Unser Dialekt - die heimische Fremdsprache

Auch Asterix ist im wahren Leben ein MainFranke.  Es ist den beiden Übersetzern gelungen, mit viel Humor und regionalen Anspielungen einen Asterix in Dialekt zu übertragen und so regionale Leser zu begeistern. Als Vorlage nutzten die Autoren das Original Asterix und der Arvernerschild.  Copyrights:Asterix® - Obelix® - Idefix ®  / © 2018 Les Éditions Albert René Quellenangabe: Egmont Comic Collection
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  • Auch Asterix ist im wahren Leben ein MainFranke. Es ist den beiden Übersetzern gelungen, mit viel Humor und regionalen Anspielungen einen Asterix in Dialekt zu übertragen und so regionale Leser zu begeistern. Als Vorlage nutzten die Autoren das Original Asterix und der Arvernerschild. Copyrights:Asterix® - Obelix® - Idefix ® / © 2018 Les Éditions Albert René Quellenangabe: Egmont Comic Collection
  • hochgeladen von Sylvia Kester

Wir sind zwar Bayern, aber regional hört man vom bayerischen Einschlag rein gar nichts. Kaum ein Fremder bringt uns während einer Unterhaltung trotz unterfränkischer Herkunft mit den Franken in Verbindung. Im Freistaat finden sich drei Dialekt­arten: bayerisch, fränkisch und schwäbisch. Der „Nürnbercher“, die Schweinfurter oder auch die Bewohner des „Schwabenländle“ sind eindeutig zu identifizieren, nur uns kann man schlecht zuordnen. Die meisten Miltenberger Landkreisbewohner sind Bayern, die das „r“ nicht rollen können. Nur in den höher gelegenen Spessartgemeinden wie Mönchberg und Röllbach gibt es noch das rollende „r“, in den tiefer gelegenen Maintalgemeinden wird es verschlampert. Das Schöne am Dialekt ist, er ist kurz und knapp. Bei „Glei!“ weiß jeder sofort was gemeint ist: Das kann eine Stunde, heute, morgen oder in einer Woche sein. Aus Sicht des Franken eine präzise Ansage.

Der Dialekt spricht für sich
Der Begriff Dialekt ist eigentlich gleichbedeutend mit „Mundart“, stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „miteinander sprechen“. Dialekt zeigt die regionale Identität des ­Menschen. Oft kann man sogar eindeutig identifizieren, aus welcher Ortschaft jemand kommt, selbst wenn diese mit der Nachbargemeinde nur drei Kilometer auseinanderliegt. So ist der ­Appel (Apfel) auf der einen Seite in der Mehrzahl die „Öppel“, auf der anderen die „Eppel“. So entstand auch die Appel-Grenze. Nimmt man Eichenbühl als Beispiel: Ist jetzt nicht gerade eine Welt­metropole, aber der Dialekt, den sie einst mit den besten Zutaten aus bayerisch, badisch und hessisch im Mixer auf Stufe 10 geklöppelt haben, ist schon, gerade für faule Leute, eine tolle Sache. Sagt man anderswo etwa: „Autsch, meine Beine schmerzen und meine Zehen auch“, ist das für den Eichenbühler einfach: „A mei B don w un die C e“.

Dialekte führen auf die altdeutschen Stammessprachen zurück und geben Hinweise auf historische Wanderbewegungen. Kaum zu glauben, aber heute gibt es mehr Dialekte als vor 1.500 Jahren. Dies zeugt noch von der Zeit zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert. Damals zogen die Franken, Alemannen und Bayern aus dem Norden Europas in das Gebiet des heutigen Freistaats. Die Sprache dieser Germanenstämme war deutlich einheitlicher als heute. Erst als sie sesshaft wurden und sich weniger aus dem Stammesgebiet hinausbewegten, entwickelten sich die Dialekte mit verschiedenen Ausprägungen auseinander.

Die Grenzen für einen Dialekt bildeten dabei häufig natürliche Hindernisse, wie etwa der Main und der Spessart. Diese „Spessartbarriere“ wird wegen ihres markanten Merkmals auch als „Appel-Apfel-Linie“ bezeichnet (es gibt noch die Brurer-Bruder- und die Fescht-Fest-Linien). Durch diese Hindernisse hat sich der Dialekt in den Spessartgemeinden auch länger gehalten.

