„Wir wünschen euch ein neues Jahr / viel schöner als das alte war / ..."

Silvester-Feuerwerk.
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Altes Neujahrsbrauchtum im Spessart, Maintal und Odenwald

„Wir wünschen euch ein neues Jahr / viel schöner als das alte war / und dazu viel Glück und Segen / und dazu ein langes Leben / und dazu das Himmelreich, / werdet den lieben Englein gleich“ - so klingt es poetisch in einem traditionellen Spruch einer jungen Neujahrswü̈nscherin zum Neuen Jahr.

Der erste Tag des Jahres wurde im fränkischen Brauchtum von jeher festlich gestaltet. Mit dem Anfang eines neuen Jahres regen sich Wünsche und Hoffnungen.

Es drohen aber auch Gefahren und unvorhersehbare Ereignisse. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn die Menschen diesen Tag feierlich erhöhen und sich Gesundheit, Glück und den Segen Gottes wünschen.

Im Spessart gibt es - wie woanders auch - noch den alten Brauch, dass bereits zum Jahreswechsel um Mitternacht das neue Jahr mit allen Kirchenglocken eingeläutet wird.

Es war und ist ein schöner Brauch, dass man anschließend reihum geht, sich gegenseitig die Hände schüttelt und "Prosit Neujahr" wünscht.

In manchen abgelegenen Dörfern des Spessarts sang man am Silvesterabend im Familienkreis früher fromme Lieder oder der Hausvater las aus der Bibel vor.

Jedoch hat, wie es in einer Chronik heißt, seit 1840 die sinnliche Belustigung die Oberhand gewonnen. An diese alte Sitte erinnert der Brauch, in manchen fränkischen Dörfern, still durch die Neujahrsnacht zu gehen und durch Klopfen an Tür und Fenster Neujahr zu wünschen.

Mancherorts wurde an Silvester bei den Wirten der Jahresabschluss gefeiert und auch getanzt. Um 24 Uhr wünschte man sich Glück. Die verheirateten Männer gingen heim, während das Neujahrstreiben der Jugend erst so richtig begann.

Am Neujahrstag erhielten die Kinder von ihren Paten ihr Geschenk. Sie zogen aber auch selbst von Haus zu Haus und sammelten Geschenke: Naturalien, Süßigkeiten oder Geld.

In vielen Orten im Spessart traf man sich am Neujahrsabend zu einem gemütlichen Beisammensein im Wirtshaus. Die Männer spielten Karten um „Ringe“ oder Brezeln.

Damit genügend Neujahrsgebäck zu Hand war für die vielen, die an der Tür standen, wurden eine Reihe besonderer Gebildbrote gebacken.

Vor allem die Kinder ärmerer Leute ließen sich nach dem Frühgottesdienst am Neujahrsmorgen von ihren Müttern die größte Schürze umbinden, die im Haus zu finden war. Überall riefen sie vor den Anwesen ihr „Glückselis neus Johr“ und hielten
die Schürzen auf.

Was heute an Weihnachten geschenkt wird, gab man früher am Neujahrstag. Patengeschenke sind seit dem 13. Jahrhundert belegt, vor allem zu festlichen Terminen, wie an Neujahr.

Als Geschenke waren Patenlöffel und –becher, mit den Initialen des Beschenkten sehr beliebt. Weibliche Paten schenkten Kleidungsstücke oder Schmuck.

Gewöhnlich erhielten die Kinder bis zum Schulaustritt an Neujahr vom Taufpaten ein Geschenk. Diese Gaben brachte der Pate in einem verknoteten Tuch , dem „Patenbündel“, das verschiedene Formen beispielsweise Hufen oder Hufeisen, Ringel, Eierweck, Reiter aus Lebkuchen und anderes enthielt.

Sehr beliebt waren auch die Lebkuchen vom Paten oder der Patin, die so genannten Doten–Lebkuchen.

