Sieben Wochen ohne

Mal ganz minimalistisch und ohne parkende Autos: Marktplatz in Miltenberg.
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Fastenzeit währt vierzig Tage:

Heringsessen, Süßigkeiten-Verzicht und Tanz-Verbot

Bekanntlich beginnt am Aschermittwoch die Fastenzeit.
Der Karneval endet spätestens um Mitternacht, meist für die Kinder bereits einige Stunden vorher – am Faschingsdienstag.

Bis dahin sind die süßen, lockeren, mit Marmelade gefüllten „Fosenochtskrapfe“ längst verteilt und aufgegessen gewesen.

Allen großen und kleinen Gourmets hatte die aus Hefeteig geformten und in siedendem Schweinfett heraus gebackenen, später mit Puderzucker bestreuten Krapfen ganz herrlich geschmeckt, wenn sie nicht den „Schwarzen Peter“, einen mit Senf gefüllten Krapfen gezogen hatten.

Früher war die Fasnacht kein herausragendes Ereignis. Auch gab es keine Woche unterrichtsfrei und keine eigenen Ferien dafür. Lediglich, die Kinder hatten ein paar aufregende Tage.

Der Spaß am Verkleiden, der jedem Kind innewohnt, konnte so richtig ausgelebt werden. Als Gesichtsverkleidung diente früher oft eine vom Großvater aus steifem Packpapier gefertigte Maske. Für Augen und Mund waren Löcher geschnitten, die Nase wurde aufgeklebt.

Älteste Kleidungsstücke dienten zur weiteren Verfremdung: alte Röcke und Blusen, lange „Röhrleshosen“, alte Fräcke und verwegene Hüte.

Lärmend zogen die Kinder in den Faschingstagen durch die Straßen am Main und auf der Höh’, klopften an die Haustüren der Bauern und erbettelten eine kleine Gabe. Zwei, fünf – wenn es ganz gut ging - zehn Pfennige waren die mäßigen Erträge dieser Bemühungen bei den einzelnen Häusern.

Manche Bäuerin gab auch ein paar Äpfel, gezuckerte Krapfen oder ein Stück duftenden „Käse-Blotz“. Der größere Spaß für die Kinder war das ungezügelte Toben auf der Straße: ein Verhalten, das das ganze Jahr über streng getadelt wurde.

Für den letzten Fastnachtsabend ist in Collenberg, Bürgstadt oder Heppdiel beispielsweise ein spezieller Brauch überliefert: von der Fastnacht wird sich mit Trauergesängen verabschiedet, eine symbolische Strohpuppe („Linus“ in Bürgstadt, „Prinz Karneval“ in Eichenbühl oder „Bouz“ in Heppdiel) wird „zu Grabe getragen“ und dem Feuer übergeben.

Junge Burschen ahmten dabei meist christliche Begräbnisrituale nach. Ein „Pfarrer“ sprach den Nachruf, eine Bahre mit der toten Fastnacht wurde von heulenden „Trauernden“ umringt, Kerzen brannten und „Weihwasser“ wurde „gespritzt“. Monotone, leiernde Gebete und Gesänge umrahmten die Feier.

Vom ausgeprägten Fast- und Abstinenztag am Aschermittwoch wissen alle Eltern und Großeltern von früheren Verboten. Anstelle von Wurst und Fleischgerichten aß man besondere Fastenspeisen.

Traditionell war und ist der Gang der Kirche am ersten Tag der vierzigtägigen Fastenzeit bekannt. Im Gottesdienst zeichnete der Priester zum Zeichen der Buße und der Vergänglichkeit das Aschenkreuz auf die Stirn der Gläubigen. Damit begann schon früher die Fastenzeit.

Mancherorts schloss sich auf dem Rückweg das Geldbeutelwaschen bei einem dörflichen oder städtischen Brunnen oder am Main an.

Den Verzicht auf herkömmliches Essen und Trinken und der Verbot jeglicher Lustbarkeit erweiterten viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene – nach kirchlicher Empfehlung – schon früher auf andere Bereiche des Alltags.

Kinder sahen früher weniger Fernsehsendungen. Süßigkeiten wurden in besonderen Sparbüchsen, den „Fasten-Schachteln“ bis Ostern gesammelt. Autofahrer stiegen bei kurzen Strecken auf’s Rad um oder meisterten Etappen gar zu Fuß.

