Bildergalerie und Essay
Sehenswerte Ausstellung "SICHTBAR" und Buchvorstellung "NIE WIEDER!" im Landratsamt Miltenberg.

Farbenprächtige Vernissage, interessante Buchvorstellung, erfolgreiches Projekt im Landratsamt Miltenberg.
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Farbenprächtige Vernissage, interessante Buchvorstellung, erfolgreiches Ausstellungs-Projekt im Landratsamt Miltenberg.

Miltenberg. Ein Besuch lohnt sich derzeit bei der aktuellen Ausstellung der Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg im Landratsamt.

Man stößt in Bild und Wort auf bewegende Porträts und tiefgreifende Texte.

Ziel der Ausstellung ist es, das Bewusstsein zu schärfen für Toleranz, Respekt und Inklusion in unserer Gesellschaft.

Miltenberg. Seit vergangenen Donnerstag ist der Landkreis um zwei vorbildliche Aktionen reicher.

Zum einen lädt die Ausstellung „SICHTBAR“ im Foyer des Landratsamt zu einer historischen Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus ein.

Zum anderen wurde das Buchprojekt „NIE WIEDER!“ vorgestellt, das das Schicksal ermordeter Euthansie-Opfer aus Unterfranken in Bild und Wort veranschaulicht und skizziert.

Die Ausstellung sei etwas Besonderes, betonte Kai Oliver Reis von der Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg e.V.: „Es ist nicht nur eine Hommage an die tragisch Verstorbenen, sondern auch eine tiefe Verneigung vor der Widerstandsfähigkeit des menschlichen Geistes“.

Gezeigt würden - so Reis - bewegende Porträts und tiefgreifende Texte, die die Seelen der unschuldig Ermordeten sichtbar machen.

„Die Kunstwerke, die hier ausgestellt sind sowie die begleitenden Texte, sind mehr als nur kreative Ausdrucksformen. Sie sind Botschaften, die uns auffordern, innezuhalten, zu gedenken und aus der Geschichte zu lernen.“

Es sei eine Erinnerung an die unbekannten Opfer aus Unterfranken, an alle Menschen , die in Grafeneck und an anderen Orten ermordet wurden, weil sie den Vorstellungen eines menschenverachtenden Systems nicht entsprachen. Durch Projekte wie dieses geben wir ihnen einen Namen, ein Gesicht, eine Geschichte – und vor allem eine Stimme.“

Historischer Hintergrund:

Die Euthanasie in Deutschland während der NS-Zeit war eine dunkle Periode in der Geschichte des Landes, in der tausende Menschen, die als "lebensunwert" betrachtet wurden, systematisch ermordet wurden.

Das NS-Regime führte das sogenannte "Euthanasie-Programm" durch, das offiziell unter dem Namen "Aktion T4" bekannt ist.

Die "Aktion T4" begann im Jahr 1939 und zielte darauf ab, Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen zu töten, um die Ressourcen des Staates zu sparen und eine angebliche "Rassenhygiene" zu fördern.

Dieses Programm umfasste die systematische Tötung von Kindern und Erwachsenen in psychiatrischen Einrichtungen und speziellen Tötungsanstalten. Es wurden Gaskammern, Giftspritzen und andere Methoden verwendet, um die Euthanasie-Opfer zu töten.

Die Ausstellung und Aufarbeitung der Geschichte der Euthanasie in Deutschland während der NS-Zeit ist ein wichtiger Schritt,

• um das Bewusstsein für diese schrecklichen Verbrechen zu schärfen und sicherzustellen, dass sie nie wieder passieren.

• Solche Ausstellungen können historische Dokumente, Fotos, persönliche Geschichten und Zeugnisse von Überlebenden und Familienangehörigen der Opfer enthalten.

• Diese Ausstellungen dienen dazu, die Öffentlichkeit über die Gräueltaten aufzuklären und die Erinnerung an die Opfer zu bewahren.

Familiengeschichten spielen oft eine entscheidende Rolle in der Aufarbeitung dieser dunklen Zeit. Viele Familien haben Angehörige, die während der Euthanasie-Programme getötet wurden, und die Erforschung dieser Familiengeschichten kann helfen, die Geschichte zu dokumentieren und das Erbe der Opfer zu ehren.

Fazit:
Es ist wichtig, dass Deutschland und die Welt die Lehren aus dieser düsteren Vergangenheit ziehen und sicherstellen, dass die Menschenrechte und die Würde jedes Individuums geachtet werden.

Die Erinnerung an die Euthanasie-Verbrechen im Nationalsozialismus dient als Mahnung, niemals zuzulassen, dass solche Grausamkeiten wieder geschehen.

Ausstellungsdauer und Broschüre-Bezugsquellen:

Die am 12. Oktober 2023 eröffnete Ausstellung „SICHTBAR“ im Foyer des Landratsamtes Miltenberg dauert noch bis zum 17. November 2023.