Wie bei anderen Terminen belegt, wurden im Spessart zwölf mit Salz gefüllte Zwiebelschalen nebeneinander auf den Tisch gelegt. Das Salz zieht in der Nacht die Feuchtigkeit an und je nach Feuchtigkeitsgrad des Salzes in den einzelnen Zwiebelschälchen kann man voraussehen, ob die kommenden zwölf Monate nass oder trocken werden.

Obwohl die Arbeit früher in den zwölf Heiligen Nächte ruhte, trafen sich in einigen Regionen die Burschen und Mädchen in den Licht-, Rocken oder Spinnstuben.

Es wurde Neujahr gefeiert und zur Bewirtung sind Äpfel, Nüsse, Schwarzbrot, Kaffee, Kuchen oder Lebkuchen kredenzt worden.

Am Abend zog die angeheiterte Gesellschaft durch das Dorf und hielt Markt. Es wurden Erbsen an die Fensterscheiben geworfen, um bereits schlafende Leute wieder zu wecken.

Nach der Rückkehr in die Spinnstube wurde getanzt. In
Rippberg goss man um das Jahr 1926 Blei zwischen 12 Uhr nachts und ein Uhr.

Seit dem sechsten Jahrhundert wird der 1. Januar als Fest begangen. Durch Papst Innozenz XII. (1691) fand Neujahr als Feiertag kirchliche Anerkennung.

Wie überall an Neujahr üblich, wünscht man sich gegenseitig ein glückliches neues Jahr. Dabei versucht jeder am Neujahrsmorgen daheim in der Familie oder beim Begegnen auf der Straße während des Kirchgangs dem anderen zuvorzukommen, und ihm das Neujahr ‚abzugewinnen’.

"Ä gut’s neu’s Joahr’ oder ‚ä glückseliches neu’s Joahr", so
lauten die Neujahrwünsche gewöhnlich.

Es ist in den meisten Familien der Brauch, dass die Kinder von ihren Paten bis zu ihrer ersten Kommunion ein Patengeschenk erhalten. Früher bekamen sie dafür an Weihnachten von ihrem Paten nichts geschenkt.

Nachmittags gehen die Kinder zu ihrem ‚Doot’ oder ihrer ‚Doote“, wünschen ihnen das Neujahr an und holen ihre große Neujahrsbretze ab.

Früher erhielten sie daneben auch "Weihnachtsguzzli" und einen großen, runden, aus Kuchenteig gebackenen Lebkuchen, der mit einem großen "Tiegel" ausgestochen war.

Gewöhnlich sagten sie folgenden Heische-Vers auf:

„Ich wünsch euch ä gut’s neu’s Joahr.
Ä Bretze wie ä Scheuerdor,
än Lebkuche, sou grouß wie ä Wocheroad,
sou hot mei Vodder gsoat“.

Manchmal konnte man auch einen anderen Spruch hören:

„Ich wünsch euch
ä glückselich neu’s Joahr,
ä Bretze wie ä Scheuerdor,
än Lebkuche wie ä Oufenplatte,
die dän mein Moche a nix schade“.

Gelegentlich wurde als Gegenwunsch erwidert:

Im Spessart sehen die Hausleute am liebsten einen Knaben vor der Haustür das Neujahrssprüchlein aufsagen, der ohne viel Federlesens fordert:

„Eich wönsch’ Euch
a glückseligs, neues Jahr,
freudenreich gebt mäsch gleich,
loßt mech nit so lang steh;
mich friert es an mei’m Zeh’,
dann eich will noch weiter geh’“

Fazit:

Die Bräuche zur Jahreswende waren für Jung und Alt ein abwechslungsreiches Ritual. Sie förderten die Geselligkeit, Gemeinschaft und Kommunikation. Außerdem lockten sie manchen vermeintlichen Stubenhocker ins Freie zum Gespräch, zum Meinungsaustausch und zum sinnstiftenden Handeln in der kalten, existientiell bedrohlichen Winterzeit.

rsc

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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