Spielzeug begeistert!
Dauerbrenner und Trends im Kinderzimmer
Erinnern Sie sich? Manchmal genügte eine Puppe, ein kleines Auto, ein Ball oder ein einfaches Haus aus Karton, um stundenlang im Spiel zu versinken und die Welt um sich herum zu vergessen. Vieles hat sich seit der eigenen Kindheit verändert, Spielen jedoch ist ein Grundbedürfnis und macht unsere Kinder und Enkel auch heute noch glücklich.
Warum spielen wir überhaupt?
Im Spiel werden Erfahrungen gesammelt und Gefühle wie Enttäuschung, Freude, Wut und Stolz erlebt. Spielerisch bekommen Kinder Zugang zur Welt, um sich mit ihr vertraut zu machen, auf sie einzuwirken und sie zu begreifen. Spielzeug gibt es, seit es Menschen gibt. Das belegen speziell bearbeitete Knochen und Steine, archäologische Funde aus der Steinzeit, die als Beigabe in Kindergräbern entdeckt wurden. Bereits 200 Jahre vor Christus spielten Kinder in Ägypten mit holzgeschnitzten Löwen und Krokodilen, die einen beweglichen Unterkiefer hatten. Dass schon im alten Ägypten „Dame“ gespielt wurde, zeigen zeitgenössische Wandmalereien. Während die jungen Griechen und Römer aus ärmeren Verhältnissen im Altertum mit kleinen Ziegenknochen spielten, erfreuten sich Kinder reicher Familien an Kreiseln und Würfeln. Im Mittelalter spielte man in den gehobenen Schichten bereits mit Glasmurmeln und Steckenpferden. Ende des 15. Jahrhunderts wurde Spielzeug zunehmend lebensnaher. Miniaturwaffen wie Pfeil und Bogen sowie Puppenstuben und Nähutensilien hatten die Aufgabe, Jungen und Mädchen auf ihre zukünftigen Rollen vorzubereiten.
Pädagogisch wertvoll, oft teuer und selten
Ende des 18. Jahrhunderts stellte man neue Ansprüche an Spielzeug. Es sollte einen hohen Lernwert besitzen, Feinmotorik und Fantasie anregen und die Gesundheit der Kinder fördern. Auch heute noch beliebt sind die in dieser Zeit von Friedrich Fröbel entwickelten Spielgaben – weiche Bälle, verschiedene Bausteine aus Holz und weitere geometrische Formen, die in den verschiedenen Entwicklungsphasen eines Kindes seine kognitiven Fähigkeiten anregen sollen.
Neue Technologien hielten schließlich mit der Industrialisierung Einzug ins Kinderzimmer. Große Spielzeugfabriken entstanden und mit ihnen die Massenproduktion. Das hatte zur Folge, dass Spielzeug zwar zunehmend an Individualität verlor, jedoch erschwinglicher wurde.
Besonders beliebt war Blechspielzeug in Form von trommelnden Affen, hüpfenden Fröschen, Brummkreiseln, Automobilen, Flugzeugen und Zeppelinen, heute teilweise begehrte Sammlerstücke. Ende des 19. Jahrhunderts kam die erste dampfbetriebene Spielzeugeisenbahn auf den Markt und war fortan lange auf vielen Wunschzetteln die Nummer eins. Leisten konnten sie sich aber die wenigsten Familien. Während die Eisenbahn und die – bei Mädchen beliebten – raren und teuren Puppenhäuser auch Anfang des 20. Jahrhunderts noch den meisten Kindern vorenthalten blieben, besaß fast jeder ein Säckchen mit Murmeln, um damit auf dem Gehweg zu „klickern“, ein Kartenspiel oder einen kleinen Holzkreisel, der mit einer Peitschenschnur angetrieben werden konnte.
Teddy und andere Klassiker
Die ersten Jahre des neuen Jahrhunderts brachten viele Neuheiten auf dem Spielzeugmarkt hervor. 1902 war die Geburtsstunde des Teddybären – einem Kuscheltier mit beweglichen Gliedern. Von Margarethe Steiff erfunden, entdeckte ein amerikanischer Händler den „Bär 55 PB“ auf einer deutschen Messe. Bald wurde er Freund, Tröster und Spielgefährte für Kinder in der ganzen Welt.
Flugzeuge, Kräne und Autos konnten ab 1901 von kleinen Tüftler*innen, dank der Erfindung des Metallbaukastens, nun selbst konstruiert werden. Auch viele Brettspielklassiker entstammen dieser Zeit, wie z. B. Monopoly (1904) und Mensch ärgere dich nicht (1907).
Bunte Plastikträume
Nach dem zweiten Weltkrieg eroberte Spielzeug aus Kunststoff die Kinderzimmer. Allen voran, ließ eine ganz bestimmte Puppe viele Mädchenherzen höherschlagen: Barbie. Glücklicherweise sind die Zeiten, in denen sie ausschließlich ein unrealistisches Frauenbild verkörperte, vorbei! Heute hat sie die unterschiedlichsten Haar- und Hautfarben, ist kurvig, sitzt im Rollstuhl oder trägt Kopftuch. Auch der kleine bunte Legostein startete in den 50ern seine Erfolgsstory. Später brachten Autorennbahnen und interaktive Plüschtiere Kinderaugen zum Leuchten. Konkurrenz gab es für die klassischen Kinderzimmerlieblinge ab den 1980er Jahren in Form von Spielekonsolen und Computern.
