrufen, sollten Sie etwas zum Schreiben zur Hand haben. Außerdem sollten Sie Auskunft geben können, wie der Patient heißt, wie alt er ist und den Wohnort mit Postleitzahl nennen können. Der Bereitschaftsdienst der KVB betreibt eine Art Hotline mit Sitz in Nürnberg. Anhand der Postleitzahl informiert er dann den ärztlichen Bereitschaftsdienst, der am nächsten bei dem Patienten ist.
Was bedeutet Zentrale Notaufnahme?
Die Leiterin der Zentralen Notaufnahme Dr. Birgit Wöber äußert sich dazu wie folgt:
Prinzipiell gilt, bei akuten, lebensbedrohlichen Symptomen wie z. B. Bewusstseinsstörung, Atemnot, Brustschmerzen, Lähmungserscheinungen, Kollaps die z.B. auf Herzinfarkt oder Schlaganfall hinweisen könnten, immer die 112 wählen.
Zentrale Notaufnahme bedeutet:
- Verschiedene Disziplinen werden an einer Stelle gebündelt, dabei arbeiten Ärzte verschiedener Fachrichtungen eng zusammen.
- Kurze Wege z. B. zum Röntgen, Labor, CT, Endoskopie, OP, Herzkatheterlabore, Stroke-Unit
- Der Patient hat nur eine Anlaufstelle, und das Fachpersonal entscheidet über Dringlichkeit und Zuordnung.
Motto „Leben erhalten“
Die ZNA ist für lebensbedrohliche Fälle bestens gerüstet:
Dr. Wöber: „Wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit der Integrierten Leitstelle und dem Rettungsdienst.“
- Wenn ein Notfallpatient nicht weiter versorgt werden kann, zum Beispiel, weil Spezialisten wie Neurochirurgen notwendig sind, wird der Patient von uns weiter verlegt. Dies geschieht je nach Erfordernis mit geeigneten Transportmitteln bis hin zum Intensiv-Verlegungshubschrauber.
- Entwicklung: Stetig wachsende Patientenzahlen. Dadurch, dass eine Vielzahl der zusätzlich ambulant zu versorgenden Patienten mit niedrigerer Behandlungsdringlichkeit in die ZNA kommen, treten hier teils erhebliche Wartezeiten auf, die zwar medizinisch vertretbar, aber für den einzelnen Patienten sehr unangenehm sind. Die Versorgung schwer erkrankter Patienten erfordert viel Zeit und Personal und ist unsere vordringliche Aufgabe.
ZNA-Leiterin Dr. Wöber sagt dazu: „Wir schicken niemanden weg, es kommen alle dran. Allerdings kann es mitunter zu langen Wartezeiten kommen. Da würde ich mir von den Patienten manchmal eine ehrlichere Einschätzung des eigenen Problems wünschen.“
Was für Patienten im Wartebereich häufig unbemerkt passiert, sind die Schwerverletzen und Notfälle, die per Rettungswagen durch einen anderen Eingang eingeliefert werden.
Was darf eine ZNA, was nicht?
-Erstbehandlung und Aufnahme von stationären Patienten mit und ohne Einweisung durch einen niedergelassenen Arzt.
-Erstversorgung von Notfallpatienten ambulant. Hier liegt allerdings die Betonung auf „Erstversorgung“. Der Patient erhält die unmittelbar notwendige Versorgung und bekommt einen Brief für den Arzt mit, der die weitere Behandlung durchführt.
Rezepte und Krankmeldungen darf die ZNA nicht ausstellen.
Eine ambulante Weiterbehandlung ist ebenfalls nicht erlaubt.
Eine Behandlung auf Überweisungsschein ist nicht möglich. Der Überweisungsschein gilt für die niedergelassenen Vertragsärzte.
Übrigens: Sie brauchen keine Angst zu haben, wenn Sie die falsche Nummer wählen, im schlimmsten Fall geht zwar wertvolle Zeit verloren, aber Sie werden deshalb nicht haftbar gemacht.
Hier ein Merkzettel für das Telefon:
Bei lebensbedrohlichen Notfällen Tel. 112
Polizei Tel. 110
Leichtere medizinische Probleme außerhalb der hausärztlichen Öffnungszeiten Tel. 116117
Autor:Liane Schwab aus Miltenberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.