Bildergalerie und Essay
Weihnachtsspeisen: Gans & Co.
Die Gans stand und steht im Mittelpunkt der weihnachtlichen Festtafel
„Was essen wir am Heiligen Abend und an den Weihnachtsfeiertagen?“ -
„Ausgehen geht derzeit- angesichts von Corona - nicht!“ -
Und: „Liefern lassen oder abholen - das machen wir ein anderes Mal. Denn bis man wieder zuhause sind, ist das Essen nicht mehr so warm und der Transport in Töpfen, Schüsseln oder Papp-Bechern ist auch so eine Sache!“ -
„Also besinnen wir uns auf herkömmliche Ess-Gewohnheiten!“ -
„Vielleicht Bratwürste mit Kraut oder Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat am Heiligen Abend ?“ -
„Raclette? Das wäre eine Alternative - zeitaufwändig, kalorienreich, aber Esskultur pur!“ -
„Und was essen wir an den Feiertagen? Ein Gericht, wo man sogar zwei Festmahlzeiten damit bestreiten kann?“ -
„Sauerbraten mit Blaukraut und Klößen, Rollbraten und Nudeln und reichlich Soße oder Rolladen …?“ -
„Es sollte schon etwas Besonderes sein! Wie wäre es mit einem Gänsebraten aus deutschen Landen ?“
Ein Blick in die Geschichte verrät, dass die Gans ein relativ junges Weihnachtstier ist.
Unsere germanischen Vorfahren brieten zur Wintersonnenwende das Schwein oder den Eber.
Die Weihnachtsgans hat dagegen ihren Ursprung in England.
Martingans und englische Festgans kamen sich im Laufe der letzten Jahrhunderte näher und entwickelten sich zum nahezu unwiderstehlichen Festtagsbraten, gerne mit Beifuß, Rosinen und Äpfeln gefüllt, an Weihnachten.
Eine Gans für Pfarrer und Lehrer
Mit einer fetten Gans hatten unsere ländlichen Vorfahren, vor allem die Bauern, einst zum Jahreswechsel den Pfarrer und auch den Lehrer bezahlt oder beschenkt.
Schriftliche Einträge in Gemeindeverordnungen berichten davon.
Geheimnisvolles im Gänsemagen
Der aufgeschnittene Gänsemagen diente unseren Altvorderen als verheißungsvolles Orakel: hier konnten jung und alt angeblich erkennen, ob es ein fruchtbares oder karges Jahr für sie geben würde.
Die anwesenden Kinder selbst waren oft bei der Öffnung gespannt, denn im Magen-Inhalt einer Gans war so manches geheimnisvolle Geschenk versteckt:
eine Geldmünze, ein goldenes Ringlein oder ein kleines Kreuz, was symbolisch auf künftiges Glück oder Vermögen, auf eine Hochzeit oder den Tod eines Familienmitgliedes hinwies.
In Kochbüchern aus dem Ende des 19. Jahrhunderts wird beschrieben, wie man Gänse schlachtet, ausnimmt und rupft.
Frau Holle im Haus
„Das war früher“ - so berichtet eine ältere Bäuerin aus der Region - „ein ungeheurer Spaß für die Kinder“, weil es in der Küche wirklich einen Tag lang so aussah, als sei Frau Holle durch den Raum gehuscht.
Weiche Daunen in bürgerlichen Puppenhäusern
Dadurch, dass die Gans auch zum bürgerlichen Weihnachtsvogel etablierte, wanderte der Brauch des Federspleißens ab 1850 auch in die deutschen Städte.
Viele kleine Mädchen haben sich damals die Puppenkissen mit weichen Daunen der Gänse gestopft.
Die Gans der Mittelpunkt der weihnachtlichen Festtafel
Besonderes köstlich zubereitet schmeckt die einst englische Weihnachts-Gans auch noch heute bei uns.
Zerläuft einem da nicht das Wasser im Mund, wenn man folgende Beschreibung einer Gänsebraten-Füllung liest?
„Semmelbrösel, Salbei, Äpfel, Innereien (Leber, Magen) , feingewiegte Zwiebeln und ein Ei.
Dazu würziges Apfelmus.“
So ist es also kein Wunder, dass überall verschiedene Gans-Rezepte entstanden sind.
Gefüllt und ungefüllt schmeckt der Gänsebraten vorzüglich mit Kohl oder Klößen, mit Maronen, eingelegten Keulen, süßsauren Gänsejus, gefüllten Hälsen und schwarzer Metzel- oder Blutsuppe sowie mit getrockneten Früchten.
Wenn es nicht der Schinken oder andere Speisen waren, so war die Gans bei uns in der Region der Mittelpunkt der weihnachtlichen Festtafel.
Autor:Roland Schönmüller aus Miltenberg |
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