Paul, Jahrgang 2010, aus Miltenberg:„Ich spiele am liebsten mit Lego. Meine Steine habe ich nach Farben sortiert. Ich baue sehr viele verschiedene Sachen. Das Coolste, was ich je gebaut habe, war eine Polizeistation und eine Seilbahn mit Gondel quer durch unseren Garten.“
Leonard Bergmann, 10 Jahre, aus Niedernberg:
„Ich mochte schon immer gerne die Bausätze von Lego. Mit 6 Jahren habe ich das erste Set von Papa bekommen. Eigentlich hatte ich mir etwas von ,Star Wars‘ gewünscht, aber dafür war ich damals noch zu klein. Ich suchte mir dann ein Motorrad von ,Ninjago‘ aus, weil das ab Altersstufe 6 war. Das Aufbauen war am Anfang schwierig, aber meine Eltern haben mir geholfen. Mir gefallen an den Bausätzen die Spielfunktionen, z. B. kann man die Arme von Robotern bewegen, Dinge ein- und ausklappen oder mit einem Trick in etwas anderes verwandeln. Ich mag außerdem, dass ich hinterher etwas im Schrank stehen habe, was mir richtig gut gefällt und mich jeden Tag an meine Lieblings-Filmszenen erinnert. Zu jedem Geburtstag wünsche ich mir ein großes Bau-Set, das letzte war ein Wassertempel.“
Comeback der Spielzeugstars
Einige kommen wieder, andere waren nie wirklich weg, - Social Media sei Dank, ist der Hula-Hoop-Reifen, ebenso wie die Rollschuhe aus den 70er Jahren heute wieder im Trend. Mit Corona kam in vielen Haushalten die Freude am generationenübergreifenden Spiel zurück und somit auch die Faszination alter Brettspiele. Das Neueste, was die Brettspielwelt zu bieten hat, finden Spielefans auf der SPIEL‘21, die ab 14.10.21 in Essen stattfindet.
Womit haben Sie gespielt?
Eduard Lass, Jahrgang 1935, aus Großheubach hatte in seiner Kindheit einen kleinen Teddybären. Oft wurde Kaufladen gespielt. Das Zubehör bastelten die Kinder selbst. Gefaltete Tüten und Zuckerwürfel waren aus Papier, ebenso wie das aufgemalte Geld. Lange, geschnittene Streifen dienten als Spaghetti. Seine Frau Helma Lass, Jahrgang 1941, erinnert sich gerne an ihren Hula-Hoop-Reifen zurück und an das Murmelspiel “Klicker“.
Rita R., Jahrgang 1939, aus Kirchzell: „Ich hatte in meiner Kindheit ein Schaukelpferd, das hat mein Großvater für mich gebaut. Zu meinen liebsten Spielsachen gehörten auch ein Teddybär und eine Puppe, später bekam ich noch eine Puppenstube geschenkt. Ich habe mein Spielzeug sehr gern gehabt und gut darauf geachtet. Meine Tochter hat noch damit gespielt.“
Joschi Becker aus Elsenfeld:
„Ich bin jetzt 81 und Fußball ist schon immer mein Steckenpferd. Schon als kleiner Junge habe ich fast ausschließlich mit dem Ball gespielt. Früher waren es einfache Lederbälle, innen mit einer aufgepumpten Schweineblase. Die Tore haben wir uns aus Latten selbst zusammengebastelt. Generell war eher Sport meine Leidenschaft. Für Tischtennis habe ich mich auch begeistert. Wir haben damals auf einer einfachen Holzplatte gespielt.“
Barbara Rehm, Jahrgang 1975, aus Breitendiel:„Mein Lieblingsspielzeug war eine Puppe, daran erinnere ich mich, ich muss etwa 3 Jahre alt gewesen sein. Die Puppe war ein Geburtstagsgeschenk meiner Tante, so typisch im Stil der späten 70er Jahre, eine Babypuppe ohne Haare, die waren nur angedeutet, und sie trug selbstgestrickte Kleidung. Ich weiß leider gar nicht mehr, wie sie hieß. Dazu schenkte mir eine Tante eine dunkelblaue Puppenwiege und später kam noch eine rote kleine Badewanne dazu. Mein Bruder – er ist nur ein Jahr älter als ich – und ich haben beide mit Puppen gespielt. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr fällt mir ein: Es gab auch eine Lego-Eisenbahn, für die unser Vater einen Tunnel aus Gips gebaut hat. Und wir haben sehr viel mit dem Kaufladen gespielt, mit Spielgeld und einer kleinen Kasse aus Plastik. Anders als heute waren auch immer Kinder aus der Nachbarschaft zum Spielen da, man musste sich gar nicht verabreden.“
Carmen Stripp, 50 Jahre, aus Elsenfeld:
„Also ich habe tagtäglich mit meinen Freundinnen Gummitwist gespielt. Vor allem während der Pause in der Schule. Und dann war noch ein besonderes Highlight, wenn meine zwei Cousinen, meine Schwester und ich die Stöckelschuhe unserer Mütter in die Finger bekamen und damit im Garten ,Schuhgeschäft‘ gespielt haben. Unsere Mütter waren natürlich eher weniger begeistert, wenn das ,Schuhgeschäft‘ später geschlossen hatte und der halbe Garten dann an den Absätzen aufgespießt war.“
Autor:Marlene Deß aus Miltenberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.