Unterfränkisches Schülerprojekt
An der Uni Würzburg ist seit 2003 das Unterfränkische Dialektinstitut (UDI) ansässig. UDI sieht es als seine Aufgabe, die vielen Dialekte in Unterfranken zu erforschen und der Öffentlichkeit Schreibweisen und Ausdrücke zugänglich zu machen. Aktuell wird an einem ­„Sprechenden Sprachatlas von Unterfranken“ gearbeitet. Man arbeitet mit Schulen, Mundartautoren, Geschichtsvereinen, Laienforschern und Heimatpflegern zusammen.
Das UDI veranstaltet jedes Jahr im März einen Schülertag, an dem Schüler der 8. Jahrgangsstufe aus Unterfranken zu Studenten der Dialektologie werden. Die Schülertage stehen unter dem jährlich wechselndem Motto "Dialekt und ...". 2018 war es „Dialekt und Humor“. Als kompetente Referenten für das "und" werden in jedem Jahr Experten gewonnen, die neben einem Vortrag auch für Diskussionen mit der Schülerschaft zur Verfügung stehen. Als zusätzlicher Anreiz findet seit 2006 auch ein Wettbewerb statt, der die Kreativität und Fantasie der Schüler fordert. Zu gewinnen gibt es verschiedene Sachpreise. Weitere Infos im Internet unter www.udi.germanistik.uni-wuerzburg.de

Dialekt ist "in" und verbindet
Laut Monika Fritz-Scheuplein vom UDI gibt es "den" unterfränkischen Dialekt an sich gar nicht. Man spricht entweder von Dialekten in Unterfranken oder von "Unterostfränkisch", zumindest in der Region östlich der Spessartbarriere. Für Außenstehende hört sich Dialekt schon mal nach einer Fremdsprache an – ist aber zum Teil auch „in“. Moderatoren mit Dialekt kommen meistens sehr gut bei den Zuhörern an, frei nach dem Motto: Das ist einer von uns! Gilt der bayerische Dialekt eher als cool, muss man sich beim Schwäbischen schon mal ein Schmunzeln verkneifen.

Auch unser Verhalten in der Fremde ist interessant: Im Restaurant schenkt man den Tischnachbarn kaum Beachtung. Hört man allerdings den heimischen Dialekt, fällt unter Garantie nach kürzester Zeit der Satz: „Ihr seid doch a aus unsrä Gäschend.“ (übersetzt: "Sie kommen doch auch aus unserer Gegend"). Dialekt verbindet, auch im Urlaub – ob man will oder nicht.

Kann ein Dialekt eigentlich vollständig abgelegt werden?
Die Antwort lautet Jein. Es ist zwar mittels eines Sprachtrainings möglich, dass typisch sprachliche Eigenheiten gemindert werden, ganz verschwinden werden sie aber nie. Vor allem kümmern sich regionale Fördervereine und Heimatpfleger darum, dass die Mundart lebendig bleibt.

Mundart war früher gang und gäbe. Allerdings hatten Kinder, die Mundart sprachen, mit der Rechtschreibung manchmal schon so ihre Probleme. Deshalb wurde im Laufe der Zeit von Schulen vermehrt Wert auf das Hochdeutsche gelegt. Heute ist Dialekt in Schulen sehr zurückgegangen. Schuld am Schwund des Dialekts ist aber auch die Mobilität, dass es mehr „Zugezochene“ gibt und der Ausländeranteil zunimmt sowie der Einfluss der Medien.

Deshalb, liebe Leserinnen und Leser, halten Sie es wie Goethe, der einmal sagte: „Beim Dialekt fängt die gesprochene Sprache an“. Denn geht der Dialekt verloren, wird auch ein Teil unseres Kulturgutes verschwinden.

Der news verlag verlost 2 x 1 Comic „Asterix un di Schlåchtbladdn“ aus dem Egmont Verlag:
Zur Teilnahme senden Sie bitte bis zum 12.09.2018 eine E-Mail mit dem Betreff „Asterix in Mundart" an redaktion@news-verlag.de.
Die Gewinner werden benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Gewinne können im news verlag abgeholt werden.

Interviews zum Thema:


Hedwig Eckert aus Richelbach ist Kreisheimatpflegerin im Raum Miltenberg: „Ich finde, in der Mundart kann man viele Dinge leichter und zielgenauer zum Ausdruck bringen. Man kann reden wie einem der Schnabel gewachsen ist. Dialekt kann man nicht einfach lernen wie eine Fremdsprache. Er ist eine Art Zweitmuttersprache. Die Mundart bei der Jugend nimmt definitiv ab, denn unter der Devise: ,Mundart ist nur für Dumme' hat man schon seit vielen Jahren versucht, den Kindern Dialekt zu unterbinden und Hochdeutsch als die bessere Sprache zu deklarieren. So sind anatomische Gegebenheiten, die man zum Dialektsprechen braucht, oft schon nicht mehr da." Auch das UDI kommt des Öfteren auf sie zu, um nach der Herkunft einzelner Wörter zu fragen: „… das herauszufinden ist äußerst spannend. So ist jüdisch zum Beispiel noch sehr mit unserem Dialekt verbandelt. Als Niedernberg und Bürgstadt ihre Dialektbücher herausbrachten, durfte ich diese vorstellen. Ich liebe unseren Dialekt und spreche ihn auch gern und noch nie bin ich deswegen irgendwo oder irgendwie angeeckt. Im Gegenteil!“