In der Fastenzeit war früher jegliche Lustbarkeit verboten. Vierzigtägiges Fasten galt für alle Erwachsenen als unbedingte Pflicht. Das bedeutete, dass man sich am Tag nur einmal satt essen durfte.

„Das „Fasten- und Abstinenzgebot“ war als Kirchengebot bei den Altvorderen unumstritten, ein Fleischessen am Freitag undenkbar. Die täglichen Essensgebote richteten sich nach bestimmten Regeln: Sonntag, Dienstag und Donnerstag waren erlaubte Fleischtage.

Da gab es ein Fleischgericht und Kartoffeln oder Nudeln dazu. Salate und Gemüse wurden im Vergleich zu heute weniger gegessen.

Montag, Mittwoch und Freitag waren fleischlose Tage. Auf den Tisch kamen Spatzen“ (große Spätzle“) mit Marmelade und Salat, „Küchle“ oder Krapfen, Suppen oder „Zemete“ (gestoßener Pfannkuchen“, Linsen, Bohnen oder Erbsengerichte und selten auch mal Fisch.

Der Samstag lag so dazwischen. Manchmal standen gebackene Leberwürste und Pellkartoffeln auf dem Tisch, gelegentlich aber auch ein fleischloses Gericht.

Die Menschen am Untermain nahmen das Fasten- und Abstinenzgebot einst recht ernst. Selbst wenn aus Termingründen einmal am Freitag geschlachtet wurde, musste früher der Pfarrer um Erlaubnis gefragt werden, ob ausnahmsweise beim Schlachten auch Fleisch gegessen werden durfte. Der Pfarrer gestattet dies meist immer großzügig.

„Heischegänge“ der Kinder in der Fastenzeit besserten das Taschengeld auf oder bereicherten den Eier-Vorrat für Ostern. Winterfeuer sehnten den nahenden Frühling herbei.

Mit abwechslungs- und einfallsreichen Fastenspeisen und besonderer (Beicht- und Buß-) Vorbereitung auf „das Fest der Feste“ freute man sich auf Ostern.

Hintergrund: Fastenzeit

Vierzig Tage bereitet die Kirche auf Ostern vor. Diese Vorbereitungs- und Bußzeit beginnt mit dem Aschermittwoch.

Der Mensch wird mit seinen Fehlern, mit seinem Versagen und den Folgen seiner Untaten konfrontiert.

Während die Osterzeit eine Zeit der Freude ist, ist die Fastenzeit vom Ernst geprägt. Sie stellt das Leben weniger als Geschenk dar, so wie Weihnachten und Ostern, sondern als Aufgabe.

Die Einführung einer solchen Zeit der Besinnung, der Reinigung ist keine Erfindung des Christentums, sondern findet sich in vielen Kulturen und Religionen.

Fasten, Almosen geben - also Geld spenden und Gebet sind Elemente der Fastenzeit.

Im vierten Jahrhundert ist die vierzigtägige Vorbereitungszeit auf Ostern bereits fester christlicher Brauch.

Die Zahl 40 ist ein bekanntes biblisches Zeitmaß. In der Kirche der ersten Jahrhunderte bestand Fasten darin, dass man täglich nur eine Mahlzeit zu sich nahm. Fleisch, Wein, Eier- und Milchprodukte waren vom Speisezettel verbannt.

Die inhaltliche Gestaltung der Fastenzeit hat durch verschiedene Bewegungen neue Impulse bekommen.

Der Gedanke, dass die Industrieländer für die Entwicklungsländer eine besondere Verantwortung haben, ist seit 1958 durch die Aktion Misereor („Ich erbarme mich“) zu einem festen Thema der Fastenzeit geworden. Dabei wurde zuerst das Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe entwickelt.

Die ökologische Diskussion ist von christlichen Gruppen aufgegriffen worden. Das Motto „Neuer Lebensstil“ verweist auf eine dauernde Haltung und Einstellung: einfaches Leben als Ideal gegen den Wohlstandüberfluss.

Die nord-elbischen Kirchen haben seit 1995 ebenfalls das Fastengedanken wieder belebt und rufen unter dem Motto „Sieben Wochen ohne“ zum Verzicht auf. Verzichtet wird dabei auf alles, was besonders angenehm erscheint: übermäßiger Konsum, Angewohnheiten wie Rauchen und Alkoholgenuss bis zu entbehrlichem Luxus.

Auch in anderen Ländern ist dieser Gedanke des Fastens zugunsten von Selbstprüfung und Besinnung positiv aufgenommen werden.

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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