Es gibt auch Führungen für Schulklassen: Infos über Thea Nodes-Brand, Tel. 015170082722.

Öffnungszeiten: Montag, Dienstag 8:00 - 16:00 Uhr, Mittwoch 8:00 -12 Uhr, Donnerstag 8:00 -18:00 Uhr, Freitag 8:00 -13:00 Uhr.

Bezugsquellen der Broschüre „NIE WIEDER“:

Büro Offene Hilfen der Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg e.V. Marienstraße 21, 63820 Elsenfeld
offene-hilfen@lebenshilfe-miltenberg.de
Tel. 06022 / 2640214.

CAP-Markt, Frühlingstraße 4, 63839 Kleinwallstadt.

Interviews:

Interview 1 - Ein Fenster in eine schmerzhafte Vergangenheit
Kai Oliver Reis, Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg e.V.
:
„Mit der aktuellen Ausstellung „Nie wieder“ öffnen wir ein Fenster in eine dunkle, schmerzhafte Vergangenheit. Es ist eine Ausstellung, die uns daran erinnert, wie wichtig es ist, uns kontinuierlich mit unsrer Geschichte auseinanderzusetzen, um sicherzustellen, dass die Gräueltaten, die während des Nationalsozialismus verübt wurden, niemals in Vergessenheit geraten. Die Ausstellung soll uns alle inspirieren und mahnen, für eine Gesellschaft einzutreten, die jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit wertschätzt und respektiert.“

Interview 2 – „Jedes ‚Nie Wieder‘ muss ein Versprechen sein, auf das aktives Handeln folgt.“
Stina Ulbrich, freiberufliche Gedenkstätten-Pädagogin aus Weimar:

„Ich bin eigens aus Weimar zur Eröffnung dieser sehenswerten Ausstellung hier in Miltenberg gekommen. Mir gefällt die Konzeption sehr gut. Gelungen ist die wirkungsvolle Realisierung durch die Organisatoren, Künstler(innen) und aller Projekt-Beteiligten. Kunst ist bekanntlich eine Sprache, die alle verstehen. In den kommenden Wochen wird diese Ausstellung den Besuchern nicht nur die Möglichkeit geben, sich mit konkreten Schicksalen der Opfer auseinanderzusetzen, sondern auch dazu beitragen, das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Toleranz, Respekt und Inklusion in unserer Gesellschaft zu schärfen. Beruflich habe ich viel mit Jugendlichen und jungen Menschen zu tun. Sie sind dankbar für intensive Gespräche und die gemeinsame Zeit, sich mit der Geschichte der Gedenkstätten auseinanderzusetzen. Ich spüre auch die Emotionen, die bei den Besuchern hervorgerufen wird, ebenso ihre Bereitschaft für ein aktives Handeln in der Gegenwart.“

Interview 3 – „Man muss sich bewusst machen, welch Lebenszeit allen gestohlen wurde!“
Thea Nodes -Brand, Projektleiterin „Sichtbar“, Buchhändlerin, und Malerin:

Fünfundzwanzig Malerinnen und Maler fertigten für das Projekt „Sichtbar“ einundzwanzig Porträts von Menschen, die Opfer der NS-„Euthanasie“ wurden. Deren Schicksal soll erinnern und verdeutlichen, wie perfide, wie menschenverachtend und grausam mit ihnen und mit all den Menschen, die dem NS-Massenmord zum Opfer gefallen sind, umgegangen wurde. Man muss sich bewusst machen, welch Lebenszeit allen gestohlen wurde. Es ist abschließend der Wunsch der Projektleitung „Sichtbar“, das entstandene Werk auf eine Wanderausstellung zu geben.“

Interview 4 – „Das Thema ‚Euthanasie‘ darf nicht vergessen werden!“
Sabine Prigandt-Kolb, Projektleiterin „Sichtbar“ /“Nie wieder“, leitende Mitarbeiterin in Offene Hilfen der Lebenshilfe im Landkreis Miltenberg e.V. :

„Immer wieder führen wir Projekte im Bereich Öffentlichkeitsarbeit durch. Nach Modenschau und Filmdreh haben wir uns diesmal einem ernsten Thema zugewandt.
Die Idee entstand in der Corona-Zeit, als Menschen mit Behinderung länger geschützt wurden als andere Menschen und viel länger mit Auflagen und Beschränkungen in der Arbeit und im Wohnbereich leben mussten.
Auch gesellschaftliche Veränderungen des Umgangs miteinander im öffentlichen Raum haben uns veranlasst, uns mit dem Thema „Euthanasie“ auf den Weg zu machen, damit nicht vergessen wird.

Text, Interviews und Fotos: Roland Schönmüller

Autor:

Roland Schönmüller aus Miltenberg

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