Michael Endres aus Kleinheubach: „Mundart sollte auch künftig bei uns gepflegt werden. Warum? Dialekt gehört zur Heimat, zur Region, zu einem selbst wie Traditionen, heimische Bauwerke oder Volksfeste. Die Mundart ist identitätstiftend – wie die Dialektforscher sagen. Sie verbindet Menschen miteinander und ,schweißt' sie emotional enger zusammen. Leider gibt es auch hier schon Verkümmerungs-Erscheinungen und defizitäre Prozesse. Der Dialekt-Wortschatz reduziert sich und gleicht sich der Umgangssprache an. Nuancen zwischen Orten oder Landstrichen verschwinden. Mundart wird – aus meiner Sicht und Erfahrung – im Elternhaus gesprochen und gepflegt. Das ist gut so!
Mir als Musiker fällt abschließend noch etwas ein: Musik und Mundart unterstützen sich gegenseitig. Viele Lieder erreichen oft erst im Dialekt ihre beste Wirkung! Stimmt’s?“

Susanne Stegmann aus Obernburg, bekannt vom Mundarttheater„Küchen Geplänkel“:
„Für mich ist Dialekt ein Stück Heimat. Man kann Dinge viel besser ausdrücken. Bei bestimmten Wörtern fällt es mir schwer, sie ins Hochdeutsche zu übersetzen. Zudem werden schöne Erinnerungen an die Kindheit wach. Großäldern un die Nochbern hewwe frieer alle minonner nur platt gebabbelt. Herrlich ...
Unsere Stücke waren tatsächlich in Hochdeutsch angedacht. Aber nach einigen Proben war klar, das muss im Dialekt gespielt werden. Die Gags kommen einfach besser rüber. Unser Publikum hat unglaublichen Spaß, wenn Wörter auftauchen, die man anno Tobak zum letzten Mal gehört hat. Man kennt zwar die Ausdrücke, verwendet sie aber nicht mehr. Dialekt sprechen kann einen Heidenspaß machen. Wir drei lachen uns immer "freggt”, wenn wieder ein neues, altes Wort auftaucht, das wir in unser Stück einbauen. Etwa das Wort fischelont. Was bedeutet, attraktiv zu sein.
Ich spreche auch Hochdeutsch. Nicht perfekt, muss auch nicht sein. Man braucht sich nicht zu schämen, in Mundart zu babbele. Soll aber nicht heißen, dass man Hochdeutsch nicht können sollte. Für mich gibts fast nichts Schöneres, als wenn Menschen herzhaft lachen. Nicht selten kommt der E oder die Onnä nach einer Vorstellung zu uns, um sich für die Lachtränen und Zwerchfellmuskelkater zu bedanken. Das schafft vor allem auch der Dialekt.
Platt babbele hat so viel Aussagekraft. Wenn man richtig hinhört, kann man die Leit´ sogar ihrer Heimatregion zuordnen. Wenn diese regionstypischen Sprachen nach und nach verschwinden würden, empfände ich das als herben Verlust. Ich meine nicht alles Althergebrachte sollte und muss Neuem weichen und deshalb werde ich meinen Dialekt fleißig weiterverbreiten!"

Gelungener Spagat zwischen Dialekt und Amtsdeutsch: Wolfgang Farrenkopf, Miltenberg. Als gebürtiger Miltenberger habe ich die hiesige Mundart fast wie mit der Muttermilch aufgesogen. In der Schule galt es dann den Spagat zu schaffen, sich im Schnatterloch-Dialekt weiterhin wohlzufühlen, aber auch das erforderliche Hochdeutsch in freier Rede und in schriftlichen Ansprüchen lehrergerecht umzusetzen. In meinem Beruf in der Stadtverwaltung war durch den regen Publikumsverkehr der Gebrauch von Mundart und Hochsprache stets von Vorteil. Wegen meiner fränkischen Floskeln wurde ich bei Fortbildungsveranstaltungen in Oberbayern etwas belächelt, aber wer mich als humorvollen Menschen kennt, weiß, dass ich die Lacher bald auf meiner Seite hatte.

„Mehrsprachig aufgewachsen“: Selina Utz, Eichenbühl. Den Grenzverkehr zwischen Bayern und Baden-Württemberg durfte ich - nicht nur räumlich, sondern auch sprachlich seit frühester Kindheit fast täglich erleben. Mein Vater stammt aus Külsheim-Steinbach, meine Mutter aus Heppdiel. Nuancenreich und unterschiedlich sind die Mundarten im südlichen Miltenberger Landkreis und im nordbadischen Raum. Das erfuhr ich familiär und schulisch. Gut, dass man da noch Hochdeutsch hat, die regionale Räume miteinander verbindet. Übrigens bei einem Schulvorlese-Wettbewerb schnitt ich gar nicht so schlecht ab. Da erreichte ich nämlich den ersten Rang! Es ist halt gut, wenn man sprachlich mit vielen Leuten zusammenkommt und sich gut einfühlen kann!“

Autor:

Sylvia Kester aus Miltenberg

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